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Rückblick.

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laufen vor einander davon, verstecken sich, stehen auf einander fest,
zerschmettern einander. Wo eine Zweiheit, ein Paar vorkommt,
pflegt Paarung zu geschehen — eine Elf: Heldenkraft wird entwickelt,
denn Indras Metrum hat elf Silben. Vor allem liegt viel daran, daß
sich jene Wesen mit roher Künstelei zusammenordnen lassen — Ord-
nen ist freilich nicht das zutreffende Wort — zu einem Apparat, zu
hundert Apparaten für die Zwecke des Opfers, des Opferherrn, des
Priesters. Am besten leisten das die Wesen und Dinge, indem sie
sich so mit einander verketten, daß der Anstoß, den rituelles Han-
deln am einen Ende — auf dem Opferplatz — gibt, am andern Ende
— im Jenseits, in der Zukunft, in der Welt der Wünsche und
Hoffnungen — erstrebte oder im Vorbeigehen gern mitgenommene
Wirkungen auslöst. Verkettungen, die das bewirken, können ver-
schiedenste Formen und Festigkeitsgrade haben; man ist da nicht
wählerisch und denkt nicht daran, ängstlich zwischen solchen Formen
zu unterscheiden. Die beste Verkettung aber zweier Wesenheiten ist
doch die, die mehr als nur eine solche ist: ihre Identität. Die An-
schauungsweise primitiven Zauberwesens ließ die Umrisse der Dinge
verschwimmen. Das steigern die Brähmanas zum Äußersten. Sie
entwickeln jene für sie so charakteristische Manie des Identifizierens
von allem mit allem. Etwas sehr andres als jenes sinnige Fühlen,
das zwischen Natur und menschlichem Dasein verborgene Wesens-
gleichheit ahnt. Vielmehr Willkür und Pedanterie. Die stellt je
nach ihrem augenblicklichen Interesse, ihren jedesmaligen Einfällen
jetzt so jetzt so ihre Gleichungen auf. Dies sein heißt so viel wie
etwas andres, wie vielerlei andres sein.
Doch das Vorherrschen der hier beschriebenen Einzelheiten im
Denken der Brähmanas darf nicht blind dagegen machen, daß in-
mitten solches Chaos von Unwirklichkeiten nun doch wiederum, ent-
sprechend innerer Notwendigkeit der Entwicklung, auch Züge von
Ordnung und ernstlicherem Erfassen der Wirklichkeit nicht fehlen.
Fürs erste stellen sich hier und dort, vermutlich nach Mustern aus
sehr ferner Vorzeit, gewisse Gruppen von Wesenheiten in bleibenden
Entsprechungen neben einander, jede Gruppe ein bestimmtes Gebiet
des Weltdaseins betreffend und dessen Inhalt auseinanderlegend:
Götter, Kasten, Jahreszeiten, Lebensfunktionen, Versmaße. Die
Äquivalenzen, die zwischen diesen Gruppen vorgestellt werden, sind
an sich durchaus phantastisch. Sie sind doch nicht wertlos für die
Erziehung des Denkens dazu, im Gewirr der Vorstellungen be-
Oldenberg: Weltanschauung der Vrähmanatexte. 16
 
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