Monarch, Hofgesellschaft und höfische Ökonomie
Wirtschaft und Gesellschaft in neuzeitlichen Residenzen
VON PETER CLAUS HARTMANN
Heutzutage kämpft jede größere Stadt um die Erhaltung von Hauptstadt- und Zentralortfunk-
tionen, da die Beamten einen wichtigen gesellschaftlichen Faktor darstellen und sich aus der
Hauptstadtfunktion zahlreiche wirtschaftliche Vorteile und Impulse ergeben. Letzteres gilt in
noch viel höherem Maße für die Residenzen des Ancien Regime und der konstitutionellen
Monarchie, da sie und der Hof gesellschaftliche und wirtschaftliche Zentren erster Ordnung
darstellten; denn die Höfe repräsentierten besonders im Zeitalter des Absolutismus den
jeweiligen Mittelpunkt des Staates, um den sich die gesellschaftliche und machtpolitische Elite
scharte, außerdem das jeweils politische und verwaltungstechnische Zentrum, die Kultur- und
Kunstmetropole des Landes.
Im Zeitalter des Absolutismus gab es in Europa eine Vielzahl von Höfen, angefangen vom
prachtvollsten und größten eines Ludwig XIV. in Versailles bis hin zu den geistlichen Höfen
und denen kleiner Fürsten, ja Reichsritter, im Alten Reich1. Im 19. Jahrhundert verringerte
sich die Zahl der Höfe erheblich. Aber die Verbleibenden behielten neben ihrer politischen
Bedeutung wie im Ancien Regime eine zentrale gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktion,
die im folgenden an einigen Beispielen näher beleuchtet werden soll.
I
Zunächst sei ein Blick auf die gesellschaftlichen Funktionen der Residenzen geworfen. In der
Residenzstadt hielt sich der Monarch, mit ihm der Hof und gleichzeitig die Spitzen von
Beamtenschaft und Bürokratie auf. In allen größeren Staaten und Territorien des Ancien
Regime bildete der Monarch und, soweit vorhanden, seine Familie die Spitze der Gesell-
schaftspyramide. Eng verbunden mit dem Monarchen und gleichsam wie die Planeten um ihn
kreisend, folgte der Hof mit Hofstaat und Ehrenämtern. Dieser Hof wurde im Zeitalter des
»Absolutismus« immer größer und prächtiger und erreichte seine beste Ausprägung im
Versailles eines Ludwig XIV., der nicht von ungefähr die Sonne als Symbol für seine
»absolutistische« Königsherrschaft und seinen Herrschaftsanspruch auswählte2.
Gerade im Zeitalter des »Absolutismus« wurde, wie Norbert Elias und Jürgen Freiherr
von Kruedener hervorgehoben haben, der Hof als Herrschaftsinstrument zur Beherrschung
der Untertanen, aber besonders auch des Adels bewußt eingesetzt. Es gelang den Monarchen,
wenigstens teilweise den mächtigen Adel, das heißt den Herrschaftskonkurrenten im Lande,
1 Vgl. dazu H. Schilling, Höfe und Allianzen. Deutschland 1648-1763, Berlin 1989, S. 16ff.
2 J.Longon (Hg.), Memoires de Louis XIV, Paris 1978, S. 136.
Wirtschaft und Gesellschaft in neuzeitlichen Residenzen
VON PETER CLAUS HARTMANN
Heutzutage kämpft jede größere Stadt um die Erhaltung von Hauptstadt- und Zentralortfunk-
tionen, da die Beamten einen wichtigen gesellschaftlichen Faktor darstellen und sich aus der
Hauptstadtfunktion zahlreiche wirtschaftliche Vorteile und Impulse ergeben. Letzteres gilt in
noch viel höherem Maße für die Residenzen des Ancien Regime und der konstitutionellen
Monarchie, da sie und der Hof gesellschaftliche und wirtschaftliche Zentren erster Ordnung
darstellten; denn die Höfe repräsentierten besonders im Zeitalter des Absolutismus den
jeweiligen Mittelpunkt des Staates, um den sich die gesellschaftliche und machtpolitische Elite
scharte, außerdem das jeweils politische und verwaltungstechnische Zentrum, die Kultur- und
Kunstmetropole des Landes.
Im Zeitalter des Absolutismus gab es in Europa eine Vielzahl von Höfen, angefangen vom
prachtvollsten und größten eines Ludwig XIV. in Versailles bis hin zu den geistlichen Höfen
und denen kleiner Fürsten, ja Reichsritter, im Alten Reich1. Im 19. Jahrhundert verringerte
sich die Zahl der Höfe erheblich. Aber die Verbleibenden behielten neben ihrer politischen
Bedeutung wie im Ancien Regime eine zentrale gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktion,
die im folgenden an einigen Beispielen näher beleuchtet werden soll.
I
Zunächst sei ein Blick auf die gesellschaftlichen Funktionen der Residenzen geworfen. In der
Residenzstadt hielt sich der Monarch, mit ihm der Hof und gleichzeitig die Spitzen von
Beamtenschaft und Bürokratie auf. In allen größeren Staaten und Territorien des Ancien
Regime bildete der Monarch und, soweit vorhanden, seine Familie die Spitze der Gesell-
schaftspyramide. Eng verbunden mit dem Monarchen und gleichsam wie die Planeten um ihn
kreisend, folgte der Hof mit Hofstaat und Ehrenämtern. Dieser Hof wurde im Zeitalter des
»Absolutismus« immer größer und prächtiger und erreichte seine beste Ausprägung im
Versailles eines Ludwig XIV., der nicht von ungefähr die Sonne als Symbol für seine
»absolutistische« Königsherrschaft und seinen Herrschaftsanspruch auswählte2.
Gerade im Zeitalter des »Absolutismus« wurde, wie Norbert Elias und Jürgen Freiherr
von Kruedener hervorgehoben haben, der Hof als Herrschaftsinstrument zur Beherrschung
der Untertanen, aber besonders auch des Adels bewußt eingesetzt. Es gelang den Monarchen,
wenigstens teilweise den mächtigen Adel, das heißt den Herrschaftskonkurrenten im Lande,
1 Vgl. dazu H. Schilling, Höfe und Allianzen. Deutschland 1648-1763, Berlin 1989, S. 16ff.
2 J.Longon (Hg.), Memoires de Louis XIV, Paris 1978, S. 136.