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XV. Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Ephesos
IO
quadratischer Innenraum an der Südwestseite
durch eine Apsis erweitert und an der Gegenseite
durch eine Eingangstür zugänglich war. Da
die Schwelle dieser Tür etwa 0'9 m höher liegt
als das äußere Bodenniveau, muß an der
Nordostseite eine jetzt zerstörte Treppe oder
eine kleine Terrasse mit Treppenaufgang ver-
mutet werden. Durch eine zweite Tür konnte
man von Südosten in einen kleinen Nebenraum
der Apsis gelangen, während in dem ab-
geschrägten Westeck eine weitere Pforte zu
einer sorgfältig hergestellten Wendeltreppe
Zugang gab (Abb. 4), die nur in ein Ober-
geschoß oder aber zu einem über dem Dache
eingerichteten Solarium geführt haben kann.
Für die Konstruktion des Daches hat das Schutt-
material keinerlei Anhaltspunkte geliefert. Bei
der nächstliegenden Annahme eines Tonnen-
gewölbes würde die besondere Stärke der Tür-
wand nur dann eine Erklärung finden, wenn man
den Scheitel der Tonne parallel zu dieser laufen
ließe. Wie der aus Ziegelplatten bestehendeFuß-
boden nur in geringen Resten erhalten ist,
so weist auch der sonstige Befund im Innern
des Grabhauses auf gewaltsame Zerstörung
und Ausplünderung auf Baumaterial hin. Da
die überall verstreuten, meist sehr kleinen
Fragmente der Kasten drei verschiedenen
Sarkophagen anzugehören scheinen und da
die beiden im Vorberichte abgebildeten Deckel
südöstlich der Mitte des Innenraumes hoch-
kant aneinandergelehnt vorgefunden worden
sind, kann man sich den Vorgang bei der
Zerstörung und Ausplünderung etwa folgender-
maßen vorstellen. Zunächst wurden die schwe-
ren Deckel von den Kasten der Sarkohpage, die
in den Nischen der Seitenwände bzw. in der
Apsis aufgestellt waren, heruntergeschoben,
wobei der des linken und des mittleren Sarko-
phags, um Platz zu schaffen, aneinandergelehnt
wurden; dann hat man die Kasten, die man
wegen ihres riesigen Gewichtes nicht trans-
portieren konnte, in Stücke geschlagen und
diese großenteils aus dem Grabhause heraus-
geworfen, so daß von uns nur ein geringer
Bruchteil wiedergefunden werden konnte;
schließlich hat man das verwendbare Bau-
material, die Fußbodenziegel, die Verkleidungs-
platten und Schmuckreliefs der Wände und ei-
nige der unter den Sarkophagen liegenden
Sockelplatten weggeholt.
Die Zerstörung und der Verlust eines großen
Teils der Bruchstücke lassen eine auch nur
annähernd vollständige Wiederherstellung der
Sarkophagkasten und ihrer Reliefdarstellungen
leider als aussichtslos erscheinen. Immerhin
ist es vielfachen Bemühungen namentlich
Miltners bereits gelungen, durch Zusammen-
setzungen einige größere Stücke zu gewinnen
... . I . Γ ■ Γ , Γ . r-
3: Grabhaus der CI. Tatiana; Grundriß.
und eine Verteilung der einzelnen Bruch-
stücke auf die drei Kasten vorzunehmen. Mit
einiger Reserve kann gesagt werden, daß zu
den beiden Deckeln in Klinenform Kasten
mit durchlaufendem Hochrelief, auf dem einen
Kampfszenen darstellend, gehörten, während
der dritte Sarkophag auf dem Kasten eine
Tabernakelarchitektur mit vorgestellten Figu-
ren aufwies und einen Deckel in der Form
eines Giebeldachs mit Eckakroterien besaß.
Die epigraphische Ausbeute des Grab-
hauses hat nur eine geringe, aber nicht un-
wichtige Bereicherung erfahren. Aus drei
XV. Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Ephesos
IO
quadratischer Innenraum an der Südwestseite
durch eine Apsis erweitert und an der Gegenseite
durch eine Eingangstür zugänglich war. Da
die Schwelle dieser Tür etwa 0'9 m höher liegt
als das äußere Bodenniveau, muß an der
Nordostseite eine jetzt zerstörte Treppe oder
eine kleine Terrasse mit Treppenaufgang ver-
mutet werden. Durch eine zweite Tür konnte
man von Südosten in einen kleinen Nebenraum
der Apsis gelangen, während in dem ab-
geschrägten Westeck eine weitere Pforte zu
einer sorgfältig hergestellten Wendeltreppe
Zugang gab (Abb. 4), die nur in ein Ober-
geschoß oder aber zu einem über dem Dache
eingerichteten Solarium geführt haben kann.
Für die Konstruktion des Daches hat das Schutt-
material keinerlei Anhaltspunkte geliefert. Bei
der nächstliegenden Annahme eines Tonnen-
gewölbes würde die besondere Stärke der Tür-
wand nur dann eine Erklärung finden, wenn man
den Scheitel der Tonne parallel zu dieser laufen
ließe. Wie der aus Ziegelplatten bestehendeFuß-
boden nur in geringen Resten erhalten ist,
so weist auch der sonstige Befund im Innern
des Grabhauses auf gewaltsame Zerstörung
und Ausplünderung auf Baumaterial hin. Da
die überall verstreuten, meist sehr kleinen
Fragmente der Kasten drei verschiedenen
Sarkophagen anzugehören scheinen und da
die beiden im Vorberichte abgebildeten Deckel
südöstlich der Mitte des Innenraumes hoch-
kant aneinandergelehnt vorgefunden worden
sind, kann man sich den Vorgang bei der
Zerstörung und Ausplünderung etwa folgender-
maßen vorstellen. Zunächst wurden die schwe-
ren Deckel von den Kasten der Sarkohpage, die
in den Nischen der Seitenwände bzw. in der
Apsis aufgestellt waren, heruntergeschoben,
wobei der des linken und des mittleren Sarko-
phags, um Platz zu schaffen, aneinandergelehnt
wurden; dann hat man die Kasten, die man
wegen ihres riesigen Gewichtes nicht trans-
portieren konnte, in Stücke geschlagen und
diese großenteils aus dem Grabhause heraus-
geworfen, so daß von uns nur ein geringer
Bruchteil wiedergefunden werden konnte;
schließlich hat man das verwendbare Bau-
material, die Fußbodenziegel, die Verkleidungs-
platten und Schmuckreliefs der Wände und ei-
nige der unter den Sarkophagen liegenden
Sockelplatten weggeholt.
Die Zerstörung und der Verlust eines großen
Teils der Bruchstücke lassen eine auch nur
annähernd vollständige Wiederherstellung der
Sarkophagkasten und ihrer Reliefdarstellungen
leider als aussichtslos erscheinen. Immerhin
ist es vielfachen Bemühungen namentlich
Miltners bereits gelungen, durch Zusammen-
setzungen einige größere Stücke zu gewinnen
... . I . Γ ■ Γ , Γ . r-
3: Grabhaus der CI. Tatiana; Grundriß.
und eine Verteilung der einzelnen Bruch-
stücke auf die drei Kasten vorzunehmen. Mit
einiger Reserve kann gesagt werden, daß zu
den beiden Deckeln in Klinenform Kasten
mit durchlaufendem Hochrelief, auf dem einen
Kampfszenen darstellend, gehörten, während
der dritte Sarkophag auf dem Kasten eine
Tabernakelarchitektur mit vorgestellten Figu-
ren aufwies und einen Deckel in der Form
eines Giebeldachs mit Eckakroterien besaß.
Die epigraphische Ausbeute des Grab-
hauses hat nur eine geringe, aber nicht un-
wichtige Bereicherung erfahren. Aus drei