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Schäfer, Alfons [Editor]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

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A. Bretten im frühen und hohen Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0030
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Aus den Urkunden von 1243 und 1277 geht ferner hervor, daß Graf Simon
von Zweibrücken-Eberstein von seinem Großvater Graf Eberhard von Eber-
stein das Lehen über die „St.-Stephans-Leute“ des Bistums Metz ultra Rhenum
— von Metz aus gesehen, also rechts des Rheins — geerbt habe. Wer waren
diese Leute? Es war im Mittelalter, vor allem im hohen Mittelalter, allgemein
üblich, die Hörigen von Klöstern und Bistümern, wozu auch die rechtlich un-
freien Ministerialen gehörten, nach dem Patron der betreffenden kirchlichen In-
stitution zu benennen. Die Hintersassen des Klosters Weißenburg waren die
homines sancti Petri, die St.-Peters-Leute, die von Lorsch die Leute des hl. Na-
zarius usw. Die St.-Stephans-Leute rechts des Rheins waren also die Leute,
die zur grundherrlichen Familie des Bistums Metz, dessen Hauptpatron der hl.
Stephan war, gehörten.
Wann hat das Bistum Metz diesen Fernbesitz im Kraichgau erhalten? Die Bi-
schofsstadt an der Mosel war im 7. Jahrhundert die Residenz der austrasischen
Merowinger-Könige und einer der wichtigsten Ausgangspunkte der frühen Ka-
rolinger, als deren Hausbistum man es geradezu bezeichnen kann. Enge Be-
ziehungen zwischen Metz und dem Bistum Speyer bestanden im 7. Jahrhundert6.
Schon in der Karolingerzeit läßt sich auch umfangreicher Besitz des Bistums
Metz im Wormsgau feststellen, der nach Auffassung der Forschung in das 7.
Jahrhundert zurückgeht. Er reihte sich vor allem entlang der im späteren Mittel-
alter als „Kaiserstraße“ bezeichneten großen Westostverbindung auf, die von
Metz über die Lauterner Senke nach Worms führte. Worms war in der fränki-
schen Zeit ein besonders wichtiger Punkt. Von hier nahmen schon in der Zeit
des Hausmaiers und späteren ersten karolingischen Königs Pippin die durch
den Kraichgau auf Alemannien gerichteten militärischen Aktionen ihren Aus-
gang. Seinen Höhepunkt erlebte Worms in den ersten drei Jahrzehnten der Re-
gierung Karls des Großen. Unter ihm fanden die fränkischen Reichs- und Heeres-
versammlungen mit großem Abstand an der Spitze in Worms statt. Bis zum
Brand der Pfalz im Winter 790/91 hatte Worms für Karl etwa die gleiche
Bedeutung wie von da an Aachen in den späteren Jahren seiner Regierung. Es
ist also kein Wunder, daß das Bistum Metz, mit dem die Karolinger von An-
fang an besonders eng verbunden waren, im 7. und 8. Jahrhundert an der
zum Mittelrhein führenden Straße mit Reichsbesitz ausgestattet wurde. Auch an-
dere fränkische Bistümer und Abteien, so etwa Tours, Reims, Verdun, St. De-
nis und Weißenburg erhielten durch vorwiegend königliche Schenkungen im 7./8.
Jahrhundert einen bis weit nach Thüringen und Alemannien sich erstreckenden
Besitz7. Die kirchlichen Institutionen wurden von den fränkischen Königen be-
wußt in den Dienst ihres Ausgreifens nach den ostrheinischen Landschaften ge-
stellt, um diese Gebiete in kirchlicher, politischer, wirtschaftlicher und kul-
tureller Hinsicht enger mit dem fränkischen Kerngebiet zu verbinden und zu
durchdringen. Außer in Richtung Wormsgau suchte Metz im 8. Jahrhundert auch
entlang der Straße, die von Lothringen über die Zaberner Steige nach Straß-
burg führte, Stützpunkte zu gewinnen.
6 A. Seiler, Studien zu den Anfängen der Pfarrei- und Landdekanatsorganisation in
den rechtsrheinischen Archidiakonaten des Bistums Speyer (= Veröffentlichungen der
Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen
10. Bd., 1959) S. 108. — Vgl. auch derselbe, Die Speyerer Diözesangrenzen rechts des
Rheins im Rahmen der Frühgeschichte des Bistums, in: 900 Jahre Speyerer Dom (1961)
S. 248. — Zum Folgenden vgl. die unter Anm. 4 genannten Arbeiten.
7 Vgl. A. Schäfer, Die Abtei Weißenburg und das karolingische Königtum, in: ZGO 114
(1966) S. 1 ff.

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