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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Schneider, Robert von: Oinochoe aus Eretria
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0156

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Gebrauch bestimmten irdenen Töpfen zu erzeugen liebt. In den Zeiten der höchsten
Vervollkommnung hellenischer Kunst waren es zwei trotz des gleichen Stoffes, den
sie verarbeiteten, in ihrem Betriebe nicht durchaus identische Handwerke, die wie
um die Wette dergleichen als menschliche und thierische Figuren gestaltete Vasen
in verschiedener Größe auf den Markt brachten, vielfach auch zu gemeinsamem
Schaffen sich hiebei vereinigt zu haben scheinen. Die Hohlformen für die organi-
schen Gebilde, die der Töpfer an seinen Gefäßen verwandte, erhielt er von dem
Koroplasten gleichsam im Tausch gegen die Mundstücke und Henkel, die dieser für
seine zu Ol- und Salbfläschchen umgestalteten Figürchen bedurfte, welch letztere
wiederum der Vasenmaler, falls sich Raum dafür bot, mit seinen Eierstab- und
Rankenornamenten versah. Eine weitgehende Theilung der Arbeit in den
keramischen Werkstätten der Alten ist vorauszusetzen und durch ihre bildlichen
Darstellungen auf den Vasen selbst auch bezeugt. Gleichwohl möchte man
geneigt sein, diese Groteskbildungen in die beiden natürlichen Gattungen zu
sondern, und der Versuch, hier zu unterscheiden, dürfte schwerlich in vielen
Fällen missglücken.5) Denn wenn der Koroplaste den Hohlraum seiner Statuette
zum Behälter machte und ihn alsdann mit einer Mündung und allenfalls mit einer
Handhabe ausstattete, so geschah dies mehr zu gefälligem Scherze als zu wirk-
licher Nutzung, während der Töpfer bei allem spielenden Umformen und Aus-
gestalten des Topfes und seiner Theile nicht dessen Eignung zum Gebrauche außer-
acht lassen mochte. So verhüllen und verleugnen seine Erzeugnisse nicht ihren
Zweck, und im Gegensatze zu jenen des Koroplasten walten über sie die für alle
Gefäße geltenden tektonischen Gesetze. Von diesem Gesichtspunkte aus gibt
sich die Oinochoe aus Eretria als Werk eines Töpfers zu erkennen und will als
solches beurtheilt werden.

Sehen wir von einigen jeder Regel spottenden Bizarrerien ab, so sind
es drei oder vier Gattungen von Kopfgefäßen, die seit den letzten Decennien
des sechsten Jahrhunderts3) in attischen Töpfereien erzeugt wurden: das Trink-
horn in Form verschiedener Thierköpfe, insbesondere von solchen mit spitzer
Schnauze, da es seiner Bestimmung nach spitz zulaufen sollte; der zweihenklige
Becher mit zwei hermenartig aneinander geschlossenen, nach entgegengesetzten
Seiten blickenden Köpfen, zumeist des Silens und einer Nymphe; der einhenklige

2) Vgl. auch M. Collignons Bemerkungen in den
Monuments grecs publies par Fassociation pour
l'encouragement des etudes grecques en France vol.
II nos 23—25 1897) S. 60 f. 66 f.

3) Mittheilungen des deutschen archäologischen
Instituts, römische Abtheilung, Band V 1890 S. 318 f.
(E. Reisch).
 
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