KURPFÄLZISCHE NORMEN ZU ARMUT UND FÜRSORGE IM 16. JAHRHUNDERT
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dräuet, welche sich deren nicht annemen, sondern dieselbigen hunger, durst, blosse oder
andere mangel leiden lassen, müssten bey disen geschwinden, theuren Zeiten, da der armen
sehr viel und die liebe fast bey menniglichen erkaltet, wo nicht gar erloschen,20 desto fleis-
siger uf mittel und weg bedacht... sein, wie die armen besser, dann biß dahero beschehen,
versorget werden.
Alle Amtsträger von den Richtern bis zum Hofgesinde waren angesprochen, durch
Verlesung in den Kirchen und als Druck sollte die Ordnung weithin bekannt gemacht
werden.
Nur solche Personen durften Almosen entgegennehmen, die sich durch ein zaichen
ausweisen konnten.21 1570 bestimmte die Almosenordnung,22 dass gar arme, alte, schwa-
che und krancke leuth, so sich ire tag frumlich und mit treuer arbait oder dinst gehalten,
welche keine guter oder underhaltung bei iren freunden haben und noch nicht im Spital
untergebracht werden konnten, aus dem Almosenkasten versorgt werden sollten.
Eine besondere Gruppe bildeten die, die haußarm sein, weib und kinder haben, sich
frumblich halten und zu arbeiten begeren, aber gleichwol mit irer arbait nit erneren kun-
nen, denselbigen soll das almusen geraicht werden nach gestalt und gelegenhait der Perso-
nen armut und erkhandtnus der almusenpfleger, sofer anderst solliche personen eines auf-
richtigen und züchtigen lebens und dasselbige under der bürgerschaft herbracht, und
sollen diesepersonen ein bettelzeichen tragen.
Außerhalb beweglicher ehaften und sonderer not durften die Amtsleute keinen Bettel-
brief ausstellen. Erhaltene Bettelbriefe weiterzuverkaufen untersagte die Almosenord-
nung von 1574 ausdrücklich.23 Rechte Arme sollten künftig nicht höchlich und unchristli-
cher weise veracht und versäumet werden, sondern Almosen erhalten. Sie könnten jedoch
nur versorgt werden, wo ... gegen den starcken, unfugsamen bettler ernstliche execution
und handthab fürgenommen und das almusen durch sie nicht betrogen werde. Aufgabe
des Schultheissen war es, die faulen Bettler2'* auszumachen, erbbettler und angemaßte
Arme des Landes zu verweisen. Arme Fremde dagegen waren zu befragen, und wenn sie
aufrichtig Not litten, sollten sie versorgt, dann aber mit der nächsten Fuhr zu Freunden
gebracht werden, von welchen sie Hilfe zu erwarten hätten. Fremde Bettler wurden
grundsätzlich in der Pfaltz (nit) geduldet, sondern abgeschafft ... und daraus gewiesen,
doch mit etwas gaab nach jedes gelegenhait.25
Als unterstützungswürdige Hausarme galten wiederum die, die durch leibsschwach-
heit, Unfall, mißwachß, krieg, brand, alter, viele der Kinder und was dergleichen mehr
redliche Ursachen in dieser gebrechlichen weit in Not gerieten. Ihre Hausherren wurden
20 Matthäus 24 Vers 13: Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhandnehmen, wird die Liebe in
vielen erkalten.
21 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 428.
22 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 444, dort auch die folgenden Zitate.
23 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 480.
24 Die Almosenordnung von 1574 verwies auf Paulus (1. Tim. 5, 8) und die erfarung. Durch beide
werde man belehrt, daß die, so die iren, sonderlich ire haußgenossen nicht versorgen, den glau-
ben verleugnet haben und ergersind dann die beiden, Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 464,
Zitate S. 462,461.
25 Formulierung der Heidelberger Almosenordnung von 1570, Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10),
S. 443.
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dräuet, welche sich deren nicht annemen, sondern dieselbigen hunger, durst, blosse oder
andere mangel leiden lassen, müssten bey disen geschwinden, theuren Zeiten, da der armen
sehr viel und die liebe fast bey menniglichen erkaltet, wo nicht gar erloschen,20 desto fleis-
siger uf mittel und weg bedacht... sein, wie die armen besser, dann biß dahero beschehen,
versorget werden.
Alle Amtsträger von den Richtern bis zum Hofgesinde waren angesprochen, durch
Verlesung in den Kirchen und als Druck sollte die Ordnung weithin bekannt gemacht
werden.
Nur solche Personen durften Almosen entgegennehmen, die sich durch ein zaichen
ausweisen konnten.21 1570 bestimmte die Almosenordnung,22 dass gar arme, alte, schwa-
che und krancke leuth, so sich ire tag frumlich und mit treuer arbait oder dinst gehalten,
welche keine guter oder underhaltung bei iren freunden haben und noch nicht im Spital
untergebracht werden konnten, aus dem Almosenkasten versorgt werden sollten.
Eine besondere Gruppe bildeten die, die haußarm sein, weib und kinder haben, sich
frumblich halten und zu arbeiten begeren, aber gleichwol mit irer arbait nit erneren kun-
nen, denselbigen soll das almusen geraicht werden nach gestalt und gelegenhait der Perso-
nen armut und erkhandtnus der almusenpfleger, sofer anderst solliche personen eines auf-
richtigen und züchtigen lebens und dasselbige under der bürgerschaft herbracht, und
sollen diesepersonen ein bettelzeichen tragen.
Außerhalb beweglicher ehaften und sonderer not durften die Amtsleute keinen Bettel-
brief ausstellen. Erhaltene Bettelbriefe weiterzuverkaufen untersagte die Almosenord-
nung von 1574 ausdrücklich.23 Rechte Arme sollten künftig nicht höchlich und unchristli-
cher weise veracht und versäumet werden, sondern Almosen erhalten. Sie könnten jedoch
nur versorgt werden, wo ... gegen den starcken, unfugsamen bettler ernstliche execution
und handthab fürgenommen und das almusen durch sie nicht betrogen werde. Aufgabe
des Schultheissen war es, die faulen Bettler2'* auszumachen, erbbettler und angemaßte
Arme des Landes zu verweisen. Arme Fremde dagegen waren zu befragen, und wenn sie
aufrichtig Not litten, sollten sie versorgt, dann aber mit der nächsten Fuhr zu Freunden
gebracht werden, von welchen sie Hilfe zu erwarten hätten. Fremde Bettler wurden
grundsätzlich in der Pfaltz (nit) geduldet, sondern abgeschafft ... und daraus gewiesen,
doch mit etwas gaab nach jedes gelegenhait.25
Als unterstützungswürdige Hausarme galten wiederum die, die durch leibsschwach-
heit, Unfall, mißwachß, krieg, brand, alter, viele der Kinder und was dergleichen mehr
redliche Ursachen in dieser gebrechlichen weit in Not gerieten. Ihre Hausherren wurden
20 Matthäus 24 Vers 13: Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhandnehmen, wird die Liebe in
vielen erkalten.
21 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 428.
22 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 444, dort auch die folgenden Zitate.
23 Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 480.
24 Die Almosenordnung von 1574 verwies auf Paulus (1. Tim. 5, 8) und die erfarung. Durch beide
werde man belehrt, daß die, so die iren, sonderlich ire haußgenossen nicht versorgen, den glau-
ben verleugnet haben und ergersind dann die beiden, Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10), S. 464,
Zitate S. 462,461.
25 Formulierung der Heidelberger Almosenordnung von 1570, Goeters, Kurpfalz (wie Anm. 10),
S. 443.