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Schäfer, Alfons [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

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D. Kriege und Zerstörung Brettens im 17. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0332
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Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfuhr die Stadtverfassung eine kleine Än-
derung bzw. Ergänzung, die insofern Erwähnung verdient, als sich diese Er-
scheinung in vergleichbaren anderen pfälzischen Städten im allgemeinen erst
einige Jahrzehnte später fassen läßt. 1599 begegnet in der Repräsentation der
Brettener Stadtverwaltung nach dem Schultheißen der Anwalt40. Er steht dem
Range nach zwischen Schultheiß und Bürgermeister. Seine Funktion lag in der
Vertretung des abwesenden Schultheißen. Nach dem Brettener Dokumentenbuch
von 1689 wurde er von altersher aus dem Gericht gewählt, d. h. die Mitglieder
des Gerichts nominierten zwei aus ihrer Mitte, von denen der Oberamtmann
einen auswählte und in seinem Amt bestätigte41. Die Befugnisse waren bescheiden,
es scheint sich in der Hauptsache um einen Ehrenposten für ältere, verdiente
Gerichts- bzw. Ratsmitglieder gehandelt zu haben42.
Ebenfalls 1599 erwarb das Amt ein Haus in Bretten für den ansehnlichen Preis
von 1100 Gulden, das dem Amtsschultheißen zur ständigen Wohnung dienen
sollte. Diese Bezeichnung findet sich hier erstmals in Brettener Quellen für den
herrschaftlichen Schultheißen, womit auch in der Titulatur zum Ausdruck kommt,
daß der Brettener Schultheiß neben seinen Funktionen in der Stadt selbst auch
festumrissene Kompetenzen im ganzen Amtsbereich besaß: er ist neben dem
Oberamtmann zum Unteramtmann geworden43.
Der religiöse Gegensatz verschärfte sich in Deutschland in den letzten Jahrzehn-
ten vor dem Dreißigjährigen Kriege mehr und mehr. Der Kurpfalz, die schon
seit langem einen politischen Zusammenschluß der Protestanten anstrebte, gelang
es 1608, mit anderen süddeutschen Ständen - u.a. Baden-Durlach und Würt-
temberg - einen auf zehn Jahre befristeten Bund, die sogenannte Union, zu
gründen, dem sich bald der Großteil der protestantischen Fürsten und Städte
in Deutschland anschloß. Die katholischen Reichsstände gründeten ein Jahr spä-
ter unter bayrischer Führung die „Liga“ als Gegenbund.
1606 begann Friedrich IV., das Dorf Mannheim als Stadt und Festung auszu-
bauen; die höher gelegene Zitadelle erhielt nach ihrem Gründer den Namen
Friedrichsburg. Die nach niederländischem Vorbild angelegte Festung sollte der
Pfalz sowohl einen neuen Handelsplatz schaffen als auch die Stellung der Union
stärken. Im Gegenzug begann der zur Liga gehörende Bischof von Speyer, Phi-
lipp von Sötern, ab 1616 das Städtchen Udenheim, nach ihm seit 1623 in Phi-
lippsburg umbenannt, in eine Festung zu verwandeln44.
Kurz nach Gründung der Union starb 1610 Pfalzgraf Friedrich IV. Der Kur-
prinz, der nunmehrige Friedrich V., war erst vierzehn Jahre alt. Die Vormund-
schaft und Landesverwaltung übernahm, wie im Testament vorgesehen, Johann II.
40 BUB S. 178. Im Taufbuch wird Jakob Ruckenbrot bereits am 1.4.1585 als Schult-
heißen-Anwalt bezeichnet. — In Neustadt a. d. W. begegnet diese Titulatur erstmals
1632, sonst im allgemeinen erst nach dem Dreißigjährigen Krieg (vgl. P. Spieß, Verfas-
sungsentwicklung der Stadt Neustadt an der Weinstraße von den Anfängen bis zur
Französischen Revolution, 1970, S. 96).
44 StA B 4 S. 456.
42 So P. Spieß (Anm. 40) S. 97.
43 BUB S. 178. In der gleichen Urkunde von 1599 ist — wie auch früher schon — von
churfürstlicher Pfaltz ober- und underamptleuten zu Brettheim die Rede, womit der Vogt
bzw. Amtmann und der Schultheiß gemeint sind.
44 M. Schaab, in: Die Stadt Mannheim und die Gemeinden des Landkreises Mannheim,
= Die Stadt- und Landkreise Heidelberg und Mannheim, Amtliche Kreisbeschreibung III,
(1970) S. 33.

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