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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 69.1958

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Kleine Beiträge
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Backes, Magnus: Zur Baugeschichte des Schlosses Hachenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.70490#0263

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M. Backes, Zur Baugeschichte des Schlosses Hachenburg

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Zur Baugeschichte des Schlosses Hachenburg
Mit einer Tafel (nach S. 240) und zwei Textabbildungen
Von Magnus Backes
Die 1222 zuerst genannte Burg Hachenburg wurde von den Grafen von Sayn wohl
gegen 1200 am Ostrand ihrer Grafschaft zum Schutz der alten West-Ost-Straße, der
späteren Köln-Leipziger Straße, erbaut. Seit dem 13. Jh. war die Burg die bevorzugte
Residenz der Grafen von Sayn und die an ihrem Fuß erwachsene Stadt Hauptort der
Grafschaft. Eine Erbtochter der 1606 erloschenen älteren Linie der Grafen von Sayn
brachte Hachenburg an eine Linie des stammverwandten Hauses Sayn-Wittgenstein.
Als diese 1636 im Mannesstamm ausstarb, beanspruchte Kurköln mit anderen Teilen
der Grafschaft Sayn auch das Schloß zu Hachenburg als heimgefallenes Lehen und
ergriff davon 1637 nach kurzer Belagerung von Hachenburg Besitz. Kurköln räumte
diese Landesteile den Grafen von Wartenberg ein, mußte diese jedoch 1649 auf Grund
einer Bedingung des Westfälischen Friedens den saynischen Grafentöchtern als recht-
mäßigen Besitzern zurückgeben. Bei der Landesteilung von 1652 blieb Hachenburg
Besidenz der Teilgrafschaft Sayn-Hachenburg, die damals durch Heirat an die Grafen
von Manderscheid kam und von diesem Hause durch eine Erbtochter zunächst zum Teil
und 1714 ganz an die Burggrafen von Kirchberg, ein thüringisches Geschlecht, überging.
Als auch diese 1799 ausstarben, fiel die Grafschaft mit dem Schloß Hachenburg, das
zugleich Sitz des mit Sayn-Altenkirchen gemeinschaftliches Archiv der Grafschaft
Sayn war, an den Gemahl des Erbtochter Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weil-
burg.
Obwohl dieses für die Territorialentwicklung im nördlichen Westerwald so bedeut-
same Schloß Hachenburg mit seinem massigen und weitläufigen Baukomplex in seiner
stadtbeherrschenden Lage eine der markantesten Westerwaldresidenzen ist, blieb seine
baugeschichtliche Entwicklung fast völlig unerforscht. In die vagen, z. T. falschen
Vorstellungen der bisherigen Literatur brachte K. Lohmeyer ein erstes Licht, indem er
Hachenburg als ein Werk des 18. Jhs. erkannte und dem rheinisch-hessischen Barock-
architekten Jul. Ludw. Rothweil (um 1670—1749) zuschrieb1). Eine Durchsicht bislang
unbeachteter Renteirechnungen und Bauakten im Staatsarchiv Wiesbaden, die Wieder-
entdeckung mehrerer Pläne des 18. Jhs. und Untersuchungen am Bau selbst konnten
die wesentlichen Bauepochen des Schlosses klären2). Seine heutige Gestalt erhielt das
Bauwerk durch Rothweil in zwei Bauabschnitten 1717 bis 1726 und 1737 bis 1746.
Wie sah die vorbarocke Schloßanlage aus ?
Das heutige Schloß enthält noch mehrere Bauteile vorbarocker Zeit (vgl. Abb. 1).
Der Südwestflügel, der sog. Sommerbau, ist der älteste, im Kern wohl noch der 1222
und 1234 urkundlich genannten Burg zugehörige Baukörper. An seine südöstliche
Schmalwand war ursprünglich ein freier Treppenturm gelehnt (Dm etwa 2 Meter),
dessen Reste heute im Innern des Torbaues noch sichtbar sind. Aus mittelalterlicher
Zeit stammt ebenfalls der Durchgang zum oberen Schloßhof mit gotischem Bogen und
Resten eines Rundbogenfrieses an der Hofseite. Nach außen hatte dieser Torgang eine
Zugbrücke, er war also schon im Mittelalter der Haupteingang zur Burg.
x) t ber Hachenburg vgl. M. Dahlhoff: Gesch. d. Grafschaft Sayn (1874); H. Braun: Beiträge
z. Gesch. d. Herrschaft Sayn-Hachenburg und Sayn-Altenkirchen (1894); Al. Graf v. Hachen-
burg: Saynsche Chronik, 2 Bde. (1929, 1936); J. Schoos: Hachenburg und Nassau. Vortrag 1953
in Hachenburg auf der 20. Jahreshptverslg. d. Ver. f. geschichtl. Landeskunde d. Rheinlande
(Mskr. im Institut f. geschichtl. Landeskunde d. Univ. Bonn); W. Lotz: Die Bau- u. Kunstdenk-
mäler des Reg.-Bez. Wiesbaden (1880) S. 202; F. Lut hm er: Die Bau- u. Kunstdenkmäler des
Reg.-Bez. Wiesbaden, Bd. IV (1910) S. lOOff.; Mehrere verstreute Aufsätze in Zeitungen und
Heimatschriften von H. Büsse. Stichwortartige Zusammenfassg. in: Festschr. z. Feier d. 50jähr.
Bestehens d. Forstschule Hachenburg (1955) S. 91 ff. Vgl. zuletzt H.Gensicke, Landesgeschichte
des Westerwaldes, 1958. (Vorwiegend auf diesem Werk gründen die historischen Angaben der
Einleitung.) — Über Rothweil vgl. K. Lohmeyer in: Nass. Lebensbilder, Bd. II (1943) S. 140ff.
(m. Angabe der älteren Literatur); F. A. Schmidt in: Nass. Ann. Bd. 60, 1943 S. 66ff. und in:
Festschr. z. 650jähr. Wiederkehr d. Stadtrechtsverleihung an Weilburg (1945).
2) Es handelt sich um die Renteirechnungen 341, 1 und die zugehörigen Belege 341, 2 (im folgenden
zitiert als „Rechnung“) sowie um die Bauakten 342 § 23 VI 1 (zitiert als „Bauakten“). Der nach-
folgende Beitrag ist durch Ausarbeitung eines kleineren Kapitels meiner bei der Phil. Fakultät der
Univ. Bonn 1956 eingereichten Dissertation „Jul. Ludwig Rothweil, ein rheinisch-hessischer
Barockarchitekt (gest. 1749)“ entstanden, die in gestraffter Form im Heitz-Verlag, Baden-Baden,
1958 erscheint (Studien z. deutschen Kunstgesch., Bd. 317).
 
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