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Schäfer, Alfons [Editor]
Neue Forschungen zu Grundproblemen der badischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert — Oberrheinische Studien, Band 2: Karlsruhe: Kommissionsverlag G. Braun, 1973

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Haselier, Günther: Die Bildung des Landes Württemberg-Baden 1945/46
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https://doi.org/10.11588/diglit.52720#0272
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Die Bildung des Landes Württemberg-Baden 1945/46

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Dörzbacher für das Landwirtschafts- und Ernährungsressort vorgeschlagen war.
Auf jeden Fall beabsichtigte Holl schließlich, Dr. Fritz Graf v. Oberndorff in
Neckarhausen, der vor 1933 ein prominenter Vertreter der Zentrumspartei ge-
wesen war, für diesen Posten zu gewinnen27.
Schon vor dem 8. Juli nahm Holl auch Kontakt auf sowohl zu dem damals
in Heidelberg wohnenden Theodor Heuss wie auch zu dem Historiker Franz
Schnabel, der gleichzeitig mit ihm im Jahre 1936 als Professor der Technischen
Hochschule Karlsruhe zwangsemeritiert worden war. Holl bot Schnabel „die
Leitung des Ressorts für Unterricht und Kultus“ an28, doch der Historiker lehnte
ab, weil Holl für die Leitung der Abteilungen Hochschulen, Höhere Schulen und
Volksschulen schon bestimmte Persönlichkeiten ins Auge gefaßt hatte und Holl
ihm darüber hinaus noch erklärte, daß bei einer in Aussicht stehenden Vereinigung
mit Württemberg voraussichtlich die Württemberger entsprechend ihres zahlen-
mäßigen wirtschaftlichen Stärkeverhältnisses bei ihrem vorwiegend protestantischen
Bevölkerungscharakter Wert darauf legen würden, daß ein protestantischer Herr
die Ressortleitung innehabe. Es käme also evtl, dann eine Umbesetzung der Res-
sortleitung in Frage. Anfang Juli war das Oberregierungspräsidium Mittelrhein-
Saar des Dr. Heimerich aufgelöst worden, und die aus Baden stammenden Ange-
hörigen dieser Behörde kehrten nach Nordbaden zurück. Sofort bemühte sich
Holl, den Ministerialrat a. D. Ernst Walz29 für eine Aufgabe in seinem Präsidium
zu gewinnen. Trotz seiner im Ersten Weltkrieg erworbenen hohen Kriegsaus-
zeichnungen war Walz im Jahr 1935 von den Nationalsozialisten als „Vierteljude“
aus seiner Stellung als Ministerialrat im Karlsruher Innenministerium entfernt
und zur Ruhe gesetzt worden. Schon am 10. Juli begleitete Walz Oberpräsident
Holl auf einer Dienstreise nach Darmstadt30. Am 11. Juli machte Holl bekannt,
daß er den Ministerialrat a. D. Ernst Walz als seinen Stellvertreter in das Ober-
präsidium Nord-Baden berufen „und ihn beauftragt [habe], an Ort und Stelle
die Verhältnisse in den Stadt- und Landkreisen festzustellen“31 32.
Zugleich versuchte Holl auch den Hessen Christian Stock für einen Posten in
der nordbadischen Verwaltung zu interessieren. Bei seinem Besuch des Regie-
rungspräsidenten Dr. Bergsträßer am 10. Juli teilte Holl seinem hessischen Kol-
legen mit, daß das Oberpräsidium beabsichtige, den Direktor der Landesversiche-
rungsanstalt Hessen, Herrn Stock, für die Mitarbeit in Baden zu gewinnen2,2. In
einer am 16. Juli abgehaltenen Besprechung teilte Holl dann mit, daß er Stock
das Ressort „Öffentliche Arbeiten und Sozialwesen“ angeboten habe33. Dieser
27 Oberpräsident von Nordbaden an Regionale Militärregierung in Mannheim, Heidel-
berg 11. 7. 1945 (GLA 481/463 fol. 37).
28 Besprechung mit Professor Schnabel am 8. 6. 1945 (GLA 481/463 fol. 35).
29 Aktennotiz von Karl Holl vom 11. 7. 1945 (GLA 481/463 fol. 39).
30 Aktenvermerk vom 10. 7. 1945 (GLA 481/463 fol. 36).
31 GLA 481/463 fol. 39.
32 „In der Frage der Berufung des Herrn Stock in das Badische Oberpräsidium dankte
Herr Bergsträsser für die loyale Unterrichtung, erklärte aber, daß er sich mit allen Kräf-
ten einem Fortgang des Herrn Stock widersetzen werde, der nicht nur eine sachlich her-
vorragende Kraft, sondern ihm auch politisch und freundschaftlich eng verbunden und als
Vertrauensmann unentbehrlich sei.“ (GLA 481/463 fol. 36).
33 Niederschrift der Besprechung vom 16. 7. 1945 im „Prinz Carl“ (GLA 481/463 fol.
59—62, besonders fol. 59 und 61).
 
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