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Ißferb bei) jeher SJetoeguiig gegen einanber vergalten tnüffen. SBirb er nun burcf) fie auf bie fdjötifteit formen menfdj-
'Itdjer jjtgut aufmerffant gemacht, wirb fein Stubium berfelben burdj ihren Statt) geleitet, fo werben feine Stüde nicht
blofeä gwecflofeä ©etoüljl, wie fo iriele ®djladjten=®tiicfe finb, feijn, unb mehr l)iftorifd)e8 Qntereffe betontnten- 29i8f)er
bat fein ju rafdjeg Reiter ifiin nicht ©ebitlt gelafftn, genug nach bett heften SJluftern ju ftubieren; id) öerftelje barunter
nicht Copien im ganzen ju machen; bei ber ©ebiilt, bie ba8 forbert, fann würHidj jyeiter unb Küljnljeit felbft 3U
benfeit u. felbft 31t wagen, 31t fel)r gefdjwäcfjt Werben; aber au mehr ©ebult, mehr Steinlichteit unb mehr Seftimmtheit
in ber SluSfüfjrung muh er fidj gewöhnen. ©odj wie halb Werben fie alles fefjen! 2Bie bieleS barf ich bon ihm
hoffen, ba id) Weif;, bah jeber Sßinf öon ihnen ihm unenblidj Widjtig fein wirb.
§err ßanbolt, ber ihnen fo bieleS 31t bauten £>at unb e§ and) mit warmem §erjen tljut, ift hier glücflidj
angelangt, aber nicht fo gans bie ©rufen, bie er öon ihnen £>at, fie finb gefdjäbigt, bod) nicht fo, bah bie losgegangenen
Partien, bie gans unbefdjabigt finb, nicht füllten tonnen angefügt werben. Sßir fürtrefflid) finb biefe Slrbeiten! @8 War
mir ein $eft fie 31t feljen, Wie fefjr in bem fimpeln eblen ©efdjmacf ber groben Sintifen, unb ber fdjönften Statur! 2Bie
ebel unb groh bie formen, unb wie ebel u. grofs ber SluSbrucf! ®ollt ich ihnen mein ganzes Vergnügen barüber
fagen, id) tonnt e8 nicht auSbrücfen. §err ßanbolt hat mir ben SJtilon als ein ©efdjenf öon ihnen übergeben. §aben
fie meinen warmften ©auf bafür. 2118 Kunftwerf ift er mir äitjjerft fdjäfjbar, aber and) eben fo fehl', ba idj e8 an8
ihrer §anb befife. 2ßär idj nicht feit einiger Seit fo feljr befd)äftigt, bah mir fein SJloment für bie Kunft übrig ift,
fo mürb’ ich meinem Sohn ein ©entäljlbe öon meiner §anb für fie mitgegeben haben, als ein gwafr nur geringes Seichen
meines ©anteS, id) Werb es aber gewih mit ber erften Selegentieit tljun.
©ie Beidjuungen, bie §err ßanbolt nad; ihrer SluSwaljl getauft ljat, finb gang fürtrefflid), biefer üerbienftöolle
junge Staun ljat ihnen unenblid) biel 3« banfen, ba fie ihm baS ®efüt)I für baS Schöne in ben fünften eingeftöfjt
haben, ba8 er 23orl)er nicht hotte. 3d) werbe mein mögliches tljun, baS bei ihm 311 unterhalten.
ßafjen fie mich unb meinen Sohn ihrer fjreunbfdjaft immer empfohlen fein, idj bin fo lange idj lebe mit alten
•©nipfinbitiigen öon Wahrer §odjad)tung unb $reunb[d)aft
(ohne ©atum) Shr ergebender ©ietter u. fjreunb! S. ©ebner.
Monsieur | Monsieur Tripel a Rome
9. Der Bildhauer Christen in Rom.
(Aus dessen «Leben, von ihm selbst beschrieben », Meusels n. Mise. art. Inh. 8. Stück.)
.Da ich der italienischen Sprache unkundig war, so entschloss ich mich mit einigen
Schweizern, die im Dienste Seiner päpstlichen Heiligkeit standen, die Reise anzutreten. Ich kam also
im J. 1788 nach Rom, wo ich niemanden als den Herrn Hauptmann von der Schweizer Garde kannte,
•den ich vorher zu Luzern gesehen, und dem mich Herr Würsch empfohlen hatte. Dieser wies mir gerade
•ein Wohnzimmer bei den Schweizern auf dem Monte Cavallo an und sagte mir zugleich, ich werde da
mit einem vortrefflichen Bildhauer Bekanntschaft zu machen Gelegenheit finden, der ebenfalls ein geborner
Schweizer wäre und sich Trippei nennte; er wäre ein guter und dienstfertiger Mann, ich dürfte mich
•darauf verlassen, dass er mir als seinen Compatrioten gewiss gut begegnen würde. Dies machte mir eine
grosse Freude. Er gab mir noch obendrein einen Kammerdiener mit, der mich in seinem Namen dem
Herrn Trippei empfehlen sollte. Ich kam in sein Arbeitszimmer, traf ihn auf einem Gerüste an, wo er
•auf dem Punct war, eine Statue fertig zu machen. Er empfieng mich auf das freundschaftlichste, er zeigte
mir verschiedene von seiner Hand verfertigte Werke, und gestattete mir den Zutritt, um einige derselben
mach Belieben kopieren zu können. Ich glaubte, nun würde mir geholfen seyn, und da ich schon den folgenden
Tag zu ihm kam, so setzte er mir eine schöne antike Büste, dieselbe in Thon zu kopiren, vor. Gleich
machte ich mich daran und wähnte, es wäre leicht, weil ich schon mehrere Statuen verfertigt hätte, auch
•ein solches Ding nachzumachen. Herr Trippei nickte mir über die Fertigkeit zu kopiren Beifall zu;
allein er fand so viele und grosse Fehler in dieser Kopie, sowohl in der Proportion als Zeichnung, die er
mir alle nacheinander aushob und an den Fingern vorzählte. Ich erstaunte über meine Unwissenheit, und
sehe nun wohl ein, wie viel ich noch zu erlernen habe. Was wird wohl, dachte ich, aus dir werden,
wenn du so viele und wichtige Fehler an einer Kopie in blossem Thon verbessern siehst, ohne Einwürfe
dagegen machen zu können; was würde erst geschehen, wenn du ein kolossalisches Grabmahl in hartem
Marmor verfertigen solltest? Dieser Gedanke und die Frage, die er an mich stellte, wie lange ich noch
•Geld zum Studiren hätte, ohne auf Verdienst zu denken, schlugen meine ganze Seele darnieder. Ich deckte
mich ganz vor ihm auf, ohne einen einzigen Umstand zu verhehlen. Ich hätte vor Schaam vergehen
mögen, dass mir der Kopf dieser kopierten Büste so. übel gerathen war. Ich bemerkte gar wohl, dass
man mich tüchtiger fand, den Steinmetzen als den Bildschnitzer zu machen.
Herr Trippei fuhr nichts desto weniger fort, mir die schönsten Sachen zum kopieren vorzulegen,
führte mich zuweilen auf die Academie. Durch meine Offenherzigkeit und einen anhaltenden Fleis,
Ißferb bei) jeher SJetoeguiig gegen einanber vergalten tnüffen. SBirb er nun burcf) fie auf bie fdjötifteit formen menfdj-
'Itdjer jjtgut aufmerffant gemacht, wirb fein Stubium berfelben burdj ihren Statt) geleitet, fo werben feine Stüde nicht
blofeä gwecflofeä ©etoüljl, wie fo iriele ®djladjten=®tiicfe finb, feijn, unb mehr l)iftorifd)e8 Qntereffe betontnten- 29i8f)er
bat fein ju rafdjeg Reiter ifiin nicht ©ebitlt gelafftn, genug nach bett heften SJluftern ju ftubieren; id) öerftelje barunter
nicht Copien im ganzen ju machen; bei ber ©ebiilt, bie ba8 forbert, fann würHidj jyeiter unb Küljnljeit felbft 3U
benfeit u. felbft 31t wagen, 31t fel)r gefdjwäcfjt Werben; aber au mehr ©ebult, mehr Steinlichteit unb mehr Seftimmtheit
in ber SluSfüfjrung muh er fidj gewöhnen. ©odj wie halb Werben fie alles fefjen! 2Bie bieleS barf ich bon ihm
hoffen, ba id) Weif;, bah jeber Sßinf öon ihnen ihm unenblidj Widjtig fein wirb.
§err ßanbolt, ber ihnen fo bieleS 31t bauten £>at unb e§ and) mit warmem §erjen tljut, ift hier glücflidj
angelangt, aber nicht fo gans bie ©rufen, bie er öon ihnen £>at, fie finb gefdjäbigt, bod) nicht fo, bah bie losgegangenen
Partien, bie gans unbefdjabigt finb, nicht füllten tonnen angefügt werben. Sßir fürtrefflid) finb biefe Slrbeiten! @8 War
mir ein $eft fie 31t feljen, Wie fefjr in bem fimpeln eblen ©efdjmacf ber groben Sintifen, unb ber fdjönften Statur! 2Bie
ebel unb groh bie formen, unb wie ebel u. grofs ber SluSbrucf! ®ollt ich ihnen mein ganzes Vergnügen barüber
fagen, id) tonnt e8 nicht auSbrücfen. §err ßanbolt hat mir ben SJtilon als ein ©efdjenf öon ihnen übergeben. §aben
fie meinen warmften ©auf bafür. 2118 Kunftwerf ift er mir äitjjerft fdjäfjbar, aber and) eben fo fehl', ba idj e8 an8
ihrer §anb befife. 2ßär idj nicht feit einiger Seit fo feljr befd)äftigt, bah mir fein SJloment für bie Kunft übrig ift,
fo mürb’ ich meinem Sohn ein ©entäljlbe öon meiner §anb für fie mitgegeben haben, als ein gwafr nur geringes Seichen
meines ©anteS, id) Werb es aber gewih mit ber erften Selegentieit tljun.
©ie Beidjuungen, bie §err ßanbolt nad; ihrer SluSwaljl getauft ljat, finb gang fürtrefflid), biefer üerbienftöolle
junge Staun ljat ihnen unenblid) biel 3« banfen, ba fie ihm baS ®efüt)I für baS Schöne in ben fünften eingeftöfjt
haben, ba8 er 23orl)er nicht hotte. 3d) werbe mein mögliches tljun, baS bei ihm 311 unterhalten.
ßafjen fie mich unb meinen Sohn ihrer fjreunbfdjaft immer empfohlen fein, idj bin fo lange idj lebe mit alten
•©nipfinbitiigen öon Wahrer §odjad)tung unb $reunb[d)aft
(ohne ©atum) Shr ergebender ©ietter u. fjreunb! S. ©ebner.
Monsieur | Monsieur Tripel a Rome
9. Der Bildhauer Christen in Rom.
(Aus dessen «Leben, von ihm selbst beschrieben », Meusels n. Mise. art. Inh. 8. Stück.)
.Da ich der italienischen Sprache unkundig war, so entschloss ich mich mit einigen
Schweizern, die im Dienste Seiner päpstlichen Heiligkeit standen, die Reise anzutreten. Ich kam also
im J. 1788 nach Rom, wo ich niemanden als den Herrn Hauptmann von der Schweizer Garde kannte,
•den ich vorher zu Luzern gesehen, und dem mich Herr Würsch empfohlen hatte. Dieser wies mir gerade
•ein Wohnzimmer bei den Schweizern auf dem Monte Cavallo an und sagte mir zugleich, ich werde da
mit einem vortrefflichen Bildhauer Bekanntschaft zu machen Gelegenheit finden, der ebenfalls ein geborner
Schweizer wäre und sich Trippei nennte; er wäre ein guter und dienstfertiger Mann, ich dürfte mich
•darauf verlassen, dass er mir als seinen Compatrioten gewiss gut begegnen würde. Dies machte mir eine
grosse Freude. Er gab mir noch obendrein einen Kammerdiener mit, der mich in seinem Namen dem
Herrn Trippei empfehlen sollte. Ich kam in sein Arbeitszimmer, traf ihn auf einem Gerüste an, wo er
•auf dem Punct war, eine Statue fertig zu machen. Er empfieng mich auf das freundschaftlichste, er zeigte
mir verschiedene von seiner Hand verfertigte Werke, und gestattete mir den Zutritt, um einige derselben
mach Belieben kopieren zu können. Ich glaubte, nun würde mir geholfen seyn, und da ich schon den folgenden
Tag zu ihm kam, so setzte er mir eine schöne antike Büste, dieselbe in Thon zu kopiren, vor. Gleich
machte ich mich daran und wähnte, es wäre leicht, weil ich schon mehrere Statuen verfertigt hätte, auch
•ein solches Ding nachzumachen. Herr Trippei nickte mir über die Fertigkeit zu kopiren Beifall zu;
allein er fand so viele und grosse Fehler in dieser Kopie, sowohl in der Proportion als Zeichnung, die er
mir alle nacheinander aushob und an den Fingern vorzählte. Ich erstaunte über meine Unwissenheit, und
sehe nun wohl ein, wie viel ich noch zu erlernen habe. Was wird wohl, dachte ich, aus dir werden,
wenn du so viele und wichtige Fehler an einer Kopie in blossem Thon verbessern siehst, ohne Einwürfe
dagegen machen zu können; was würde erst geschehen, wenn du ein kolossalisches Grabmahl in hartem
Marmor verfertigen solltest? Dieser Gedanke und die Frage, die er an mich stellte, wie lange ich noch
•Geld zum Studiren hätte, ohne auf Verdienst zu denken, schlugen meine ganze Seele darnieder. Ich deckte
mich ganz vor ihm auf, ohne einen einzigen Umstand zu verhehlen. Ich hätte vor Schaam vergehen
mögen, dass mir der Kopf dieser kopierten Büste so. übel gerathen war. Ich bemerkte gar wohl, dass
man mich tüchtiger fand, den Steinmetzen als den Bildschnitzer zu machen.
Herr Trippei fuhr nichts desto weniger fort, mir die schönsten Sachen zum kopieren vorzulegen,
führte mich zuweilen auf die Academie. Durch meine Offenherzigkeit und einen anhaltenden Fleis,