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Nuhn, Anton
Beobachtungen und Untersuchungen aus dem Gebiete der Anatomie, Physiologie und practischen Medicin (Band 1) — Heidelberg, 1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.3134#0022
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II. Aus dem Gebiete der Physiologie: Versuche über den Einfluss des Nervus facialis auf die Bewegungen des Gaumensegels.

umgekehrt. Ob das Eine oder Andere der Fall ist, kann ich in Ermangelung hinreichender Erfahrung darüber nicht mit Bestimmtheit ange-
ben. In dem Fall, wovon die Abbildung genommen, war von einem zweiten vom ersten Aste des Quintus abgehenden Nervus recurrens
Nichts zu bemerken *). k. Nervus oculo-motorius. 1. Nervus abducens, in einen besondern Kanal der Dura maier eintretend, m. Pro-
cessus clinoideus anterior des kleinen Keilbeinflügels.

IL

Aus dem Gebiete der Physiologie.

Versuche
über den Einfluss des Nervus facialis auf die Bewegungen des Gaumensegels.

Früher hat man bekanntlich die Bewegungen des Gaumensegels bloss vom Nervus quintus abhängig sein lassen, da man nur Nerven
kannte, welche dieser von seinem zweiten und dritten Ast zum weichen Gaumen sendet. Erst Bidder**) hat die Ansicht aufgestellt, dass
diese Bewegungen nicht durch den Quintus, sondern durch den Nervus facialis und Nervus glossopharyngeus vermittelt wer-
den. Den Antheil des Nervus facialis an den Gaumenbewegungen begründete er durch seine Untersuchungen über die Verbindung des
Nervus pelrosus superficialis major mit dem Nervus facialis. Er fand nämlich, dass die Fasern des oberflächlichen grossen Felsenbein-
nerven am Knie des Nervus facialis nicht mit dem letztern peripherisch, sondern nach der Wurzel desselben zurücklaufen, demnach also
der Nervus petrosus superficialis major nicht als ein vom Ganglion splienopalatinum ausgehender und dem Nervus facialis sich beimischen-
der Nerve anzusehen sei, sondern im Gegentheil einen Zweig des Facialis darstelle, der zum Ganglion sphenopalatinum laufe und von
dort aus in die Gaumenmuskeln dringe.

Versuche, welche einige Jahre später von J. Reid***) an Thieren angestellt wurden, und wonach die Muskeln des weichen
Gaumens, mit Ausnahme des Tensor veli palatini, der vom dritten Ast des Quintus versorgt werde, sämmtlich nur vom Vagus be-
wegt werden sollten, Hessen indess die Bidder'sche Ansicht über die Vermiltehmg dieser Bewegungen durch den Nervus facialis wieder
etwas zweifelhaft werden. Diese Ansicht über das Betheiligtsein des Nervus facialis an den Bewegungen des weichen Gaumens wurde aber
vollends ganz erschüttert, als Volkmann-}-) durch seine an Thieren angestellten Versuche nun auch noch die von Reid aufgestellte Ansicht, dass
nämlich der Vagus hauptsächlich der Vermittler der Bewegungen des Gaumensegels sei, im Allgemeinen bestätigte. Volkmann will sogar
bei keinerlei Reizung des Nervus facialis und quintus irgend Bewegungen im Gaumensegel bemerkt haben, selbst dann nicht, wenn andere
von diesen Nerven abhängige Muskeln sich deutlich zusammenzogen.

Zwar sprach sich Valentin-f-j-) und bald darauf auch Longet*j"H*) wieder für die frühere Ansicht aus, dass nämlich der Nervus
facialis hauptsächlich die Bewegungen am weichen Gaumen vermittle; nur den Gaumenspanner Hessen diese Forscher vom dritten Ast des
Quintus abhängig sein. Aber der Begründung ihrer Ansicht fehlten doch genügendere Belege, wie z. B. der Nachweis durch Versuche an
Thieren. Und so konnte diese Lehre, obwohl sie die bisherigen anatomischen Erfahrungen für sich hatte, gegenüber der auf Versuche an
Thieren gestützten Lehre von Reid und Volkmann doch nicht zur allgemeinen Annahme kommen.

*) Ebenso sah ich auch umgekehrt in mehreren andern Fällen, wo der Nervus recurrens vom ersten Aste des Trigenünus abging, Nichts von einem Raums recur-
rens nervi Irochlearis, so dass es hier wenigstens den Anschein gewinnt, als wenn diese zwei verschieden entspringenden Nervi rekurrentes in der Art in einem Wechsel-
verhältniss standen, dass wenn der eine fehlt, der andere dafür vorhanden ist. Nur bliebe es unerklärlich, wie zwei ihrer Natur nach so verschiedene Nerven, ein rein sen-
sitiver und ein rein motorischer, im Stande sein sollten, sich gegenseitig zu vertreten. Ich sah schon mehrmals vom ersten Aste des Quintus feine Zweige in den Musculus
Irochlearis gehen. Bei näherer Nachforschung aber fand ich stets, dass in solchen Fallen weiter hinten zarte Fäden vom Nervus Irochlearis in den ersten Ast des Quinlus
eindrangen, die eine Strecke weit in dessen Scheide fortliefen und weiter vorn erst wieder von ihm sich trennten, um zum Musculus irochlearis zu gelangen, und so den
Schein gaben, als ob der Quintus diese Zweige an diesen Muskel abgegeben hätte. Vielleicht besteht auch ein ähnliches Verhältniss für den Nervus recurrens, so dass derselbe
entweder wirklich vom Quintus stammt, und in den Fällen, wo man ihn vom Nervus Irochlearis abgehen sieht, seine Fasern auf einem noch unbekannten Wege früher schon
in die Scheide des letztern gelangten und nun scheinbar von diesem abgehen, oder dass er ein wirklicher Zweig des Nervus irochlearis ist, und in den Fällen, wo er vom
ersten Aste des Quintus abgeht, seine Fasern vorher schon in die Scheide des ersten Astes eindrangen, um erst da wieder dieselbe zu verlassen, wo sie ihren Lauf rück-
wärts zum Hirnzelt antreten.

**) Neurologische Beobachtungen. Dorpat, 1836.

***) An Experimenlal invesligation into ihe funclion of the eighth Pair of nerves. Edinburgh med. and surg. Journal 1838 and 1839.

iO Müller's Archiv 1840. S. 485.

-HO De funclionibus nervorum libri quatuor 1839.

itt) Archiv generale de medecine 1841. — Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux de l'homme et des animaux verlebres. Paris, 1842. Tom. II.

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