Alfred Elilers
saß dann lang, Geschichten Lerzählend.i Von
ihr, die gerne Unglück, Not und Grauen in
Berichte wob, um ihr eigenes Schicksal im Ab-
stand doch noch immer als besser zu erfühlen,
mag Angelika erfahren haben, was in der Stadt
vorging. In der Nacht vor ihrem Tod war mir
Angelika wie aus weiter Ferne wieder ganz
nahe gekommen. „Versprich mir über mein
Grab zu wachen“, hat sie, und da ich mit
falscher Hoffnung tröstend abwehrte: „Ich
mul? ja doch sterben, aber ich will meine Ruhe
haben. Man soll mich nicht aus dem Grab
reil?en, wie jetzt so viele gerissen worden sind:
der alte Oberst, der Herr Helvetius, die buck-
lige Therese, der Pfarrer selbst..“ „Ein W'ahn-
witziger“, warf ich ein. „Versprich es mir \ hat
sie und in ihrer Stimme war die alte schwin-
gende, sül?e Wärme, die sich Unmögliches er-
schmeicheln konnte.
Sie starb.
W ie schlecht habe ich mein \ ersprechen
Heidegespenster
gehalten. Erdrückt von der Bergeslast des
Schmerzes wand ich mich auf dem Boden, das
Hirn war mir ausgenommen, meine Brust von
einem Krebs ausgefüllt, einem Riesentier mit
hundert giftigen Scheren. Meine Ohren hörten
nichts als den Klang der Schollen, die auf ihren
Sarg polterten, mein Geruch war verwelkende
Blumen und W'eihrauch, mein Geschmack
Verwesung. Unfähig zu Gedanken wie zur
Tat lief? ich die Stunden über mich hinweg-
fließen, einen zähen Brei von Tag und Nacht.
Am Morgen nach dem Begräbnis, es däm-
merte noch, griff eine Hand nach mir, rüttelte
mich hart ins Bewußtsein, eine brüllende
Stimme tobte in mich hinein. Fahl hing Ri-
chards Gesicht über mir, ein Vulkan von
Grauen und Wüt. „Mensch! Mensch! Das
Grab . . . ihr Grab . Wir liefen, ich: be-
flügeltes Blei, beschwingte Schwere, losgerissen
stürzendes Gestirn. Da war das Grab, auf-
gewühlt bis auf den Grund, von einem riesigen