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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 79.1968

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Gensicke, Hellmuth: Zur nassauischen Ortsgeschichte, Kirchspiel und Gericht Rotenhain: Fortsetzung der seit dem 63. Band (1952) laufenden Aufsatzserie einer quellenmäßigen Grundlegung ortsgeschichtlicher Forschung in Nassau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70359#0367

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Zur nassauischen Ortsgeschichte
Fortsetzung der seit dem 63. Band (1952) laufenden Aufsatzserie einer quellenmäßigen
Grundlegung ortsgeschichtlicher Forschung in Nassau

Kirchspiel und Gericht Rotenhain
Von Hellmuth Gensicke
Die Namen des Kirchdorfes und Pfarrsitzes Rotenhain und des benachbarten
Dorfes Langenhahn lassen auf den ersten Blick zunächst vermuten, daß der Raum
auf der Wasserscheide zwischen der Nister und Sieg im Norden und der Elb und
Lahn im Süden erst zu Beginn des 11. Jhs. besiedelt worden ist. Dies mag für diese
beiden Orte durchaus zutreffen, da keiner der Westerwälder -hain-Orte vor dem
Jahre 1062 *), in dem Hellenhahn zuerst genannt wird, vorkommt. Dennoch wird
man die Anfänge der Besiedlung hier weit früher ansetzen dürfen. Ebenso wie die
Lahn und die Sieg trägt die Nister an der Nordgrenze des Kirchspiels und Gerichts
einen vordeutschen Namen * 2). Die Orte Lochum und Stockum führen mit Sachbe-
zeichnungen gebildete -heim-Ortsnamen. Wenn diese wohl auch etwas jünger als die
mit Personennamen gebildeten -heim-Orte sein mögen, wird man sie spätestens etwa
als fiskalische Gründungen der frühen Karolingerzeit ansprechen dürfen3). Für eine
fiskalische Gründung können durchaus die Flurnamen Frankewies vor dem Ostrand
und Königsborn wenig nördlich von Lochum sprechen. Zumindest Lochum lag an
einem frühen Allwetterteilstück der Köln—Frankfurter Straße auf der Wasserscheide
zwischen Nister und Wied. Diese Straße von Hachenburg nach Süden wird 1442 in
der Gemarkung Oberhausen bei Hundsangen Hachenburger Straße genannt4 5). Wegen
schlechter Unterhaltung dieser „kaiserlichen Straße“ sollten 1577 die Untertanen im
Gericht Rotenhain bestraft werden3). Vergeblich versuchte Graf Salentin Ernst von
Manderscheid-Sayn, die von Kurtrier mit Grabenaufwerfung und Gebück zugunsten
der Freilinger Straße gesperrte „alte rechte Landstraße von Altenkirchen über
Hachenburg“, Lochum nach Limburg 6) 1673 wieder zu beleben7). Jeweils etwa 500m
ostwärts dieser Straße lagen die Burg der Schönhals von Alpenrod auf dem Nüchel
südwestlich von Alpenrod und die „Alte Burg“ 1000 m sw. von Rotenhain, so daß
diese Anlagen an der Strecke zwischen der frühkarolingischen Straßensicherung in
Altstadt 8) und der „Hermansburg“ südwestlich von Himburg 9) wohl dem Schutz die-
ser Straße galten. Leider ist die „Alte Burg“ bisher noch nicht untersucht worden.
A. v. Cohausen berichtet von dieser Burg an einer hochgelegenen öden und sumpfigen
Heide, daß ihre etwa 10 m breite Gräben ein Fünfeck von 40:50 m bilden und eine
unregelmäßige, viel durchwühlte, 3,50 m über der Grabensohle erhabene Anhöhe um-
schließen. Er sah noch, daß hier Basaltmauerwerk gestanden, aus dem der Turm von
Rotenhain erbaut sein soll10). Die Burganlage könnte zuletzt der Sitz der von Sotten-
bach gewesen sein, die sich nach der nur einige hundert Meter weiter südlich gelege-
nen Wüstung nannten. Für die Annahme von Königsgut im Raum von Rotenhain
!) Mon. Germ. Dipl. H. IV Nr. 81.
2) H. Gensicke, Landesgeschichte des Westerwakles 1958 S. 8 ff.
3) Ebd. S. 10; H. DlTTMAlER, Siedlungsnamen u. Siedlungsgeschichte des Bergischen Landes,
1956 S. 233—36; H. Weigel in: Nass. Ann. 76. Bd. 1965 S. 22—23.
4) W.-H. STRUCK, Quellen z. Gesch. der Klöster u. Stifte im Gebiet der mittl. Lahn bis z. Aus-
gang d. Mittelalters I 1956 Nr. 1004.
5) Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (zitiert HStAW) 171 W 210.
«) Vgl. Gensicke S. 18. — 7) HStAW 171 Z 2108.
8) H. GENSICKE in: 650 Jahre Stadt Hachenburg, 1964 S. 10.
9) So noch 1525; vgl. Gensicke, Landesgeschichte S. 54.
10) A. v. Cohausen in: Nass. Ann. 15. Bd. 1879 S. 371 sowie in: W. Lotz, F. Schneider, Die
Baudenkmäler im Reg.bez. Wiesbaden, 1880 S. 488. Der dort S. 483 beschriebene Schanzgraben
westlich Rotenhain war eine Grenzbefestigung, die 1627 „erneuert“ und wieder „ufgeworfen“
werden sollte (HStAW 171 S 658).
 
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