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Neumeyer, Alfred; Cézanne, Paul
Paul Cézanne, die Badenden: Einführung — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 38: Stuttgart: Reclam, 1959

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https://doi.org/10.11588/diglit.62838#0035
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ster — aber auch das Element der Vereinsamung und
der Verflüchtigung des inhaltlichen Momentes der Kunst.
Jetzt verstehen wir auch, warum unsere Beschreibung
nicht von den Figuren auszugehen brauchte, sondern von
dem kompositionellen Gerüst und der farbigen Materie;
die Figuren sind nicht die Träger der Bildidee, sondern
nur dienende Glieder. Aber seltsam, weder Komposition
noch Farbgebung oder Figurenverband kommen an das
Eigentliche des Bildes heran, von dem man erst einmal
in negativer Formulierung sagen könnte, daß das Bild
ganz anders sei als etwa die „Badenden“ von Renoir
(Abb. 14), ja, als alle Bilder seiner impressionistischen
Zeitgenossen. Dieses „Ganz-anders-Sein“ drückt sich po-
sitiv als ein Gefühl des Unergründlichen, des am Rande
des Sagbaren Stehenden aus. Wenn auch fragmentarisch,
so reicht es darin zu den höchsten Schöpfungen des Men-
schengeistes hinauf. Weil es unergründlich ist, soll man
es auch nicht mit Worten aufzulösen versuchen. Aber
man kann darauf hinweisen, in welchem sichtbaren Phä-
nomen es sich am stärksten ausdrückt — nämlich in seiner
alles durchdringenden Bläue. Dies ist nicht das Blau der
impressionistischen Freiluftmalerei. Es ist auch nicht eine
dekorativ vereinfachte Himmelsfarbe wie in den Him-
meln van Goghs und Gauguins. Es ist vielmehr, technisch
gesprochen, eine transparente Malschicht, aus mehreren
Blaulagen zusammengesetzt, durch die einerseits der
helle Malgrund hindurchschimmert, auf denen andrer-
seits ein Echo des Laubgrüns erscheint. Näher kommen
wir an das Wesen dieses Blaus heran, wenn wir uns klar-
machen, daß auch Renoir in seinen Spätwerken einen
farbigen Grundakkord zeigt, der fast alle seine Bilder
durchwaltet. Bei ihm ist es ein pflaumiges Rot-Violett,
bei Cezanne ein äußerst intensives Preußisch- und Ko-
balt-Blau. Dieses Blau ist die Grundnote, auf die sich
alle anderen Farben beziehen, von der her sich die

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