konnten; sein Lied glich nun
einer lichten Schar von Vö-
geln, die mit einem Jauchzen
zu den Wolken aufsteigen.
In diesem Augenblick nun,
da die Melodie gleichsam an
die Sterne stiel? und da die
Augen der beiden Sehenden
von dem Lichte Gottes er-
blinden wollten, in diesem
Augenblick geschah ein Lärm
wie von dem Fall eines leich-
teren hohlen und dann eines
schweren Körpers. Das Lied
stürzte in sich zusammen und
der Hof war mit einemmal
wieder dunkel und leer. Die
beiden hatten sich erschreckt
umgewandt und schrien nun
zu gleicher Zeit auf, als sie
ihren Gast leblos am Boden
liegen sahen. Als sie hinzu-
laufen wollten, konnte es nur
der Mann, denn die Frau war
unfähig, auch nur einen Ful?
zu rühren oder sich auch nur
um das Geringste vorzu-
schieben. Und als der Mann,
verwirrt und ungeschickt, sich
zu dem leblos Daliegenden
niederbeugte, begann sie,
immer noch verzweifelnd und
ohnmächtig an ihrer Stelle
stehend, und während sie sich
mit beiden Armen nach rück-
wärts auf das Fensterbrett
stützte, wie ein verwundetes
Tier zu wimmern, so dal? der
Mann wieder erschreckt auf-
fuhr und nun nicht wul?te,
wo er zuerst zugreifen sollte
und in seiner grenzenlosen
Verwirrung eine Zeitlang im
dunklen Raum auf- und ab-
schwankte, wie von einem
V/ind zu allen Seiten ge-
zwungen. Bis er endlich zu
seiner Frau zurücklief, wobei
sein Ful? in das Cello schlug,
das mit unzähligen, wilden,
wehen Geräuschen aufschrie
und auseinanderfiel. Mittler-
weile schleppte der Mann,
mit sinnlosen, oft durch Trä-
nen beschwerten Stammel-
worten sein Weib zum Bett
zurück, wo sie alsbald, ganz
in den hohen Kissen ver-
graben, wieder dalag, er-
schöpft, mit zischendem Atem,
und von Zeit zu Zeit ein leises
Ächzen ausstol?end. Der
Mann aber kniete schon wie-
der bei dem Gaste, dessen
Hände langsam die Kälte des
Todes empfingen. Und wäh-
rend von dem Bette immer
das winselnde ^Wimmern der
Frau kam, und während die
Nacht, aus den Winkeln des
Zimmers zum Fenster schrei-
tend, überall ihre Hand auf-
legte und jedes Ding von den
drei armen Menschen gleich-
sam zurückschob, und wäh-
rend aus den Nachbarwoh-
nungen wieder der Lärm des
Alltags kam, von irgendwo
das Gezeter einer Frau und
dann wieder das Klirren von
Geschirren, kniete der Mann
vor dem Toten und tastete
ihm einmal das Gesicht, ein-
mal die Hände an und legte
ihm sein Ohr an die Brust
und schauderte und fiel? seine
schweren Tränen ohne Scham
niederfallen.
Als am nächsten Tage dann
dieser seltsame, rothaarige
Tote von gerichtlicher Seite
obduziert wurde, stand, man
vor einem Rätsel. Der Leib
war von keiner Krankheit
verzehrt. Aber beim Sezieren
der Brust ergab es sich, dal?
an der Stelle des Herzens nur
mehr eine vertrocknete, zu-
sammengeschrumpfte Haut-
blase war, so, als wäre dieses
von einem durstigen, gierigen
Munde ausgesaugt worden.
Ü
einer lichten Schar von Vö-
geln, die mit einem Jauchzen
zu den Wolken aufsteigen.
In diesem Augenblick nun,
da die Melodie gleichsam an
die Sterne stiel? und da die
Augen der beiden Sehenden
von dem Lichte Gottes er-
blinden wollten, in diesem
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wie von dem Fall eines leich-
teren hohlen und dann eines
schweren Körpers. Das Lied
stürzte in sich zusammen und
der Hof war mit einemmal
wieder dunkel und leer. Die
beiden hatten sich erschreckt
umgewandt und schrien nun
zu gleicher Zeit auf, als sie
ihren Gast leblos am Boden
liegen sahen. Als sie hinzu-
laufen wollten, konnte es nur
der Mann, denn die Frau war
unfähig, auch nur einen Ful?
zu rühren oder sich auch nur
um das Geringste vorzu-
schieben. Und als der Mann,
verwirrt und ungeschickt, sich
zu dem leblos Daliegenden
niederbeugte, begann sie,
immer noch verzweifelnd und
ohnmächtig an ihrer Stelle
stehend, und während sie sich
mit beiden Armen nach rück-
wärts auf das Fensterbrett
stützte, wie ein verwundetes
Tier zu wimmern, so dal? der
Mann wieder erschreckt auf-
fuhr und nun nicht wul?te,
wo er zuerst zugreifen sollte
und in seiner grenzenlosen
Verwirrung eine Zeitlang im
dunklen Raum auf- und ab-
schwankte, wie von einem
V/ind zu allen Seiten ge-
zwungen. Bis er endlich zu
seiner Frau zurücklief, wobei
sein Ful? in das Cello schlug,
das mit unzähligen, wilden,
wehen Geräuschen aufschrie
und auseinanderfiel. Mittler-
weile schleppte der Mann,
mit sinnlosen, oft durch Trä-
nen beschwerten Stammel-
worten sein Weib zum Bett
zurück, wo sie alsbald, ganz
in den hohen Kissen ver-
graben, wieder dalag, er-
schöpft, mit zischendem Atem,
und von Zeit zu Zeit ein leises
Ächzen ausstol?end. Der
Mann aber kniete schon wie-
der bei dem Gaste, dessen
Hände langsam die Kälte des
Todes empfingen. Und wäh-
rend von dem Bette immer
das winselnde ^Wimmern der
Frau kam, und während die
Nacht, aus den Winkeln des
Zimmers zum Fenster schrei-
tend, überall ihre Hand auf-
legte und jedes Ding von den
drei armen Menschen gleich-
sam zurückschob, und wäh-
rend aus den Nachbarwoh-
nungen wieder der Lärm des
Alltags kam, von irgendwo
das Gezeter einer Frau und
dann wieder das Klirren von
Geschirren, kniete der Mann
vor dem Toten und tastete
ihm einmal das Gesicht, ein-
mal die Hände an und legte
ihm sein Ohr an die Brust
und schauderte und fiel? seine
schweren Tränen ohne Scham
niederfallen.
Als am nächsten Tage dann
dieser seltsame, rothaarige
Tote von gerichtlicher Seite
obduziert wurde, stand, man
vor einem Rätsel. Der Leib
war von keiner Krankheit
verzehrt. Aber beim Sezieren
der Brust ergab es sich, dal?
an der Stelle des Herzens nur
mehr eine vertrocknete, zu-
sammengeschrumpfte Haut-
blase war, so, als wäre dieses
von einem durstigen, gierigen
Munde ausgesaugt worden.
Ü