Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1900

DOI Heft:
Briefe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43196#0038
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

.... Ich habe prächtige Motive gefunden. Oh, diese Gebirgswelt,
sie ist doch unerhört schön !

Wir haben wunderbares Wetter heute und haben diesen Morgen
das reizende Schauspiel des Alpaufzugs genossen ....
Alle Tage stehen wir um 4 Uhr auf und frühstücken Kaffee mit
Milch; dann gehen Tintin und ich auf eine erste Studie aus, während
Daniel ungefährliche Klettereien unternimmt. Um 11 Uhr essen wir
eine auszgezeichnete, immer wieder anders bereitete Suppe, die uns
dieser brave Hiltbrand mit Virtuosität aus Brot, Butter und Käse
kocht. Um halb eins folgt die dritte Studie, um 4 Uhr die vierte
und um 7 Uhr kommt das Diner: Eier, Milchkaffee, Butter, Käse
und Brot. Dann machen wir einen kleinen Spaziergang, und um
9 Uhr steckt alles im Bett. Die Sennen sind freundlich, kurz, wir
befinden uns ausgezeichnet und sehen alle prächtig aus ....
* *
*
Diesen Morgen hatte uns ein Sonnenstrahl zu einer Studie ein-
geladen, aber mittags fing es wieder an zu regnen. Da habe ich alle
Sennen und das Weibervolk zusammenkommen lassen, die haben uns
famose Sachen gesungen und zuletzt haben wir im Kuhstall getanzt.
Was für ein herrliches Leben! Das ist doch viel mehr wert als all
die künstlichen und überfeinen Vergnügungen bei Euch drunten.
4. ijs
*
Letzter Tage haben wir ein ungeheures Feuer gemacht. Es war
prächtig, diese Lichtfülle im Dunkel der Nacht und ringsherum sangen
die Sennen ganz herrlich. Die Funken flogen in Sternen-Garben bis
tief ins Tal hinein. Sonntag abends grosser Tanz im «taghell •> er-

zu schätzen, damit sie ihn nicht zu Boden drücken, Im Monat Januar war er mit dem Kreuz
der Ehrenlegion dekorirt worden unter Begleitumständen, die bereits erwähnt worden sind
und ihn allein rührten, denn auf die offiziellen Ehrungen gab er wenig. Seine Ausstellung
auf dem Champ de Mars erwarb ihm bedeutsames Lob. Diesmal fühlte er sich seiner
selbst sicher. — Endlich begünstigte ihn auch das Wetter, und so führte er an diesem Orte,
einem der wildesten der Berner Alpen, unter den Sennen, deren Tanzvergnügen er sogar
teilte, mit wahrer Freude ein freies, tätiges Leben, wie es ihm Lust und Bedürfnis * war.
 
Annotationen