Die Stunde Null
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von Saarland, Siegerland und Westerwald bekamen Schuhe aus Südafrika; Spa-
nien schloß seine Deutschlandhilfe mit einer Gabe von 200 Tonnen Apfelsinen
ab, die durch Caritasverband und Evangelisches Hilfswerk an die Bevölkerung der
drei Westzonen verteilt werden sollten; in Norwegen fanden Fischsammlungen
statt, welche die dortige „Kirchliche Nothilfe“ über ihre Deutschlandvertretung
in Freiburg zur Verteilung brachte, bevorzugt in der französischen Zone; groß-
zügige Fett- und Fleischspenden trafen alljährlich zu Weihnachten aus dem katho-
lischen Irland ein, dem Caritasverband zur Weitergabe zugesandt42.
Die humanitäre Deutschlandhilfe des Auslands war gespeist aus der Opferbereit-
schaft von Millionen Menschen, war getragen, organisiert und forciert durch über
200 Hilfswerke in rund 30 Ländern der Welt. Von diesen waren weitaus die
meisten religiösen Charakters: evangelische, katholische, freikirchliche Organi-
sationen und Gruppierungen. Ganz eindeutig war christliche Solidarität das be-
herrschende Motiv für all diese Hilfen, gelegentlich in Verbindung mit geo-
graphisch-nachbarlicher Sichtweise, öfters auch verflochten mit dem Bewußtsein
nationaler Zusammengehörigkeit (bei deutschen Gemeinden im Ausland). Der
Anteil der deutschen Wohlfahrtsverbände, der katholischen Caritas und des
Evangelischen Hilfswerkes, am Zustandekommen der Liebesgabenaktionen war
ein doppelter. Sie setzten mit aktuellen und wirklichkeitsnahen Berichten ihre
ausländischen Partner in die Lage, der Bevölkerung in ihrem Lande die in Deutsch-
land herrschende Not vor Augen zu führen, vorstellbar zu machen und so über-
haupt erst ein Helfenwollen auszulösen. Zum andern waren sie von der Geber-
seite beauftragt, erst alleine, später mit den wiedergegründeten Verbänden Ar-
beiterwohlfahrt und Rotes Kreuz, sämtliche ausländischen Spenden verantwortlich
zu übernehmen. Sie hatten sie dann auf raschem und korrektem Wege an die
meist vorbestimmten Empfänger weiterzuleiten und den Nachweis hierüber vor
Spendern, Besatzungs- und Zollbehörden zu erbringen. Von den 600 000 Tonnen
Hilfsgütern, die bis zum Abschluß der Auslandshilfe 1962 nach Deutschland
gelangten und die einen Gegenwert von über 1,2 Milliarden Mark darstellten,
haben die beiden konfessionellen Wohlfahrtsverbände jeweils mindestens ein
Viertel zur Verteilung gebracht43.
Sorge für den heimatlosen Menschen
In ihrer ersten Phase ist die ausländische Spendenhilfe als Sofortmaßnahme ge-
dacht gewesen, die zweifellos ungezählten Menschen das Überleben erleichtert,
wenn nicht erst ermöglicht hat. Sie endete 1949/50, als man im Ausland kritisch und
aufmerksam eine hinlängliche wirtschaftliche Lageverbesserung in Deutschland zur
Kenntnis nahm. Während kleine, ärmere Länder ihre Hilfe deshalb einstellten,
42 Ebenda, Dok. Nr. 131; S. 55, 42, 38 f.
43 Ebenda, S. 30.
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von Saarland, Siegerland und Westerwald bekamen Schuhe aus Südafrika; Spa-
nien schloß seine Deutschlandhilfe mit einer Gabe von 200 Tonnen Apfelsinen
ab, die durch Caritasverband und Evangelisches Hilfswerk an die Bevölkerung der
drei Westzonen verteilt werden sollten; in Norwegen fanden Fischsammlungen
statt, welche die dortige „Kirchliche Nothilfe“ über ihre Deutschlandvertretung
in Freiburg zur Verteilung brachte, bevorzugt in der französischen Zone; groß-
zügige Fett- und Fleischspenden trafen alljährlich zu Weihnachten aus dem katho-
lischen Irland ein, dem Caritasverband zur Weitergabe zugesandt42.
Die humanitäre Deutschlandhilfe des Auslands war gespeist aus der Opferbereit-
schaft von Millionen Menschen, war getragen, organisiert und forciert durch über
200 Hilfswerke in rund 30 Ländern der Welt. Von diesen waren weitaus die
meisten religiösen Charakters: evangelische, katholische, freikirchliche Organi-
sationen und Gruppierungen. Ganz eindeutig war christliche Solidarität das be-
herrschende Motiv für all diese Hilfen, gelegentlich in Verbindung mit geo-
graphisch-nachbarlicher Sichtweise, öfters auch verflochten mit dem Bewußtsein
nationaler Zusammengehörigkeit (bei deutschen Gemeinden im Ausland). Der
Anteil der deutschen Wohlfahrtsverbände, der katholischen Caritas und des
Evangelischen Hilfswerkes, am Zustandekommen der Liebesgabenaktionen war
ein doppelter. Sie setzten mit aktuellen und wirklichkeitsnahen Berichten ihre
ausländischen Partner in die Lage, der Bevölkerung in ihrem Lande die in Deutsch-
land herrschende Not vor Augen zu führen, vorstellbar zu machen und so über-
haupt erst ein Helfenwollen auszulösen. Zum andern waren sie von der Geber-
seite beauftragt, erst alleine, später mit den wiedergegründeten Verbänden Ar-
beiterwohlfahrt und Rotes Kreuz, sämtliche ausländischen Spenden verantwortlich
zu übernehmen. Sie hatten sie dann auf raschem und korrektem Wege an die
meist vorbestimmten Empfänger weiterzuleiten und den Nachweis hierüber vor
Spendern, Besatzungs- und Zollbehörden zu erbringen. Von den 600 000 Tonnen
Hilfsgütern, die bis zum Abschluß der Auslandshilfe 1962 nach Deutschland
gelangten und die einen Gegenwert von über 1,2 Milliarden Mark darstellten,
haben die beiden konfessionellen Wohlfahrtsverbände jeweils mindestens ein
Viertel zur Verteilung gebracht43.
Sorge für den heimatlosen Menschen
In ihrer ersten Phase ist die ausländische Spendenhilfe als Sofortmaßnahme ge-
dacht gewesen, die zweifellos ungezählten Menschen das Überleben erleichtert,
wenn nicht erst ermöglicht hat. Sie endete 1949/50, als man im Ausland kritisch und
aufmerksam eine hinlängliche wirtschaftliche Lageverbesserung in Deutschland zur
Kenntnis nahm. Während kleine, ärmere Länder ihre Hilfe deshalb einstellten,
42 Ebenda, Dok. Nr. 131; S. 55, 42, 38 f.
43 Ebenda, S. 30.