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meister, Arend Packebusch, Johann Pepersack und Evert Rotert, Bürgermeister,
Konrad Dellungshausen, Syndikus, Gottschalck Becker, Joachim Beiholt, Johann
Boismann, Hermann Bolemann, Jürgen Hühnerjäger, Michael Kluting, Dietrich Korb-
macher, Gert v. Luttern, Johann Moller, Jasper Reyer, Friedrich Sandstede und
Johann Schröder, Ratsherren; Hans Giseimann, zeitweilig im Amte des Ältermannes
der grossen Gilde.*) —

Capitel XV.
Die Zeit bis zur Beendigung der zweiten grossen Belagerung Revals
(1571 — 1577).
Die Tage der Notli waren für Reval mit der Einstellung der-Belagerung nicht
vorüber. Krieg und Mangel, Verlassenheit und Versuchungen zu politischer Untreue
blieben der Stadt auch in der Folgezeit nicht erspart, wie wir bereits (Cap. 13) ge-
sehen haben. Auch die Pest, die mit dem Abzüge des Feindes gewichen war,
stellte sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1571 heftiger wieder ein und forderte
unersättlich neue Opfer an Menschenleben.**) Doch all die langjährigen Drangsale
zeitigten ein wetterhartes, opferfähiges, kampflustiges Geschlecht, dem Furcht un-
bekannt war, das sich stets bereit zeigte, Gut und Elut für die Erhaltung seiner
religiösen und kulturellen Eigenart einzusetzen. —
Die langjährigen Kriegsläufte, nicht zum mindesten auch die grossen Geld-
vorstreckungen für Besoldung des schwedischen Kriegsvolks hatten die Stadt gänzlich
ausgemergelt, sodass an den Patriotismus der Einwohner besondere Zumuthungen ge-
stellt werden mussten. Der Rath erliess am 9. Oktober 1574 einen Aufruf an die
Bürgerschaft:1) Alle die mit grossen Unkosten verbundenen Gesandtschaften an den
König;, alle die vielen schriftlichen und mündlichen flehenden Bitten an die vornehmen
Flansastädte hätten nichts oder gar wenig erzielt, so dass bei einer bevorstehenden
neuen Belagerung die Stadt ganz verlassen und nur auf Gott und sich selbst an-
*) Während der Belagerung wurde Piermann Fuhren in den Rath und (1571) Heinrich Staat
zum Ältermann gr. Gilde gewählt. Kurz vor ihrer Beendigung starb der alte Rathssekretär Lorenz
Schmidt am 9. März 1571 nach achtwöchentlichem Krankenlager (Rathsprotok. v. 9. März 1571).
Den militärischen Oberbefehl in der Stadt führte, wie erwähnt, als Stadtoberst der Rathsherr Johann
Boismann, dem der andere Munsterherr, Rathsherr Friedrich Sandstede als „Lieutenant“ zur Seite stand.
Stadthauptmann, d. h. Befehlshaber der städtischen Landsknechte, war Michael Schloyer (Schloier)
aus Nordhausen; die Unterhauptleute hiessen: Hans Koltmann (Kolttmann) aus Köln, und Melchior
Swabert. Schloyer wurde am 19. Aug. 1570 bis zum nächsten Frühling und am 1. Mai 1571 bis
auf Weiteres zum Stadthauptmann bestellt, in welchem Amte er bis zu seinem in der Schlacht bei
Lode am 23. Januar 1573 erfolgten Tode blieb. Sein Gehalt betrug 800 Mark jährlich, das im
Felde auf 100 Mark monatlich erhöht wurde. Führer der schwedischen Soldreiter waren Gert Mundus
und Tönnis Maydell.
**) Die Stadt war Ende August verödet, da die meisten Bürger mit ihren Familien sie der
Ansteckung wegen verlassen und auf dem Lande Zuflucht gesucht hatten. Zweihundert Hofleute,
die zur See angekommen waren, sollten nicht in der verseuchten Stadt, sondern im Brigittenkloster
untergebracht werden. (Schreiben des Raths an den Gouverneur v. 30. Aug. 157Stadtarchiv
B. P. 10.)
 
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