Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Paulus, Eduard [Hrsg.]; Hartmann, ... [Red.]
Beschreibung des Königreichs Württemberg (Band 55): Beschreibung des Oberamts Brackenheim: mit drei Tabellen, einer Karte des Oberamts, drei lithogr. Ansichten und einem Grundriß — Stuttgart, 1873

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11584#0106
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
90 Stamm und Eigenschaften der Einwohner.

nur für Weiber schickten, so mußte er zwei Maas Wein auftischen
oder in die Lade schwören.

Der sog. Rebstock war eine Art Frühlingsfeier, wobei der Bür-
gerschaft ein Eimer Wein aus dem Gemeindekeller zum Besten ge-
gegeben wurde. Die Festlichkeit bestand darin, daß von der ganzen
Bürgerschaft in Procession eine Weinflasche an einer Stange in die
Weinberge getragen und nachdem jeder Bürger seinen Hut mit
Rebenlaub geziert hatte, wurde die ebenfalls damit geschmückte wieder
unter das Rathhaus zur offenen Zeche zurückgebracht. Von den
ledigen Burschen und Töchtern wurden indeffen auf besonders gezierten
Rossen zwei große Mühlkuchen aus der Mühle abgeholt und einer
davon der Bürgerschaft überbracht, der andere beim Tanz von den
jungen Leuten, denen ebenfalls ein Trunk aus dem Gemeindekeller
gereicht wurde, im Wirthshause verzehrt.

An den Johannisseiertagen arbeiten die Schmide und Nätherinnen
nicht, damit der Blitz nicht einschlage. Der h. Johannes war früher
der Patron der ehrsamen Schmidezunft.

Die Mundart bildet einen leichten Uebergang von der nieder-
schwäbischen in die pfälzische. Das Breite des schwäbischen Dialekts
ist im ganzen Bezirke durch den Uebergang in den pfälzischen etwas
gemildert und Verliert sich gegen die westliche und nördliche Bezirks-
grenze immer mehr. Das harte schwäbische noi, noa (nein) wird
hier ein gedehntes nai, wie überhaupt ei meistens als ai gesprochen
wird, z. B. haim statt heim w. Ausfallend ist die kurze Aussprache
sonst langer Silben, z. B. Gawwel statt Gabel, Wäggele statt Wägele,
Stüwwle statt Stüble rc. Als besondere Ausdrücke sind anzuführen:
a woll statt ach nein! ällbott statt manchmal, ällritt statt gar oft,
die Bach statt der Bach, Bluest statt Blüthe, deihen statt gedeihen,
deut sagen statt deutlich sagen, Dochel statt Hund, nicht ein Dusen-
öhrle statt nicht das mindeste, hanken statt hängen, kaafen statt kaufen,
knütz statt spaßhaft, Kopshaus ftatt Küchekasten, die Leidenschaft statt
das Leiden, das Leitseil statt die Nabelschnur, räthig werden mit
einem statt eiuig werden mit einem, stritzen statt spritzen, sein wird
häufig sür gut, angenehm gebraucht rc. Jn Nordhausen wird neben
dem Deutschen noch Patois gesprochen, jedoch verliert sich letzteres
immer mehr.

H Wohnorte.

1. Orte.

Zahll Gattung und Areal.

Der Oberamtsbezirk zählt im Ganzen 65 Wohnplätze, und zwar
4 Städte, 24 Pfarrdörfer, worunter 3 mit Marktgerechtigkeit, 2 Dör-
fer, 3 Weiler, 11 Höfe und 21 einzelne Wohnsitze. Der Flächen-
raum sämtlicher Gebäude und Hösstätten beträgt 318^/g Morgen.
 
Annotationen