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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 69.1958

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Weigel, Helmut: Zur Organisation des karolinigschen Reichsgutes zwischen Rhein, Main und Sieg, 2: Rekonstruktionsversuche mit Hilfe von Ortsnamen, Patrozinien, Reihengräbern und Altstraßen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70490#0072

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Helmut JVeigel

Östrich—Hallgarten—Hausen 6 m. p.; Erbach bzw. Eltville—Hausen etwas
über 6 m. p.; Hausen—Kemel 7 m. p.; Hausen—Bleidenstadt über Wambach
(auf der Sehne des Wasserscheidenbogens) 6 m. p. (diese letzteren also Halb-
tagsstrecken).
Nun führt die Verlängerung der Aufstiege von Eltville und Erbach nach
Hausen nordwestwärts weiter in zwei parallelen Höhenwegen, die nach der Über-
windung des tief und steil eingeschnittenen Wispertales sich vermutlich in
Welterod vereinigen. Diese beiden von mir vermuteten parallelen Altwege von der
„Hohen Straße“ zur Wisper erscheinen damit nun als Verlängerung eines bekann-
ten Altweges von Nieder- und Oberlahnstein über Braubach an Himmighofen und
Ruppertshofen vorbei nach Lautert, der sich südlich dieses Ortes gabelt. Der
südlich gerichtete Zweig läuft in Lorch aus; ein südöstlicher Zweig erreicht über
Lipporn das obenerwähnte Welterod. Damit ergibt sich also eine durchlaufende
Alt-Verbindung von der Lahnmündung nach dem Rheingau.
Die beiden Wegstücke von der Höhe zur Wisper sind von zwei gleichlaufenden
Tälern flankiert. In dem südlicheren tritt uns in den noch bestehenden Orten
Ober- und Niedergladbach (1289 Glappach) und der Wüstung Mittelgladbach161)
eine Drei-Gehöfte-Anlage entgegen, die auch in anderen deutschen Land-
schaften Gegenstücke hat162). Der Name Gladbach, häufig in den Rheinlanden
und von da nach Thüringen und in den mainzischen Spessart ausstrahlend, ist
von ahd. glat glänzend, hell abzuleiten. Überall deckt dieser Name eine Siedlung
im Waldland an einer Altstraße, die karolingisch wichtige Punkte (Krongüter)
verbindet. Der Name Gladbach darf also den fränkischen Typennamen zugerech-
net werden163). In dem nördlicheren Tal liegt heute nur eine Siedlung Fischbach
(15. Jh. Fiscbach, von ahd. fisc Fisch, bes. Lachs164). Die späte Überlieferung
läßt die Möglichkeit einer Drei-Gehöfte-Anlage zu, die tatsächlich anderswo
nachweisbar ist165). Die Eigenart des Namens Fischbach als eines karolingischen
Forestis-Ortsnamens erhellt aus seiner weiten Verbreitung in Waldgebieten links
161) Bach S. 76.
162) Sehr deutlich in den drei Ehrenbach: Kirch = Unter-, Mittel- und Ober-E. im Gebiet des
Königshofes und spätkarolingischen Pfalz Forchheim/Obfrk. (Weigel in: Bayer. Vorgeschichtsbll.
20. Bd. 1954 S. 81 ff., bes. Skizze S. 85). — Dann deutlich auch in Unter-, Mittel- und Ober-
Fischach — Mittelfischach mit Johanneskirche ■— in einem Seitental der Bühler, an der sich das
karolingische Königsland von Stöckenburg (823 Stocheimaroburg) mit Martinskirche dortselbst
und den Typen-ON Talheim und Sontheim breitete (Weigel in: Württembergisch Franken N. F.
2Ö./27. Bd. 1951/52 S. 151).
163) Fö-J II 1 Sp. 1061: 18 Gladbach, u. a. Gladenbach in Hessen Kr. Biedenkopf, alter Gerichts-
ort und Martinskirche. — Die Lage im Forst ist mit Händen zu greifen: 1. bei Gladbach südwestl.
v. Wittlich, vergesellschaftet mit Dörrbach = Dornbach und Sehlem = Salheim (wie Gr.- und
Kl.-Seelheim an der Amöneburg, Hessen); 2. bei Klein-Gladbach, westl. v. Erkelenz, an einem
Bachübergang der Römerstraße Trier—Jülich—Nymwegen, inmitten einer Fülle von Rodungs-
orten auf -rath; 3. München-Gladbach (beute Gladbach-Rheydt) im sumpfigen Waldland der
Niers, an der (karolingischen) „Alten Heerstraße“ von Neuß nach Roermond; 4. Bergisch-Glad-
bach in einem ehedem nur ganz wenig aufgelockerten Waldgebiet, zudem im Bereich eines von
Köln auf Soest in Westfalen ziehenden Altwegs; 5. Glattbach im Spessart, vergesellschaftet mit
Goldbach, Steinbach und Afferbach (= Affalterbach von ahd. aphaltriu Apfelbaum) zwischen dem
alemannisch-fränkischen Aschaffenburg und dem karolingischen Königshofen an der Kahl;
6. Glattbach in Thüringen, das zusammen mit Fischbach und Dermbach (zu ahd. teger lehmig,
schmierig) von der karolingischen Talschaft an der Felda (Kalten-Sundheim, K.-Westheim,
K.-Nordheim und K.-Langsfeld) nordwärts an der Straße zwischen den Krongutsbezirken Mell-
richstadt in Ostfranken einerseits, Eisenach in Thüringen und Eschwege in Hessen andrerseits vor-
geschoben ist. — Die Untersuchung von H. Heckschen, Der „Glade-Kreis“ (Ortsnamen des
Wortstammes ,,glad“). Eine sprach- u. ortsgeschichtliche Studie (M.-Gladbach 1956), die mir nur
aus der Besprechung in „Annalen d. Hist. Vereins f. den Niederrhein“ 159. Bd. 1957 S. 259f.
bekannt ist, scheint als Materialsammlung nicht ohne Wert, läuft jedoch auf eine völlig verfehlte
Deutung des Wortstammes GLAD hinaus.
161) Bach S. 76.
165) s. Anm. 162. — Eine weitere Drei-Gehöfte-Anlage Fischbach findet sich unterhalb des Alt-
weges von St. Goar ins Limburger Becken: Ober-F., Nieder-F. und als Wüstung Mittel-Fischbach
(1194/98 in superiori Visebach, 1361 Mittelnvischbach, Niddernvyschbach, Bach S. 114), südl. v.
Katzenelnbogen.
 
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