Abb. 8. Sockelbemalung unter den Bildnissen Karls IV. in der Marienkirche.
Die Wandgemälde aus der Wenzels- und Ludmilalegende
im Treppenhause des Karlsteiner Hauptthurmes.
as Treppenhaus, welches an der Südseite des Karlsteiner Hauptthurmes vortritt und den Aufgang zur Kreuz-
kapelle enthält, besitzt noch beachtenswerte Reste von Wandgemälden der Wenzels- und Ludmilalegende.
Obzwar auf dieselben mehrfach hingewiesen wurde, begnügte man sich entweder mit der Wiederholung des
von Kugler ihnen zugesprochenen »allgemeinen Charakters des 14. Jahrhundertes« ') oder sah in ihnen Schö-
pfungen mehr germanischen Charakters,3) die von einem minder hervorragenden Maler vollendet worden sein sollten als
jene in den Karlsteiner Kapellen; man nahm sie auch für Werke »etwas neueren Ursprungs«,3) die schon stark verblasst
seien und hauptsächlich nach den davon genommenen Copien etwas genauer beurtheilt werden könnten.4) Allein was in
dem Karlsteiner Treppenhause sich bis auf den heutigen Tag erhielt und meist bei der mangelhaften Beleuchtung des
engen Raumes nicht auf den ersten Blick gut erkannt werden kann, verdient vollauf eine größere Aufmerksamkeit und ein
auf alle Einzelheiten sich erstreckendes Studium des Kunstforschers.
Die Wände des schmalen Treppenhauses, in welchem kaum zwei Personen nebeneinander bequem emporsteigen
können, sind links mit Darstellungen aus der Wenzelslegende, rechts mit Scenen der Ludmilalegende bemalt; erstere
laufen von unten nach oben, letztere von oben nach unten. Die untere Abgrenzung bildet über einfachem, lichtgrünem
Sockel ein schmaler weißer Streifen, den kräftig gezogene schwarze Linien umsäumen. Inschriften fehlen auf demselben;
nur unter der Weinbergscene schlagen Buchstabenreste durch, deren Eigenart aber auf eine spätere Zeit als das 14. Jahr-
hundert deutet. Scenenanordnung und Streifen passen sich allen Brechungen der Treppenaufgangslinien genau an; über
seinem Haupte erblickt der Emporsteigende geflügelte, buntgekleidete Engelsgestalten, welche auf verschiedenen Musik-
1) Kugler, Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte II. S. 497. — Frantz, Geschichte d. christl. Malerei II. S. 185. — * 2) Burck-
hardt, Kuglers Handbuch d. Geschichte d. Malerei I. S. 222. — Passavant, Über die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mähren a- a. O. S. 211. —
3) Grueber, Kunst d. Mittelalters in Böhmen III. S. 71. — 4) Ambros, Burg Karlstein und ihre Restaurierung a. a. O. S. 50 u. 51.
Neuwirth, Mittelalterl. Wandgemälde n. Tafelbilder d. Burg Karlstein.
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