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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 8.1848

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[Brunner, Karl]: I. Lebensabriß und Charakteristik der Landschaftmaler G. Lory, Vater, und G. Lory, Sohn, von Bern
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https://doi.org/10.11588/diglit.28583#0005
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1.

Lebensabriß und Charakteristik

-er Lan-schaftmaler V. Lory/ Vater, un- G. Fory, Sohn, von Aern.

Die kmistlenschc Thätigkeit der beiden Männer, deren Lcbensgcschichte wir in dem vorlicgenden Hcfte
unsern Lesern mittheilen, gehört, obgleich sie in ihrer ganzen AuStehnung zwei Menschenalter umfaßt, dennoch
im Wesentlichen einer und ebenderselbcn Kunstepoche an, einer Zeit, welche für die Entwicklung und allgemeine
Verbreitung der Kunst in unserm Vaterlande von besonderer Wichtigkeit war und dem jetzigen Zustande unmittelbar
vorherging, denselben begründcte. Wir glauben sie um so eher zusammenfassen zu kvnnen, da der Hinschied des
in hohem Alter verstorbenen Vaters demjenigen des SohncS um nicht sehr vielcs voranging und ersterer bis zu
seinem Ende mit der Liebe eincs ManneS in der besten Kraft seiner Jahre die Kunst pflegte.

Vabriel Lory/) Vater,

wurde geboren in Bern im Jahr 1763. Sein Vater, ein Landmann aus Münsingen, im Kanton Bern, hatte
sich bereits seit längcrer Zeit daselbst niedergelassen und betrieb das Gewerbe eincs Lohnkutschers. Er starb frühe
und nun befand sich der Sohn, ein feuriger Knabe, unter der Obhut einer schwachen und etwas zur Schwärmerei
geneigten Mutter. Daß in jener Zeit und unter solchen Umständen die Erziehung deSselben nicht die sorgfältigste
sein konnte, tst wohl ganz natürlich und ebenso der daraus hervorgehende Mangel an allgemeiner Bildung, so
wie auch ein gewisseö unbeholfcnes, zuweilen barsches Wesen, welches der Entwicklung und Anwendung seiueö
Talentes sehr oft hemmend entgegentrat.

Durch welche Veranlassung Lorp den Stand dcö Künstlers wählte, ist unS unbekannt. Seinc crsten Lehrer
scheinen Aberli und Wolf gewesen zu sein, bei dcnen er nach der damalS üblichen Sitte als Kolorist der von
ihnen herausgegebenen Schweizeransichten arbeiteke.

Jn ähnlicher Eigenschaft hielt er sich einige Zeit bei Bacler d'Albe in Genf auf, um nach der nuumehr
allgemeiner beliebt gewordencn Manier dessen Ansichten von Chamounir zu koloriren. Allein bald war er dieses
Verbältnisscs müde und sehnte sich nach unabhängiger Stcllung und eigenem Heerde. Zu diesem Ende kehrte er
nach seiner Vaterstadt zurück. Der junge fröhliche Mann konnte nicht lange unbemerkt bleiben. Es knüpfte sich
ein gegenseitigeS Verhältniß an, von welchcm er sich das höchste Glück versprach, welches aber Plötzlich zerrissen,
den unerfahrnen Jüngling der Verzweiflung nahe brachte und ihn bewog, seine Vaterstadt wieder zu verlassen.
Er reiöte nach St. Gallen und fand Aufnahme und Beschäftigung in dem Hause deö dortigen Kunsthändlers
Bartholomäus Fehr. Hier lernte er dessen durch Schönhcit und trefflichen Charakter ausgezeichnete Schwester
kcnnen, welche Bckanntschaft zur Ehe führte. Nun kehrte Lory mit seiner Gattin nach Bern zurück und lebte
daselbst mehrere Jahre in ungetrübtem Glücke bei einem mäßigcn, doch hinreichendem AuSkommen. Zwei liebens-
würdige Kinder, die ihm seinc Gatlin schenkte, die Pflcge dcr Kunst und der Umgang mit mehrern ausgezeichneten
Künstlern füllten seine ganze Thätigkeit aus und machten diesen Zeitraum zu dem glücklichsten seineö Lebens.
Doch bald stiegen wieder finstere Wolken auf. Das Mädchen crlag einer schweren Krankheit, zu unaussprechlichem
Schmerze der Eltern, welche nun ihre ganze Sorge dem einzigen Sohne zuwandten.

") Sein etgentlichcr Familien-Name ist Lohri. Wahrschei'nltch seit seincm Ansenthalte tn Genf nahm cr die andere Schretbart
an, die wir, da sie die bekanntcre gewordcn ist, betbehaltcn wollcn.

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