Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Alfons [Editor]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

DOI chapter:
D. Kriege und Zerstörung Brettens im 17. Jahrhundert
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0345
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ten, der herrschaftliche Schultheiß und der jeweils unter Mitwirkung des Lan-
desherrn bestellte Stadtschreiber, Umsturz, Herrschafts- und Konfessionswechsel
1622 überstanden hatten. Man gewinnt überhaupt den Eindruck, daß die baye-
rischen Räte in Heidelberg keine fanatischen Rekatholisierer waren, sondern daß
sie erst von München und von klerikaler Seite her zu schärferen Maßnahmen
gedrängt werden mußten.
Glücklicherweise hat sich ein eigenhändig geschriebener Brief des Amtmanns von
Pfeilberg erhalten, worin er dem Bayernherzog eine ausführliche Schilderung
der Stimmung in Bretten gibt. Das Schriftstück ist undatiert, setzt aber den Brief
des Jesuiten Crapolius von 1624 und die darauf von München ergangene Ver-
fügung voraus25.
Der bayerische Amtmann hatte demnach wegen seines Rekatholisierungseifers in
Bretten einen schweren Stand. Als er die Prädikanten abgesetzt und die Schu-
le mit „gelehrten katholischen Schulmeistern versehen“ hatte, protestierte die
Bürgerschaft dagegen sowohl bei der bayerischen Administration in Heidelberg
wie bei Tilly, an beiden Stellen allerdings ohne Erfolg. Man darf daraus viel-
leicht den Schluß ziehen, daß Tilly den Brettenern bei der kampflosen Über-
gabe die freie Religionsausübung zugestanden hatte. Im übrigen arbeitete der
Amtmann eng mit den Bruchsaler Jesuiten zusammen. Es läge - so schreibt
er dem Herzog - noch ein harter Stein im Weg, solange die zwei abgesetzten
Prädikanten nicht ganz aus der Stadt fortgeschafft und der Amtsschultheiß und
der Stadtschreiber als Erzkalvinisten nicht ihres Amtes enthoben seien.
Der Schultheiß sei Geheimer Kammerdiener und engster Vertrauter des ver-
triebenen Pfalzgrafen, des Winterkönigs, gewesen, habe diesem von Jugend auf ge-
dient und sei auch nach Antritt seines Dienstes in Bretten noch mit ihm ge-
reist. Er sei der Sohn des noch im Amt befindlichen Heidelberger Rechenschrei-
bers. Dieser sei mit seinem Glaubensgenossen, dem Rat Dr. Johann Adam Becht,
befreundet, so daß der Brettener Amtsschultheiß über alle Vorgänge in Kanz-
lei und Rat zu Heidelberg bestens informiert werde. Schlimmer noch: Er liege
seinen Mitbürgern in den Ohren, sie sollen bey ihrer Relligion steif verbleiben.
Schon bereite sich gottlob Mansfeld vor, die Pfalz wieder zurückzuerobern.
Dann werde es Köpfe kosten. Etliche Bürger hätten sich verlauten lassen, daß
sie für diesen Fall helfen wollten, Katholiken und Lutheranern die Hälse entzwei-
zuschlagen. Diejenigen, die mit ihrer Familie bereits katholisch geworden seien,
getrauten sich kaum, über die Straße zu gehen, so würden sie von ihren Mit-
bürgern beschimpft. Der Amtmann erbot sich, die Rädelsführer behutsam aus dem
Weg zu räumen, falls der Herzog ihm insgeheim eine entsprechende Instruk-
tion zukommen lasse. Mit der Bürgerschaft habe er es ohnehin verdorben. Aber
auch beim Adel der Umgebung habe er sich durch seinen Rekatholisierungs-
eifer viele Feinde gemacht. So habe er einen Herrn von Fechenbach für die ka-
tholische Religion gewonnen. Dieser halte sich in seinem (des Amtmanns) Hause
in Bretten auf, da er sich vor seiner Verwandtschaft kaum noch sehen lassen
dürfe. Auch dessen Vetter, einen Herrn von Heimstatt, habe er zum Konfes-
sionswechsel bewegen können.
Mit den Kalvinisten im Amt Bretten habe er sich auch deswegen sehr ver-
feindet, weil er das außen am Brettener Kirchturm angebrachte Bild ihres
„Abgotts“ Philipp Melanchthon habe übertünchen und an seine Stelle das Bild
25 Staatsarchiv Speyer A 31 (Bayerische Unterpfalz)/!5.

337
 
Annotationen