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Das Gute.

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als einer sei es allein in höchster Höhe thronenden, sei es mit dem
Bösen um die Herrschaft kämpfenden Weltmacht. Zu solcher Ent-
wicklung sind wohl Ansätze, aber eben nur Ansätze vorhanden. Wir
sahen schon (S. 191), wie ein solcher Ansatz in der Gegenüber-
stellung von Wahrheit und Unwahrheit vorliegt, welche der von
Gut und Böse sich annähert ohne doch deren Inhalt zu erschöpfen.
Ähnlich, etwas wortreicher, nennt eine Brähmanastelle „Wahrheit,
Glück, Licht" und auf der andern Seite „Unwahrheit, Übel, Finster-
nis". Die Häufung der Ausdrücke macht fühlbar, daß das eine
Wort, der unbestimmt vorschwebenden Idee den rechten Namen zu
geben, fehlt. Und zu einer wirklichen Durchführung dieser Gegen-
sätze im Weltbild, zur Orientierung der gesamten Vorstellungsmassen
auf sie hin ist es nicht gekommen. Auch der Gegensatz der Götter
und Asuras (S. 17) hat hier nicht weitergeführt. Wie das Wesen
der vedischen Götter den Charakter des „Guten" an sich eigentlich
nicht einschließt und nur einen gewissen Firnis davon angenommen
hat, so trügt entsprechend jener Gegensatz auch nur einen schwer
definierbaren Anflug von „Gut" und „Böse" an sich. Kein In-
begriff und Quell aller Werte also, kein Ideal, dessen Majestät den
Menschen aufriefe, die Schranken des Jchgefühls zersprengend sich
seinem Dienst hinzugeben. Werte gibt es eben nur für das Ich in
seiner Vereinzelung. So zerfasert sich alles, und Ausdrücke wie das
Gedeihliche, das zum Ziel Gelangende, pun/u und 8äädu genügen.
Für die universalen Ideen und Ziele ist das Denken und Wollen,
das sich in den Brähmanas widerspiegelt, eben noch nicht reif. Und
wie dann später die Zeit der Reise kommt, wie der indische Geist
den Gedanken eines absoluten Wertes, mit der absoluten Realität
zusammenfallend, erfaßt, zur platonischen Idee des Guten auf seine
Weise ein Gegenstück schafft? Das Wort des Rätsels kann da nicht
das Gute sein. Denn der Aufstieg zur letzten Höhe hat eine andre
Richtung genommen. Wo gekämpft und gesiegt, gestrebt und erlangt
wird, da ist der Gipfel nicht. Er erhebt sich jenseits von alldem,
im stillen Reich ewigen Friedens, des wunschlosen, geschichtslosen
Seins, wo vor der All-Einheit des Brahman die bewegten Gegen-
sätze des und des Mpu verschwunden sind. —
Um nun der Güter, die man erstrebt, teilhaftig zu werden, die
drohenden Übel zu vermeiden, — was hat man zu tun, wie soll
man sein? Denn es versteht sich von selbst, daß allein eben in
Rücksicht auf den damit zu erreichenden Erfolg ein bestimmtes Tun
 
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