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Schäfer, Alfons [Editor]; Arbeitsgemeinschaft für Geschichtliche Landeskunde am Oberrhein [Editor]; Haselier, Günther [Honoree]; Arbeitsgemeinschaft für Geschichtliche Landeskunde am Oberrhein [Contr.]
Festschrift für Günther Haselier aus Anlaß seines 60. Geburtstages am 19. April 1974 — Oberrheinische Studien, Band 3: Karlsruhe: Kommissionsverlag G. Braun, 1975

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Stenzel, Rüdiger: Abgegangene Siedlungen zwischen Rhein und Enz, Murg und Angelbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.52721#0138

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Stenzel

sers von. Neidlingen nach Ispringen könnte ähnlich der Verlegung der Haupt-
kirche symbolisch für die Besiedlungsentwicklung sein. Daß der Karst einen Ein-
fluß auf den Siedlungsverlust in Neidlingen hatte, muß man annehmen. Immer-
hin ging aber Neidlingen in einer Zeit ab, da auch anderwärts, wo von Karst
nicht die Rede sein kann, Siedlungen verschwanden, im 14. Jahrhundert. Ob
z. B. die Verlegung des Herrenhofs von Neidlingen nach Eisingen vom Karst
verursacht wurde oder ob sich nicht zuerst der Schwerpunkt des Besitzes derer
von Neidlingen dorthin verlegte und daher andere Besitzer in Neidlingen ein-
drangen, können wir nicht mehr entscheiden. Auch den ersten Siedlern in Neid-
lingen zur Landnahmezeit war wohl die Tücke des Hauptmuschelkalks bald be-
kannt. Warum gaben sie erst jetzt nach rund 800 Jahren das Dorf auf? Über die
von Dauber ins Feld geführten Klimaschwankungen wissen wir nichts Ausreichen-
des. Dieselbe Überlegung werden wir gleich beim nahen Dagelfingen anzustellen
haben. Urkundlich als „intakt“ bezeugt ist also Neidlingen nur von 1125 bis
1309, später wird es noch als abgegangene Siedlung verzeichnet oder durch FIN
festgehalten. Der Zufall wollte es, daß die urkundliche Dokumentation gerade
in die Zeit des Wüstwerdens hineinfällt. Wir werden sehen, daß dies leider bei
der Mehrzahl unserer Wüstungen nicht der Fall ist55a.
b) Dagelfingen, Siedlung der Landnahmezeit
Man pflegt grundsätzlich die -ingen-Siedlungen der Landnahmezeit zuzurechnen.
Doch an einigen Beispielen erkannten wir, wie sie sich verändert oder ausgedehnt
haben oder von andern Siedlungen aufgesogen wurden. Selbst das im 14. Jahr-
hundert abgegangene Neidlingen ist viel zu groß, um E. Wahles Schilderung noch
zu entsprechen, von den kleinen auf fließendes Wasser für ihr Vieh angewiesenen
alamannischen Urdörfern. Eine solche kleine Siedlung um einen nicht unergie-
bigen Quellhorizont, allerdings mit unterirdischem Abfluß, scheint Dagelfingen
gewesen zu sein56.
Es gehört freilich in dieselbe naturräumliche Einheit wie Neidlingen. Letten-
keuper und Lößlehm liegen über dem Hauptmuschelkalk. Trockentäler mit
Karstwasser bestimmen das Landschaftsbild. FIN wie Hungerwiese und Schlupf-
graben sind aus dem Mangel an Oberflächenwasser zu erklären, zu dem noch
Bodenerosion tritt. In der alten Dagelfinger Gemarkung ist diese Zertalung er-
heblich stärker als in dem 40 m höher liegenden Neidlingen. Die Siedlung selbst
lag nicht dort, wo sie die TK 7018 verzeichnet (am Hang gegen Dürrn), sondern
in der weiten Quellmulde, in der 1964 ein Enzberger Aussiedlerhof entstanden
ist. Diese Mulde schneidet sich dann in ihrem gegen Süden gerichteten, von der
Enz als Erosionsbasis bestimmten Abfluß als Engtal in den Hauptmuschelkalk
ein. Die Enzberger Überlieferung hat die Erinnerung an den „Tailfinger Brun-
55a Nur bei Eichelbach (1298) und Dunhausen (1583) ist eine noch genauere Datierung
geglückt.
56 Vgl. dazu F. Wißmann, Das ehemalige Städtchen Enzberg (1952); TK 7016; Geolog.
Spezialkarte v. Baden, Bl. 50 Bauschlott; ferner M. Walter und À. Dauber (wie Anm. 55).
Vgl. auch Amtl. Gern. Übers. Pl. von Enzberg im Anhang bei Wißmann und den GÜP
Dürrn.
 
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