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480 Galante Liebesbriefe.
in einem so englischen Bilde eine so unmensch-
liche Seele stecke. Es bildet ihm ihr Gemürhe
Viel bester vor. Es rühmet ihre Hurtigkeit gegen
die andern, und je mebr es vor ihren Füssen ver-
zweifeln stehet/ je mehr fangt es ihm an zu schmei-
cheln, daß ihm der Sieg allein gebühre, und
daß es ibn sonst nicht hoffen könnte, wann mei-
ne Jungfer einen jeden begnadigethatte. Kurz,
es dräuet mir entweder zu sterben, oder verlan-
get zu wissen, ob ich ibm erlauben will, sie zu
lieben. Was soll ich tbun? Es ist mein Her-
ze, welches mir jederzeit gehorsam gewesen, und
in diesen einzigen sich zwar versündiget, aber
doch nicht verdienet, daß ich es so jung ermor-
den sollte. DerowegenmußichihmseinenWil-
len lassen. Damit es aber nicht ungezücbti-
get bleibe, so übergebe ich es meiner Jungfer:
Sie strafen es nach Ihrem Belieben. Und
weil doch nichts unerträglicher, als die Knecht-
schaft ist, so legen sie es an Ketten, und be-
halten es in einer ewigen Gefangenschaft. Ich
bin mit allem zufrieden, und werbe niemals
dawider bitten ; wohl aber für meine Person,
welche an allen diesen Dingen unschuldig ist, und
nichts verbrochen hat, als daß sie ihrem Her-
zen zu schwach gewesen. Meine Jungfer weiß
selbst, was für unbändige Thiere unsere Herzen
sind/und daß sie uns so wenig Rechenschaft geben,
warum sie den einen lieben, als warum sie
einen andern nicht leiden können. Sie wür-
den derohalben sehr unrecht handeln, wann
Sie alle Verbrechen mir beymessen , und das-
jenige nicht unterscheiden wollten, was mein
 
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