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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 8.1848

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[Brunner, Karl]: I. Lebensabriß und Charakteristik der Landschaftmaler G. Lory, Vater, und G. Lory, Sohn, von Bern
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https://doi.org/10.11588/diglit.28583#0011
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Vaterstadt darboten, nahm er den lebhaftesten Antheil und war eincs der thätigstcn Mitgliedcr der daselbst neu
aufblühendcn Künstlergesellschaft, deren Mitglied er im Jahr 1824 geworden war.

Die bciden Winter 1834— 35 und 1835 — 36 brachte er in Berlin zu. Auch hier erhielt er bei Hofe
Eintritt und ertheilte mehrern fürstlichcn Personen Untcrricht. Auch wurde er zum außerordentlichen Professor an
der dortigen Kunstakademie ernannt.

Seine etwas geschwächte Gesnndheit bewog ihn, die beidcn Winter 1841—42 und 1812—43 in Nizza
zuzubringen. Dicsen Aufenthalt wandte er theils zu Studien in der Umgegend, theils zu AuSsührung mehrerer
größerer Bestellungen an.

Seine letzte Reise machte er nach den Rheingegenden im Sommcr 1846, zunächst in der Abstcht seinen Freund
von Reutern, dcr sich in Frankfurt aufhiclt, zu besuchen. Nicht lange nach seiner Rückkchr, den 25. Augnst,
hatte er cinen neuen Anfall des Uebels, daS ihn schon seit mehrern Jahren bedrohte und erlag demselben in
wenigen Augenblicken in den Armen seincr Gattin und seines Freundes Meuron, wclcher ihn so eben durch
seinen unerwarteten Besuch überrascht hatte.

* » *

Der Charakter unsereö Freundes bietet uns in mancher Beziehung Aehnlichkett mit demjenigen seines Vaters,
in anderer dagegen cinen vollkommcnen Gegensatz dar. Beiden war der nämliche Sinn für Kunst angeboren,
der oft bis zum Enthusiasmus gesteigert, ihr ganzes Wcsen crfüllte. So wie aber der Vater außerhalb seiner
künstlerischcn Thätigkeit stetS eine fast unglaubliche Unbeholfenheit an den Tag legte, so sehen wir hingegen bei
dem Sohne in dieser Beziehung das entschiedene Gegentheil. Durch seinen Umgang mit Personen aus der höchsten
Klasse der Gesellschaft, hatte er sich bei Zeiten die Formen der großen Welt angeeignet. Jn den Salons der
Vornehmen war er so gut zu Hause wie in den Senuhüttcn und in dem traulichen Kreise seiner Freunde, überakl
als Gcsellschafter in hohem Grade angenehm. Seine ökonomischen Jntcressen wußte er trefflich zu besorgen und
hatte sich aus dicse Art bei unausgesetztem Fleiße ein schöncS Vermögen erworben. Sein Hauswesen war trefflich
geordnet; vornehme Fremde, die ihn besuchtcn, sanden einen Salon, dem ihrigen ähnlich; seine Freunde eine
immer freundliche und herzliche Aufnahme.

Als Künstlcr können wir ihn unbedingt zu den ersten Landschaftsmalern unserS VaterlandeS zählen. Die
Schule, durch welche cr gebildet wurde, brachte eS mit sich, daß er sich fast auSschließlich auf die Aquarellmalerei
legte. Die Manier, die cr von seincm Vater erlernt hatte, vervollkommncte er in hohem Grade, wozu seine
trefflichen Anlagen bei der vielen Gelegenheit, die ihm zu Theil war, Ausgczeichnetes zu sehen, ihn mit Leichtigkeit
befähigten. Nur wenige Bilder malte er in Oel und meift nur zu eigenem Studium. Ob ihm diese Manier
weniger zusagte oder ob er seine größere Ucberlegenheit in der Aquarelle gefühlt und deßhalb diese vorgezogen,
lassen wir dahin gestellt. Jn spätern Jahren hatte er oft die Lust geäußert, sich wieder einmal im Oelmalen zu
versuchen, solches aber nie ausgeführt. Ein Umstand, der ihn zum Theil daran gehindert haben mag, war seine
zunehmende Kurzsichtigkeit, die ihn schon in frühern Jahren mit Besorgniß erfüllt hatte und wclche ihn unter
andern nöthigte, beim Zeichnen nach der Natur sich cines Opernglases zu bedienen.

Nichts gleicht der Beharrlichkeit, mit wclchcr er eine cinmal unternommene Arbeit zu Ende führte. Selbst
in seinem vvrgerückteren Alter, wo bei den meisten Künstlern die Bequemlichkeit überwiegend zu werden pflegt,
sahen wir ihn mehrere Stunden an der glühenden Sonne deö italienischen Himmels oder in der rauhen Luft der
beschneiten Hochgebirge, seine Arbeit ununterbrochen fortsetzen. Kein Bergstetgen, kein drohendeS Ungewitter
hielt ihn ab, einen mehrere Stunden entfernten Standpunkt aufzusuchen; in den raucherfüllten Sennhütten der
Alpen, in den insektenreichen Walliser Schenken war er nach vollbrachtem Tagewerk eben so aufgeräumt alS in
den Salons der vornehmen Welt.

Seine Arbeiten sind zu allgemein bekannt, alS daß eine ausführliche Beurtheilung derselben hier ersorderlich
scheint. Alle zeichnen sich durch geniale Auffassung des Gegenstandes und geschmackvolle Anordnung aus. Ohne
 
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