Abgegangene Siedlungen
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den. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Dagelfingens Verschwinden und
dem Aufstieg des Burgfleckens — zeitweise auch Stadt — Enzberg besteht gewiß.
Wer Zwing und Bann in Dagelfingen besaß, war zur Gründung der Burg Enz-
berg imstand. Die Gründung der Stadt Enzberg im 13. Jahrhundert, bei der
nach K. Weller die Grafen von Calw beteiligt waren, kann die endliche Absiedlung
Dagelfingens wohl herbeigeführt haben.
Aber leider haben wir zwischen 1100, da Dagelfingen noch existierte, und 1440,
als es schon wüst lag, keinen Quellenbeleg65. Vergessen wir auch nicht, daß zur
Zeit des Wüstwerdens der Herrenhof und der Kirchensatz zu Neidlingen gleich-
falls in den Händen der Enzberger waren. Nur können wir in Dagelfingen den
Absiedlungsvorgang nicht mehr fassen. Die frühere und die spätere Überliefe-
rung ist freilich bei Dagelfingen besser als bei Neidlingen. Wie, wenn man ver-
mutete, die Herren von Enzberg hätten gegen 1300 innerhalb ihres Herrschafts-
gebiets eine größere Umsiedlung unternommen? (Ähnliche Gedanken hatten wir
schon für die Umsiedlung im Remchinger Tal erwogen). Auch Göbrichen —
Neidlingens rechtliche Nachfolgegemeinde — weist bedeutenden Enzberger Be-
sitz auf. Nicht von der Hand weisen wird man eine Mitwirkung der von den
Herren so reich begüterten Klöster Maulbronn und Herrenalb66.
Vergleicht man Dagelfingen und Neidlingen im heutigen Zustand — Dagel-
fingens Areal mit Weide und Futtergetreidefeldern bis auf die Höhe des Hitz-
bergs hinauf gut genutzt, dagegen das öde liegende Gelände um den versiegten
einstigen Neidlinger Brunnen — so möchte man den Karst schon eher für das
Wüstwerden Neidlingens in entscheidendem Maße verantwortlich machen als in
Dagelfingen. Während in Neidlingen schon um die Siedlung herum, v. a. in
Oberneidlingen, der nackte Muschelkalk herausschaut, von dem sich Stauden,
Hecken und Kümmergras ernähren, findet man im Dagelfinger Gebiet nur in
der Tailfinger Rinne und im Ortsbachtal nackten Muschelkalk, gegen Dürrn,
v. a. aber gegen Enzberg zu, ist es die Sozialbrache, welche viele Grundstücke
wüst werden ließ. Ob die wesentlich größere Siedlung Neidlingen ihre landwirt-
schaftliche Nutzfläche durch Übernutzung im Lauf der 800 Jahre ihres Beste-
hens zerstört hat?
c) Bohningen, eine nur mit Hilfe der FIN erfaßte Siedlung
Von Ersingen zum Sperlingshof führt der „Bohninger Weg“. Am Sperlings-
hof selbst, einer Neugründung von 1720, bei deren Akten sich kein Vermerk
über eine abgegangene Siedlung befindet, liegt der Dreimärker Ersingen/Bilfin-
gen/Wilferdingen. Auf Gemarkung Wilferdingen gibt es dort „Klosteräcker“ und
einen „Galgenrain“. Ersingen kennt dort „Maulbronner Wiesen“. In beiden
Gemarkungen hatte also Maulbronn hier Besitz. 1267 und 1289 wurden die Ort-
schaften Ersingen und Bilfingen in Frauenalber Hoheit überstellt, 1289 auch das
65 Die Herren v. Enzberg verzogen an die obere Donau (KRW I, S. 496); OAB Ried-
lingen S. 904 kennt einen Klosterguardian in Konstanz namens Johann v. Enzberg (1461).
Stammbaum des Geschlechts bei Wißmann (wie Anm. 56) S. 82—86.
66 Siehe die Belege bei Krieger unter Neidlingen, Göbrichen, Kieselbronn und Dürrn,
bei KRW I unter Enzberg und Ötisheim.
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den. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Dagelfingens Verschwinden und
dem Aufstieg des Burgfleckens — zeitweise auch Stadt — Enzberg besteht gewiß.
Wer Zwing und Bann in Dagelfingen besaß, war zur Gründung der Burg Enz-
berg imstand. Die Gründung der Stadt Enzberg im 13. Jahrhundert, bei der
nach K. Weller die Grafen von Calw beteiligt waren, kann die endliche Absiedlung
Dagelfingens wohl herbeigeführt haben.
Aber leider haben wir zwischen 1100, da Dagelfingen noch existierte, und 1440,
als es schon wüst lag, keinen Quellenbeleg65. Vergessen wir auch nicht, daß zur
Zeit des Wüstwerdens der Herrenhof und der Kirchensatz zu Neidlingen gleich-
falls in den Händen der Enzberger waren. Nur können wir in Dagelfingen den
Absiedlungsvorgang nicht mehr fassen. Die frühere und die spätere Überliefe-
rung ist freilich bei Dagelfingen besser als bei Neidlingen. Wie, wenn man ver-
mutete, die Herren von Enzberg hätten gegen 1300 innerhalb ihres Herrschafts-
gebiets eine größere Umsiedlung unternommen? (Ähnliche Gedanken hatten wir
schon für die Umsiedlung im Remchinger Tal erwogen). Auch Göbrichen —
Neidlingens rechtliche Nachfolgegemeinde — weist bedeutenden Enzberger Be-
sitz auf. Nicht von der Hand weisen wird man eine Mitwirkung der von den
Herren so reich begüterten Klöster Maulbronn und Herrenalb66.
Vergleicht man Dagelfingen und Neidlingen im heutigen Zustand — Dagel-
fingens Areal mit Weide und Futtergetreidefeldern bis auf die Höhe des Hitz-
bergs hinauf gut genutzt, dagegen das öde liegende Gelände um den versiegten
einstigen Neidlinger Brunnen — so möchte man den Karst schon eher für das
Wüstwerden Neidlingens in entscheidendem Maße verantwortlich machen als in
Dagelfingen. Während in Neidlingen schon um die Siedlung herum, v. a. in
Oberneidlingen, der nackte Muschelkalk herausschaut, von dem sich Stauden,
Hecken und Kümmergras ernähren, findet man im Dagelfinger Gebiet nur in
der Tailfinger Rinne und im Ortsbachtal nackten Muschelkalk, gegen Dürrn,
v. a. aber gegen Enzberg zu, ist es die Sozialbrache, welche viele Grundstücke
wüst werden ließ. Ob die wesentlich größere Siedlung Neidlingen ihre landwirt-
schaftliche Nutzfläche durch Übernutzung im Lauf der 800 Jahre ihres Beste-
hens zerstört hat?
c) Bohningen, eine nur mit Hilfe der FIN erfaßte Siedlung
Von Ersingen zum Sperlingshof führt der „Bohninger Weg“. Am Sperlings-
hof selbst, einer Neugründung von 1720, bei deren Akten sich kein Vermerk
über eine abgegangene Siedlung befindet, liegt der Dreimärker Ersingen/Bilfin-
gen/Wilferdingen. Auf Gemarkung Wilferdingen gibt es dort „Klosteräcker“ und
einen „Galgenrain“. Ersingen kennt dort „Maulbronner Wiesen“. In beiden
Gemarkungen hatte also Maulbronn hier Besitz. 1267 und 1289 wurden die Ort-
schaften Ersingen und Bilfingen in Frauenalber Hoheit überstellt, 1289 auch das
65 Die Herren v. Enzberg verzogen an die obere Donau (KRW I, S. 496); OAB Ried-
lingen S. 904 kennt einen Klosterguardian in Konstanz namens Johann v. Enzberg (1461).
Stammbaum des Geschlechts bei Wißmann (wie Anm. 56) S. 82—86.
66 Siehe die Belege bei Krieger unter Neidlingen, Göbrichen, Kieselbronn und Dürrn,
bei KRW I unter Enzberg und Ötisheim.