Islamische Architektur
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und Künstlers, der vom Schah Djehan beim Bau des Tadj zu Agra angestellt
war. Wir wissen, daß Timur Kunsthandwerker von allen Ländern zur Ver-
schönerung seiner Hauptstadt Samarkand berief. Wir sind darüber unter-
richtet, wie die tüchtigsten Leute der Wissenschaft und Kunst an den Moslim-
höfen in Spanien zusammenströmten. Dies also erklärt auch zum Teil die
Einheitlichkeit im islamischen Baustil auf der ganzen Welt.
Aber so entzückend und herrlich auch die Gebäude in Spanien, Kairo
und Konstantinopel sind, die von den Moslims in Indien gebauten übertreffen
sie alle. Nirgends zeigen die islamischen Bauten solch eine Harmonie im
Verein mit den struktiven Absichten wie in Indien. Die Teile sind dort so
„fein gegliedert und so vollständig dem ganzen Bau angepaßt, daß sie nie-
mals das Gleichgewicht des architektonischen Planes beunruhigen“.
In Indien hat die islamische Architektur ihren Höhepunkt erreicht.
Herrlich ist die Alhambra, erhaben sind einige Moscheen zu Kairo, aber, wie
Havel sagt: „Alle die großen Monumente sarazenischer Kunst in Indien über-
treffen die in Arabien, Türkei, Ägypten und Spanien.... Die Moscheen von
Kairo und Konstantinopel scheinen beinahe nichtssagend im Plan und schwach
im Aufbau verglichen mit denen von Bidjapur, Delhi, Fatehpur-Sikri und
Ahmedabad. Der bemalte Stuck und die scharfsinnige Geometrie der Alhambra
wirkt kalt und eintönig gegenüber der verschwenderischen Stärke und dem
Reichtum an Ideen der Mogulpaläste in Indien.“
Wie in Indien die islamische Architektur ihren Höhepunkt erreichte, so
ist auch der Islam in Indien kräftiger als anderwärts. Ich sage das nicht, weil
ich selbst Inder bin. Im Gegenteil, unzufrieden mit Indien, habe ich dieses
schon 1904 verlassen. Ich lebte dann in den wichtigsten Teilen der islamischen
Welt und habe sie wie wenige kennen gelernt. Hand in Hand mit den Völkern
dieser Länder habe ich für die geistige Erhebung gearbeitet, habe die Völker
und deren Methoden und Absichten studiert. Für die Wiederbelebung der
islamischen Kultur und ihrer Weiterentwicklung schaue ich nach Indien. Die
Araber besitzen zwar dazu auch alle Fähigkeiten, ja sogar bessere Mög-
lichkeiten, trotzdem glaube ich nicht, daß von ihnen in absehbarer Zeit die
innere Erhebung ausgehen könnte. Sie haben nicht den Mut für kühne Ideale
einzustehen, weil sie diese Ideale verloren haben, weil sie die Unmöglichkeit,
sie zu verwirklichen, einsehen. Ohne Zweifel gibt es kein Volk auf der Erde,
das bereiter wäre, alles für seine Ideale zu opfern, als das indische. Denn
kein Volk beherrscht seine Leidenschaften so sehr wie das indische.
Indien ist das Land der Weisheit und der Philosophie gewesen. Der
Same des Islam ist nicht vergeblich auf seinem Boden ausgesät worden. Der
indisch-islamische Geist kann Wunder wirken. Die Welt muß ihn kennen
lernen. Er kann die Menschheit retten.
11
und Künstlers, der vom Schah Djehan beim Bau des Tadj zu Agra angestellt
war. Wir wissen, daß Timur Kunsthandwerker von allen Ländern zur Ver-
schönerung seiner Hauptstadt Samarkand berief. Wir sind darüber unter-
richtet, wie die tüchtigsten Leute der Wissenschaft und Kunst an den Moslim-
höfen in Spanien zusammenströmten. Dies also erklärt auch zum Teil die
Einheitlichkeit im islamischen Baustil auf der ganzen Welt.
Aber so entzückend und herrlich auch die Gebäude in Spanien, Kairo
und Konstantinopel sind, die von den Moslims in Indien gebauten übertreffen
sie alle. Nirgends zeigen die islamischen Bauten solch eine Harmonie im
Verein mit den struktiven Absichten wie in Indien. Die Teile sind dort so
„fein gegliedert und so vollständig dem ganzen Bau angepaßt, daß sie nie-
mals das Gleichgewicht des architektonischen Planes beunruhigen“.
In Indien hat die islamische Architektur ihren Höhepunkt erreicht.
Herrlich ist die Alhambra, erhaben sind einige Moscheen zu Kairo, aber, wie
Havel sagt: „Alle die großen Monumente sarazenischer Kunst in Indien über-
treffen die in Arabien, Türkei, Ägypten und Spanien.... Die Moscheen von
Kairo und Konstantinopel scheinen beinahe nichtssagend im Plan und schwach
im Aufbau verglichen mit denen von Bidjapur, Delhi, Fatehpur-Sikri und
Ahmedabad. Der bemalte Stuck und die scharfsinnige Geometrie der Alhambra
wirkt kalt und eintönig gegenüber der verschwenderischen Stärke und dem
Reichtum an Ideen der Mogulpaläste in Indien.“
Wie in Indien die islamische Architektur ihren Höhepunkt erreichte, so
ist auch der Islam in Indien kräftiger als anderwärts. Ich sage das nicht, weil
ich selbst Inder bin. Im Gegenteil, unzufrieden mit Indien, habe ich dieses
schon 1904 verlassen. Ich lebte dann in den wichtigsten Teilen der islamischen
Welt und habe sie wie wenige kennen gelernt. Hand in Hand mit den Völkern
dieser Länder habe ich für die geistige Erhebung gearbeitet, habe die Völker
und deren Methoden und Absichten studiert. Für die Wiederbelebung der
islamischen Kultur und ihrer Weiterentwicklung schaue ich nach Indien. Die
Araber besitzen zwar dazu auch alle Fähigkeiten, ja sogar bessere Mög-
lichkeiten, trotzdem glaube ich nicht, daß von ihnen in absehbarer Zeit die
innere Erhebung ausgehen könnte. Sie haben nicht den Mut für kühne Ideale
einzustehen, weil sie diese Ideale verloren haben, weil sie die Unmöglichkeit,
sie zu verwirklichen, einsehen. Ohne Zweifel gibt es kein Volk auf der Erde,
das bereiter wäre, alles für seine Ideale zu opfern, als das indische. Denn
kein Volk beherrscht seine Leidenschaften so sehr wie das indische.
Indien ist das Land der Weisheit und der Philosophie gewesen. Der
Same des Islam ist nicht vergeblich auf seinem Boden ausgesät worden. Der
indisch-islamische Geist kann Wunder wirken. Die Welt muß ihn kennen
lernen. Er kann die Menschheit retten.