seiner Armut nicht, einen geschnitzten Stuhl, ein irdenes Ge-
schirr aus dem alten Thun, eine Sennenuhrkette oder ein
Appenzeller Taschentuch mitzunehmen, Dinge, die ihn an
seine Berge erinnern sollten. Seine Freunde treffen ihn wohl
im Käsergewand an, damit beschäftigt, den Thon zu kneten
oder einen Stein zu behauen. In der Dämmerung, wenn der
Tag zur Neige geht und er den Meissel aus der Hand legen
muss, greift er zu seiner Mundharmonika, ähnlich wie Hodler
zu seiner Ziehharmonika, und versucht, eine jener Tanzweisen
zu spielen, bei deren Klang er so viele junge Dorfschönen
im Tanz geschwungen hat, auf die Gefahr hin, dass die jungen
Burschen, wie es ihm in Gunten oder Oberhofen passierte,
über ihn herzufallen drohten. Unter den Liedern ist es der
Jodler, den er allen andern vorzieht, und sein Alphorn ist
für ihn eines der kostbarsten Besitztümer. Er hatte es, wenn
ich nicht irre, während eines Ferienaufenthalts spielen ge-
lernt, den er mit Albert Trachsel und Abraham Hermenjat
auf dem Col du Pillon genommen. In die Jury der nationalen
Ausstellung in Vevey berufen, war er mit dem Alphorn auf
der Schulter aus der Höhe herabgestiegen. Alle Echos des
Ormonttals hatten seinen Klang wieder ertönen lassen. Und
als er bei Nacht auf dem grossen Platz in Vevey eintraf, hatte
er wie ein Rasender in sein Horn gestossen. Tags darauf
mussten ihn seine Kollegen, Hodler an der Spitze, auf dem
Polizeiposten holen, wo man ihn wegen nächtlicher Ruhe-
störung in Gewahrsam genommen hatte.
„Mein lieber alter Freund“ — schrieb er an Hermenjat aus
Paris im Jahr 1911 — „ich hätte Dich schon benachrichtigt,
wenn nicht die Zeit mit solcher Windeseile dahinflöge, dass
Du eine Kiste mit einem Morgenstern erhalten wirst, der
jedoch niemand ein Leid antun wird; denn er ist nur von
Gips. Anderseits möchte ich Dich bitten, mir mit der nächsten
Post mein Alphorn zurückzuschicken. Denn ich brauche es
dringend, da ich einen Schweizer Musiker aus Freiburg,
Herrn von Stöcklin, der eine Alpensymphonie komponieren
will, in einige Alpenmotive einzuweihen wünsche.“ Und da
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schirr aus dem alten Thun, eine Sennenuhrkette oder ein
Appenzeller Taschentuch mitzunehmen, Dinge, die ihn an
seine Berge erinnern sollten. Seine Freunde treffen ihn wohl
im Käsergewand an, damit beschäftigt, den Thon zu kneten
oder einen Stein zu behauen. In der Dämmerung, wenn der
Tag zur Neige geht und er den Meissel aus der Hand legen
muss, greift er zu seiner Mundharmonika, ähnlich wie Hodler
zu seiner Ziehharmonika, und versucht, eine jener Tanzweisen
zu spielen, bei deren Klang er so viele junge Dorfschönen
im Tanz geschwungen hat, auf die Gefahr hin, dass die jungen
Burschen, wie es ihm in Gunten oder Oberhofen passierte,
über ihn herzufallen drohten. Unter den Liedern ist es der
Jodler, den er allen andern vorzieht, und sein Alphorn ist
für ihn eines der kostbarsten Besitztümer. Er hatte es, wenn
ich nicht irre, während eines Ferienaufenthalts spielen ge-
lernt, den er mit Albert Trachsel und Abraham Hermenjat
auf dem Col du Pillon genommen. In die Jury der nationalen
Ausstellung in Vevey berufen, war er mit dem Alphorn auf
der Schulter aus der Höhe herabgestiegen. Alle Echos des
Ormonttals hatten seinen Klang wieder ertönen lassen. Und
als er bei Nacht auf dem grossen Platz in Vevey eintraf, hatte
er wie ein Rasender in sein Horn gestossen. Tags darauf
mussten ihn seine Kollegen, Hodler an der Spitze, auf dem
Polizeiposten holen, wo man ihn wegen nächtlicher Ruhe-
störung in Gewahrsam genommen hatte.
„Mein lieber alter Freund“ — schrieb er an Hermenjat aus
Paris im Jahr 1911 — „ich hätte Dich schon benachrichtigt,
wenn nicht die Zeit mit solcher Windeseile dahinflöge, dass
Du eine Kiste mit einem Morgenstern erhalten wirst, der
jedoch niemand ein Leid antun wird; denn er ist nur von
Gips. Anderseits möchte ich Dich bitten, mir mit der nächsten
Post mein Alphorn zurückzuschicken. Denn ich brauche es
dringend, da ich einen Schweizer Musiker aus Freiburg,
Herrn von Stöcklin, der eine Alpensymphonie komponieren
will, in einige Alpenmotive einzuweihen wünsche.“ Und da
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