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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 2.1928

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Karsen, Fritz: Die Kunst in unserer Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.17441#0304
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Anderes ift, als das Verftändnis der konftruktiven Notwendigkeiten, durch die
eine folche Faffade gefchaffen wird. Schon bei diefer negativen Leiftung unferer
Kunfterziehung (teilte fich heraus, dafj nur bei wenigen die künftlerifchen An-
lagen, die zu originaler Ausdrucksweife führen konnten, vorhanden waren.
Daß nur wenige die Fähigkeit hatten, ihre eigene Umwelt und ihre eigene
Innenwelt in eigener Weife zu geftalten.

Was für Pflichten hatten wir gegen diefe? Wir hatten erftens dafür zu forgen,
darj fie nicht auf allen den Gebieten der höheren Schule überanftrengt wurden,
die im Wefentlichen logifche Durchdringung verlangen, es muffte ihnen Zeit
und Kraft genug gelaffen werden, um auf ihrem Gebiet zu wirklichen Leiftungen
zu kommen. Es mußte zweitens dafür geforgt werden, dafj ihnen rein äußer- weVfSe^fBeMin"3^*5"""16 Damm
lieh alle die Arbeitsmittel und Arbeitsanregungen zur Verfügung geftellt wur-
den, durch die fie folche eigenen Leiftungen vollbringen konnten.
Jeder, der einmal in einer höheren Schule gearbeitet hat, kennt die Schwierig-
keiten, die fich in einer Klaffe auftürmen, wenn es gilt, die fpezififche Eigen-
art eines Schülers auf Koften der anderen geforderten Fächer zu betonen.
Die Schwierigkeit liegt in den Beftimmungen, die eine gewiffe Gleichmäßig-
keit der Leiftungen auf allen Schulgebieten fordern; fie liegt in den Lehrern,
die vom engen Fachftandpunkt aus ihre Forderungen befriedigt wiffen wollen;
fie liegt in der alten Organifation der Klaffe, die das gleichmäßige Niveau
der verfchiedenften Schüler auf den einzelnen Gebieten herftellen will und
die diefes Ziel durch die bekannten Zwangsmittel von der Katechefe des
Lehrers bis zu den üblichen Schulftrafen hin erreichen zu können glaubt.
Wir hatten keine Angft vor den Beftimmungen und haben daher Schüler ver-
fefjt, die künftlerifch Befonderes leiftefen, auch wenn fie in den üblichen zwei
Hauptfächern verfagten; und die Reifeprüfung auf Grund der neuen beweg-
lichen Preufjifchen Prüfungsbeftimmungen hat unfer Verfahren glänzend ge-
rechtfertigt. Wir fühlten uns auch nicht als Fachlehrer, fondern in jeder Klaffe
arbeiteten Männer zufammen, die den gleichen Gedanken vertraten, dafj es
gelte, die jungen Menfchen aus ihren tiefften Anlagen heraus zu bilden.
Wir erreichten auch eine Organifation der Klaffe, die in den verfchiedenen
Arbeitsgebieten fo differenziert war, dafj fie den verfchiedenen Schülerindi-
vidualitäten eine Betätigung im Rahmen der Gefamtaufgabe gab. Wurde
eine unferer, in jeder Klaffe pflichtmäfjigen, mindeftens zweiwöchenflichen
Schulwanderungen gemacht, fo fiel eben den künftlerifch begabten Kindern
der entfprechende Teil der auf der Wanderung zu leiftenden Arbeit zu; alfo
die zeichnerifche Wiedergabe des Gefehenen, das Studium der Kunftfamm-
lungen oder des mufikalifchen Lebens einer befuchten Stadt.
Dennoch find wir nach und nach zu der Überzeugung gekommen, dafj felbft
eine folche liebevolle Pflege im Rahmen der alten Klaffenorganifation nicht
voll für die Befriedigung der künftlerifch begabten Schüler ausreichen kann.

Wir haben erkannt, daß es unbedingt notwendig ift, darüber hinauszugehen Ueberfetzungjverfuch nach Michelangelo

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