sind um ihrer selbst willen wieder auferstanden,
weil man inhaltlich Sakrales mit der Form iden-
tifizierte. Die Form wird als absoluter Wert auf-
gefaßt und leicht abgewandelt, wenn nicht
gleich, so doch ähnlich. Ist es nicht die
«symbolhaft genommene Form» der Denkmal-
beschützer, die sich hier in einer anderen, nicht
weniger falschen und arglistigen Weise äußert?
Es entsteht eine Scheinsachlichkeit. Der Architekt
hat sich in die Arbeit des Statikers und Ingenieurs
verkrochen. Das Bauwerk ist materialgerecht, ge-
wiß, aber der Eisenbeton ist eine Dirne. Es ist
grundsätzlich möglich, jede beliebige (erfun-
dene!) Form in ihm auszubilden. Die ganze Gotik
läßt sich in Beton gießen. Tatsächlich ergibt sich
aus Beton und Stahl keine direkte oder nur be-
dingt eine direkte Zwangsläufigkeit von bestimm-
ten und nur ihnen gemäßen Formen. Hinzutreten
muß das Prinzip des einfachsten Mittels,
der direktesten Lösung und der
Z w e c k f o r m. Man stelle sich die Böhmsche
Kuppel eingeschalt vor, welche Arbeitsverschwen-
dung, die in der Nachkalkulation sicherlich ihren
Niederschlag gefunden hat! Wie vom zehnten
bis fünfzehnten Jahrhundert Statiker Kirchen
bauten, so werden heute nur vom Äslhetischen
unbeeinflußte S t a t i k e r nicht weniger der Auf-
gabe gerecht.
Da m a I s ergab sich die Kuppel aus bestimm-
ten Baustoffgegebenheiten. Da die Baustoffe an-
dere sind, kann die Kuppel oder kuppelähnliche
Gebilde nicht mehr eine zwangsläufige Form
sein. Erscheint sie heute in Eisenbeton, so ist sie
eine Reißbrettangelegenheit, ein Gewolltes, kein
Gemußtes. Heute kann ein sakraler Raum nicht
anders aufgefaßt werden, als wie er stets auf-
gefaßt worden ist, als Versammlungsraum, als
sachlich klare Aufgabe, und zu lösen mit den Ge-
staltungsgesetzen der Zeit, wie sie in den besten
modernen Bauten zum Ausdruck kommen. Alle
Versuche, eine neue alle Mystik und einen sa-
kralen Charakter hineinzubauen, müssen fehl-
schlagen. Auch die Alten haben niemals Mystik
gemacht oder arrangiert. Ihre Bauten waren zu
ihrer Zeit nichts anderes als was ein sachlich
klarer Bau der Moderne heute sein würde.
Hans Schmitt
53
Gewölbe in Stift Heiligenkreuz
(Niederösterreich)
Dome in the Cloister of Heiligen-
kreuz, Lower Austria
Voute au monastere de Heiligen-
kreuz, Basse-Autriche
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
54
Kirche in Gerresheim in der Eifel
Church at Gerresheim, Eifel
Eglise ä Gerresheim (Territoire de
l'Eifel)
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
>1
55
St. Engelbertkirche in Köln-Riehl,
von Dominikus Böhm
St. Engelbert Church at Cologne-
Riehl, by Dominikus Böhm
Eglise de St. Engelbert ä Cologne-
Riehl. Arch. Dominikus Böhm
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
25
weil man inhaltlich Sakrales mit der Form iden-
tifizierte. Die Form wird als absoluter Wert auf-
gefaßt und leicht abgewandelt, wenn nicht
gleich, so doch ähnlich. Ist es nicht die
«symbolhaft genommene Form» der Denkmal-
beschützer, die sich hier in einer anderen, nicht
weniger falschen und arglistigen Weise äußert?
Es entsteht eine Scheinsachlichkeit. Der Architekt
hat sich in die Arbeit des Statikers und Ingenieurs
verkrochen. Das Bauwerk ist materialgerecht, ge-
wiß, aber der Eisenbeton ist eine Dirne. Es ist
grundsätzlich möglich, jede beliebige (erfun-
dene!) Form in ihm auszubilden. Die ganze Gotik
läßt sich in Beton gießen. Tatsächlich ergibt sich
aus Beton und Stahl keine direkte oder nur be-
dingt eine direkte Zwangsläufigkeit von bestimm-
ten und nur ihnen gemäßen Formen. Hinzutreten
muß das Prinzip des einfachsten Mittels,
der direktesten Lösung und der
Z w e c k f o r m. Man stelle sich die Böhmsche
Kuppel eingeschalt vor, welche Arbeitsverschwen-
dung, die in der Nachkalkulation sicherlich ihren
Niederschlag gefunden hat! Wie vom zehnten
bis fünfzehnten Jahrhundert Statiker Kirchen
bauten, so werden heute nur vom Äslhetischen
unbeeinflußte S t a t i k e r nicht weniger der Auf-
gabe gerecht.
Da m a I s ergab sich die Kuppel aus bestimm-
ten Baustoffgegebenheiten. Da die Baustoffe an-
dere sind, kann die Kuppel oder kuppelähnliche
Gebilde nicht mehr eine zwangsläufige Form
sein. Erscheint sie heute in Eisenbeton, so ist sie
eine Reißbrettangelegenheit, ein Gewolltes, kein
Gemußtes. Heute kann ein sakraler Raum nicht
anders aufgefaßt werden, als wie er stets auf-
gefaßt worden ist, als Versammlungsraum, als
sachlich klare Aufgabe, und zu lösen mit den Ge-
staltungsgesetzen der Zeit, wie sie in den besten
modernen Bauten zum Ausdruck kommen. Alle
Versuche, eine neue alle Mystik und einen sa-
kralen Charakter hineinzubauen, müssen fehl-
schlagen. Auch die Alten haben niemals Mystik
gemacht oder arrangiert. Ihre Bauten waren zu
ihrer Zeit nichts anderes als was ein sachlich
klarer Bau der Moderne heute sein würde.
Hans Schmitt
53
Gewölbe in Stift Heiligenkreuz
(Niederösterreich)
Dome in the Cloister of Heiligen-
kreuz, Lower Austria
Voute au monastere de Heiligen-
kreuz, Basse-Autriche
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
54
Kirche in Gerresheim in der Eifel
Church at Gerresheim, Eifel
Eglise ä Gerresheim (Territoire de
l'Eifel)
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
>1
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St. Engelbertkirche in Köln-Riehl,
von Dominikus Böhm
St. Engelbert Church at Cologne-
Riehl, by Dominikus Böhm
Eglise de St. Engelbert ä Cologne-
Riehl. Arch. Dominikus Böhm
Photo A. Sander, Köln-Lindenthal
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