Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Paulus, Eduard [Hrsg.]; Hartmann, ... [Red.]
Beschreibung des Königreichs Württemberg (Band 55): Beschreibung des Oberamts Brackenheim: mit drei Tabellen, einer Karte des Oberamts, drei lithogr. Ansichten und einem Grundriß — Stuttgart, 1873

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.11584#0096
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80 Stamm und Eigenschaften der Einwohner.

zeigt sich ein gewisier, jedoch nirgends bis zu Blövsinn gesteigerter
Grad von Verkümmernng des geistigen und leiblichen Lebens an den
Einwohnern dicses Orts überhaupt. Sie sind im Allgcmeinen kletn,
nnansehnlich, mager und von blasser Gesichtsfarbe. Einige Knaben
follen sich daselbst besinden, deren Kopf unverhältnißmäßig groß,
andere, bei denen er auffallend platt gedrückt ist. Die intellektuellen
Kräfte sind im Allgemeinen gering, und bei Vielen zeigt sich ein
folches Hinbrüten und eine so geringe Kapazität, daß sie kaum in
8 Jahren in der Schule so weit gebracht werden können, daß man
fle aus der Schule entlasien kann."

Spätere, über Zu- oder Abnahme der Zahl solcher Jndividuen
rinverlangte Berichte erwähnen wenigstens einer Vermehrung nicht:
die kurze, für diese Arbeit gestattete Frist ließ eine Revision obiger
Ziffern im Sinne des dermaligen Standes nicht zu. Es fcheint
indeß auch von einem detailirten numerischen Nachweise des letzteren
mm so eher Umgang genommen werden zu dürfen, als denn doch
auf anderem Wege ziemlich sichcre Anhaltspunkte hiefür zu erlangen
sinv, sofern auf die dießbezüglichen Anfragen Schullehrer und Geist-
liche der gravirtcsten Gemeinden sich in der Lage sahen, die Erklärung
abzugeben, daß sie in dcn letzten Jahren kein Kind als gänzlich un-
fähig zum Lernen vom Schulbesuche zurückzuweisen sich genöthigt
fahen.

Wo solche Zahlen reven, wie die in den obigen Tabellen über
Musterungsergebnisie, Kindersterblichkeit, Cretinenzahl, da muß denn
doch Manches faul sein oder doch gewesen und dieß begriffcn worden
fein. Wenigstens ist von Staatswegen in verschiedenen Beziehungen
eine Verbesserung von Zuständen unv Verhältnissen angestrebt und
angeordnet, auch thcilweise zur Ausführuug gebracht worden, deren
wesentliche Mitwirkung bei der Genesis der leiblichen unv geistigen
Entartung des Menschen nicht anzuzweifeln ist. So ist darauf Be-
dacht genommen worden, daß in dcn Ortschaften regelrechte, gewölbte
Straßen, daß Kandeln angelegt wurden, und dadurch das sich sam-
nielnve Wasicr zum raschen Abfluß gelangte. Bei Erbauung neuer
H>äuser wurde darauf gehalten, daß solche weder auf feuchtem Grunde,
noch in den Weg hineingebaut wurden, im Fall der Einrichtung von
Wohngelasien im unteren Stockwerke wurde eine mindestens 3^ über
den Boden herausstehende Grundmauer vorgeschrieben. Gegen das
Branntweintrinken geschahen Schritte, soweit solche irgend aussührbar
warcn, besonders wurde in dieser Beziehung auf die Jugenv zu
wirken gefucht. Die Errichtung von Kleinkinderfchulen ward den
Gemeinden aufgegeben. Heirathen cretinischer, d. h. taubstummer
nnd halbtaubftummer, schwach-, stumpf- und blödsinniger, mißgestalteter,
zwergartiger, mit monströsem Kropfe behaftetcr Jndividuen wurden
verboten, Zusammenheirathen zweier selbst nicht cretinifcher, aber
 
Annotationen