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Olbrich, Joseph Maria; Hevesi, Ludwig [Auth. o. Intro.]
Ideen von Olbrich — Leipzig, [1904]

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https://doi.org/10.11588/diglit.23918#0016
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dass ein Kopf einen Gedanken gehabt hat, und
eine Hand die Empfindung für diesen Gedanken.
So ist auch der Hausrath in diesen Räumen
nichts Zufälliges, wie der Möbelmarkt es bietet.
Jedes Stück ist für die besondere Stelle und den
besonderen Zweck erfunden. Selbst in der Dach'
kammer, wo Anderen die geneigte Decke eine
Unbequemlichkeit ist, wird gerade sie Ver^
anlassung zu neuen Möbelformen, denen gerade
jene Schiefheit zu Gute kommt. Und wie die
Möbel zu Ort und Stelle passen, fügen sie sich
auch aneinander und ineinander. Sie bauen sich
zu ganzen Möbelgruppen zusammen, die wieder
mit ihrer Wand und Thüre, oder mit ihrer Ecke
verwachsen. Eine Ecke mit Bett, Bank, Nacht'
kästchen, Spiegel ist ein Stück. Oder ein Divan
mit seiner Nische und Handbibliothek, oder ein
Waschtisch mit Umgebung und allem Zugehör.
So formen sich die Räume in der That gleich

dem Gehäuse der Schnecke nach Natur und
Lebensweise des Bewohners. Sie bilden seine
natürliche Schale, in der er sich möglichst wohl
befindet und genau die Art von Behagen geniesst,
die ihm nach seinen Neigungen und Bedürfe
nissen frommt. Das Ergebniss ist eine Art von
Gemüthlichkeit, wie sie etwa das Väterschloss,
das Vaterhaus hat, überhaupt alles Angestammte,
sozusagen Angeborene. In solchen Räumen ist
man ganz zu Hause, sicher Jedes an der rechten
Stelle zu finden, jedes Schlüsselloch sogar so
hoch, dass man sich nicht darnach zu bücken
braucht, und wäre es in der oberen Ecke einer
Schrankthüre. Der richtige moderne Architekt
baut nach der Statur und dem Charakter des
Bauherrn, ja nach dem Temperament und den
Nerven der Hausbewohner. Trägt doch in einer
dieser Villen sogar jede Thüre die hübsche In*
schrift: „Leise schliessen!"

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