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Schäfer, Alfons [Editor]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

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C. Kriegsschicksale - Kirchengeschichte. Wirtschaftsleben im 16. und 17. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0248
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Die Rubrik „Küche“ (= Küche) umfaßte Einzelposten für allerlei „Grünes
Fischwerkh“, das von einzelnen Lieferanten gekauft wurde, für 100 Krebse, 100
Eier, für Butter, Salz, Zwiebeln, Essig, „frische“ Butter, grünes Kraut, weiße Rü-
ben, Kirschen, Holz und (Holz-)Kohlen.
Für den Keller wurden 46 Maß Wein zu einem halben Batzen sowie 24 Maß
„Fürstenwein“ gekauft, wovon 13 Maß allerdings je einen Batzen — d. h. doppelt
soviel wie der gewöhnliche Wein! — und der Rest je 10 Pf kosteten. Außerdem
wurden 10 Maß Bier erworben.
Unter der Rubrik „Speiscamer“ finden sich Ausgaben für Semmeln („Semellen“)
und Brot. Für die „Chammer“, d. h. für das Schlafgemach, wurden fünf Batzen
für Kerzenlicht ausgegeben. Als Futter für 31 Pferde wurden 5 Malter Hafer, das
Malter zu 221/2 Batzen, gekauft. Die „Extras“ betrafen 4fl 12 Batzen Trinkgeld,
wohl für den Pfarrer („in meins gnedigsten herrn herberge“), 1 fl 3 Batzen Trink-
geld für das Gesinde im Pfarrhaus und für die Herberge des Marschalls, der den
Herzog begleitete, 1 fl 9 Batzen für ein Buch, das der Herzog dem Pfarrer abkau-
fen ließ. Danach folgen Ausgaben, die auf der Reise nach Bretten während des
Tages anfielen, nämlich Fährgeld über den Rhein, wohl zwischen Speyer und
Rheinhausen, für den Herzog selbst, seinen Marschall und das Gesinde. Der Her-
zog hatte demnach, wie in früheren Zeiten bei hochgestellten Persönlichkeiten üb-
lich, keine drückende Gefangenschaft zu erleiden. Er hatte einen Marschall zu sei-
ner Verfügung, Gesinde zur Aufwartung, einen Sekretär und wohl auch einen
Geistlichen. Zu seinem Gefolge gehörten in Bretten nicht weniger als 31 Pferde.
Der Kaiser hielt den sächsischen Kurfürsten noch bis 1552 gefangen, obwohl die
deutschen Fürsten immer wieder auf seine Freilassung drängten 3.
Kaiser Karl V. kam noch ein zweites Mal durch Bretten, am 11. September
1552, diesmal an der Spitze eines mächtigen Heeres zum Krieg gegen den franzö-
sischen König, der die damals noch zum Deutschen Reich gehörenden Bistümer
Metz, Toni und Verdun besetzt hatte. Wiederum schlug er sein Nachtlager in
Bretten auf, während die Truppen — ein Völkergemisch aus Deutschen, Nieder-
ländern, Italienern und Spaniern — in der ganzen Umgebung im Quartier lagen
und auf der Brettener Gemarkung keinen geringen Schaden an den Feldfrüchten
anrichteten. Von Bretten zog der Kaiser mit seinem Heer weiter nach Straßburg,
Hagenau, Landau und Neustadt an der Weinstraße. Es war dies eine Demonstra-
tion der kaiserlichen Macht, die die Brettener gewiß nicht weniger beeindruckte als
der Durchzug von 1550 mit dem gefangenen Herzog Johann Friedrich von Sach-
sen.
5. Georg Schwartzerd — der Bruder Melanchthons und Schultheiß zu Bretten
als Beispiel und Exponent des kurpfälzischen „Beamtenpatriziates“
Im Jahre 1908 widmete kein Geringerer als D. Dr. Nikolaus Müller, Professor
der Theologie an der Universität Berlin, Ehrenbürger der Stadt Bretten, dem Bru-
der Melanchthons eine umfangreiche Biographie, die nicht nur eine heute noch gül-
tige Würdigung von Leben und Werk des Brettener Schultheißen und zugleich eine
Chronik der Familie Schwartzerd darstellt, sondern darüberhinaus auch eine der
zuverlässigsten und eigenständigsten Forscherleistungen zur Brettener Stadtgeschich-
3 B. Gebhardt, Handbuch der Deutschen Geschichte 8II (1955) S. 102.

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