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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 6.1846

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[Corrodi, Wilhelm]: I. Leben des Landschaftmalers Caspar Rahn von Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.28581#0005
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I

Leben des LandschastmaLers Caspar Nahn van Zürrch.

E^aspar Rahn ward geboren zu Zürich dcn 1. und in dcr Kirche zu dcn Predigern getauft den 3. Januar 1769.
Seine Eltern warcn: Heinrich Rahn, damals Besltzer dcr nunmehr Zeller'schen Färbcrei in der Walke und Frau
Susanna geb. Heß. Von dem Vater heißt es in der schönen Gedächtnißrede, die der sel. Conrad Fischer, Pfarrer
in Tägerfelden, ein vieljähriger Freund des Rahnischen Hauses, im Jahr 1819 für die Feier der silbernen Hochzeit
des Hrn. Ludwig Rahn, Pfarrcr in Windisch, Caspars Bruder, ausgearbeitet hatte und wobei die Bildnisse der
Eltern und Großeltern den Festsaal schmückken: „Mit Stolz dürfen wir sein Bilv betrachten. Aus ihm leuchtet
uns die Feuerseele voll innern AdelS entgegen. Welche Güte bei einer anS Kränkliche grenzenden Reizbarkeit,
wclch' ein heller Sinn bei dem lebendigsten Gefühl, welche gewissenhaste Treue und Pünktlichkeit in den trockenen
Geschäften des Berufes bci so vielen Bedürsniffen und Ansprüchen an höhere Genüsse des Geistes! Mit welcher
Rührung hörten ihn alle, wenn cr an den Sonntagsmorgen die Seinigen zur gemeinschaftlichen Andacht um sich
sammelte, und dann des bewegten Herzcns kaum mehr in so weit mächtig blieb, daß die überströmenden Empfin-
dungen nicht alle Sprache hemmten!" — Von der Muttcr Rahn's heißt es: „Sie, milv wic die Züge des Bilves,
das freundlich auf unS herabsieht, hochverchrt von allen, die ste kannten odcr mit ihr in Berührung kamen, ganz
dem ehrwürdigen Beruf der Mutter hingegeben, unermüdlich in dem weitcn Kreis der Geschäfte, die Seele deS
Ganzen durch pünkllich feste Ordnung, heitern Ernst und vorleuchtendeS Deispiel. Jede Blülhe der Humanität
war in ihr vereinigt. Welche Klarheit der Begriffe bei seltener Tiefe des religiösen Gefühls; welche Festigkeit bci
aller Milde und Güte des Herzens; welche Hvheit, welch' ein Avel der Seele bei dem freundlichsten Kindersinne,
der unwiderstchlich alles an sich zog! Was für ein Himmel von innerem Frieden lag nicht immer ungetrübt auf
ihrem holden Gesichte, dem, wic einem unwiderstchlichcn Zauber, jede Spannung, Entfremdung, Erbitterung unter
den Jhrigen augcnblicklich wich! Ohne Worte entwaffnete sie den Zorn durch ihr mildes wundervolles Lächeln;
ohne Worte beschämte und führte sie zur Pflicht zurück durch Hoheit und Ernst ihres Blickcs. Mchr als Worte
nicht konnten, belohnte dcr Beifall, der aus ihren Augen sprach. Wer stand je vor ihr, ohne sich nach seinem
Bcdürfniß erhoben, gestärkt, getrötcst, angercgt zu fühlen! Mit welcher Verchrung und doch furchtlos nahte sich
ihr alles, was sie umzab! Mil welcher Ehrsur cht und Liebe hingen alle die an ihr, die unter ihr standen! Welch'
ein Gleichgewicht der Seele, wenn schwere Sorgen und Plagen kamen; welche Kraft'und Selbstbeherrschung, wenn
sie gereizt, welche Fassung und Geduld, wcnn körperliche Leiden auf ihr lagen, bewies sie nicht immer und immer!
Der Segen der Kinder, derer, die sie als heiliges Vermächtniß übernommen und derer, die sie selbst gcboren hatte,
ist ihr in die Ewigkeit nachgefolgt."

Die erste Gattin, Frau Anna geb. Hegner, war dem Vater frühzeitig durch den Tod von acht lebenden
Kindern hinweggerissen worden, und schwer war die Aufgabe, diesen wieder eine Mutter zu finden. Da trat,
sagt Fischer, sie, die seinc zweite Gattin werden sollte, wie ein sorgender Engel ans den Gefilvcn der ewigen Liebe
an cinem Abend in den Kreis der acht verwaisten Kinder, denen sie geschworen hatte, Mutter zu sein. Noch saßcn
diese um den Tisch hcrum, als die alte vom Schlag getroffene Großmutter aufstand, um sich zur Ruhe zu begeben.
 
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