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Schäfer, Alfons [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Bretten: von den Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1689 — Oberrheinische Studien, Band 4: Karlsruhe: Braun [in Komm.], 1977

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D. Kriege und Zerstörung Brettens im 17. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.52722#0382
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reits erwähnten zehn Witwen auch vier als Boten angestellte Bürger, deren Ver-
mögen ebenfalls minimal war. Zwei Bürger lebten von Almosen, d. h. vom Bet-
tel und der städtischen Fürsorge.
Zu den Höchstbesteuerten — vier Gulden monatlich und mehr — gehörten
Jakob Michault, Christoph Wörner, Johann Ernst Saltzer, der Metzger Hans
Torwarth, Hans Michael Hun, Hans Georg Fink, Hans Michael Goldschmidt,
Georg Hasenauge, der herrschaftliche Hofmann Hans Strauß, Hans Wilhelm Tor-
warth, Hans Leonhard Zonsius (der Sohn des früheren Brettener Pfarrers) und
Philipp Wendel Sauer.
Wir bemerkten schon, daß von den wohlhabenden Brettener Bürgern, die 1628
wegen der bayerischen Rekatholisierungsmaßnahmen die Stadt verlassen hatten,
nach 1649 kaum jemand zurückgekehrt ist. Dies wird durch eine sehr interes-
sante Eingabe der Stadt an den Pfalzgrafen vom Jahre 1654 bestätigt3. Darin
bat die Bürgerschaft ihren Landesherrn, ihr von allen wegziehenden Bürgern ei-
ne zwölfprozentige „Nachsteuer“ auf deren Vermögen zu bewilligen. Das be-
traf jedoch weniger die damals die Stadt Verlassenden als alle diejenigen, die
ante motus bellicos — vor dem Krieg - Bürger waren und seitdem wegge-
zogen waren. Ausdrücklich erwähnt werden dabei diejenigen, die vor 26 Jahren
aus Religionsgründen die Stadt verlassen und ins Herzogtum Württemberg gezogen
seien, nachdem sie - alß sie gesechen, wo hinaus es gewolt — zuvor ihre lie-
genden Güter um einen hohen Preis an die Zurückbleibenden verkauft, der Stadt
auch große Anleihen gewährt, im übrigen aber ihre reiche Fahrhabe und ihre
aus dem Güterverkauf erzielten Vermögen mitgenommen hatten. Andere hatten
wenigstens einen Teil ihrer Liegenschaften in der Stadt zurückgelassen. Jetzt
forderten sie oder die Erben die rückständigen und laufenden Zinsen für ihre
Anleihen. Die Stadt weigerte sich nicht, die Zinsen zu bezahlen, obwohl der
Zinsendienst 1650 höher war als die städtischen Einnahmen. Man hielt es aber
für billig, die Emigrierten nachträglich dadurch an den Kriegskosten zu beteili-
gen, daß man ihnen eine zwölfprozentige Vermögenssteuer auferlegte. Außer zur
Schuldentilgung sollten diese Mittel auch zur Wiederherstellung der städtischen
Gebäude und der Befestigungsanlagen verwendet werden, die sich in einem
schlechten Zustand befanden, da während des Krieges lange Zeit keine Repara-
turen vorgenommen wurden.
Der Pfalzgraf gewährte den Brettenern ihre Bitte auf Widerruf. Die Stadt be-
dankte sich dafür in einem Schreiben vom 19. August 1654, trug dabei aber
gleich ein neues Anliegen vor. Der vorletzte bayerische Amtsschultheiß Jakob
Michault, der in Bretten umfangreichen Besitz erworben hatte, wäre streng ge-
nommen nicht unter den Erlaß gefallen, da er erst während des Krieges zuge-
zogen war. Er hatte sich jetzt in Lauterburg niedergelassen, und der Stadt
drohte bei seinem unbesteuerten Wegzug ein nicht unbeträchtlicher Ausfall. Die
Stadtverwaltung führte an, daß Michault 1634 ohne Vermögen nach Bretten
gekommen sei, inzwischen hier aber „ein schönes Gut und reiche Mobilien“
erworben habe. Allein von einem aus dem Veltlin gekommenen Neubürger habe
er durch einen Verkauf - wahrscheinlich für ein Haus - 3900 Gulden bares
Geld erlöst. Auch dieser Antrag wurde den Brettenern in Anbetracht der beson-
deren Umstände von Heidelberg bewilligt.

3 GLA 132/1.

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