„Lucchesi ist emDummkopF\unterbrach mich
mein Freund und tastete vorwärts. Ich folgte
ihm dicht auf den Fersen. Die Felswand hin-
derte ihn an weiterem Vordringen. Verwun-
dert blieb er stehen. Im nächsten Augenblick
hatte ich ihn an den Granit gefesselt. In der
Wand waren nämlich zwei Eisenhaken ange-
bracht, kaum zwei Fuß voneinander entfernt.
In dem einen hing eine kurze Kette, in dem
andern einVorhängschloß. Er war zu verblüfft,
um Widerstand zu leisten. Ich versperrte das
Schloß und trat aus der Nische.
„Tasten Sie mit der Fland über die Mauer",
forderte ich ihn auf. „Sie werden den Salpeter
spüren. Es ist wirklich recht feucht hier. Ich be-
schwöre Sie nochmals, kehren Sie um. Nein!
Nun, dann muß ich Sie allein lassen. Aber vor-
her möchte ich Ihnen noch ein paar kleine Auf-
merksamkeiten erweisen, die nur irgendwie
möglich sind.“
„Der Amontillado!“ stieß mein Freund her-
vor, noch immer vor Erstaunen betäubt.
„Richtig,“ antwortete ich, „richtig, der Amon-
tillado !“
Inzwischen wühlte ich emsig den Knochen-
haufen auseinander und bald deckte ich
Ziegelsteine und Mörtel auf — eine gehörige
Menge. Mit diesem Material begann ich
nun, meine Maurerkelle zu Hilfe nehmend,
emsig den Eingang zur Nische zu vermauern.
Die erste Schicht war bald gelegt, da schien
F ortunatosTrunken-
heit verflogen. Ein
dumpfer, weher Auf-
schrei aus der Tiefe
der Höhlung verriet
es. Es war nicht
der Schrei eines Be-
rauschten. - Dann
war tiefste Stille-
Ich legte die zweite
Schicht, die dritte -
- -, die vierte. Ein
schrecklichesKetten'
geklirr ließ mich auf-
horchen. Ich unter-
brach meine Arbeit
und setzte mich auf
den Knochenhaufen
nieder, um mit größe-
rer Genugtuung zu
lauschen. Als das Klirren endlich etwas nach-
ließ, griff ich wieder zur Kelle und legte nun
ohne Unterbrechung die fünfte, die sechste und
die siebente Lage. Die Mauer erreichte schon die
Höhe meiner Brust. Nun machte ich wieder
eine Pause und leuchtete mit der Kerze über das
Mauerwerk. Ein paar schwache Strahlen zeich-
neten die Gestalt des Gefesselten.
Eine Reihe gellender Schreie, die sich der
Kehle des Eingemauerten entrangen, ließen
mich zurückfahren. Einen Augenblick stutzte
ich und zitterte an allen Gliedern. Ich zog meinen
Degen und stieß blindlings in die Höhle. Aber
ein kurzer Augenblick des Nachdenkens gab
mir die Ruhe wieder. Ich betastete den wuch-
tigen Bau der Katakomben, und wilde Genug-
tuung erfüllte mich. Ich begleitete die gellenden
Schreie, wurde ihr Echo, verstärkte sie, über-
schrie sie... Ja, das tatich. Und der Schreiende
wurde still.
Es war Mitternacht geworden, meine
Arbeit ging ihrem Ende zu. Die achte, neunte
und zehnte Schicht war vollendet und ein
Teil der elften und letzten. Nur noch ein
einziger Stein war einzufügen. Er war so
schwer, daß ich keuchte. Endlich brachte ich
ihn in die richtige Lage .... Da drang aus der
Nische ein gedämpftes Lachen, daß sich die
Haare auf meinem Kopf sträubten. Kaum konn-
te ich in den traurigen Lauten die Stimme For-
tunatos erkennen. Die Stimme sagte: „Hehe,
hehe, ein gelungener
Spaß! Ausgezeichnet!
Wir werden darüber
im Palazzo herrlich
lachen ! Haha ! —
Über unsern Wem!
— hehe!“
„Über den Amon-
tillado“, fragte ich.
„Haha, ja über den
Amontillado!“
„Aber wird es
nicht zu spät? Man
wird im Palazzo auf
uns warten. Frau
Fortunato und die
andern. Wir müssen
nun gehen!“
„Ja,“ sagte ich,
„gehen wir!“
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mein Freund und tastete vorwärts. Ich folgte
ihm dicht auf den Fersen. Die Felswand hin-
derte ihn an weiterem Vordringen. Verwun-
dert blieb er stehen. Im nächsten Augenblick
hatte ich ihn an den Granit gefesselt. In der
Wand waren nämlich zwei Eisenhaken ange-
bracht, kaum zwei Fuß voneinander entfernt.
In dem einen hing eine kurze Kette, in dem
andern einVorhängschloß. Er war zu verblüfft,
um Widerstand zu leisten. Ich versperrte das
Schloß und trat aus der Nische.
„Tasten Sie mit der Fland über die Mauer",
forderte ich ihn auf. „Sie werden den Salpeter
spüren. Es ist wirklich recht feucht hier. Ich be-
schwöre Sie nochmals, kehren Sie um. Nein!
Nun, dann muß ich Sie allein lassen. Aber vor-
her möchte ich Ihnen noch ein paar kleine Auf-
merksamkeiten erweisen, die nur irgendwie
möglich sind.“
„Der Amontillado!“ stieß mein Freund her-
vor, noch immer vor Erstaunen betäubt.
„Richtig,“ antwortete ich, „richtig, der Amon-
tillado !“
Inzwischen wühlte ich emsig den Knochen-
haufen auseinander und bald deckte ich
Ziegelsteine und Mörtel auf — eine gehörige
Menge. Mit diesem Material begann ich
nun, meine Maurerkelle zu Hilfe nehmend,
emsig den Eingang zur Nische zu vermauern.
Die erste Schicht war bald gelegt, da schien
F ortunatosTrunken-
heit verflogen. Ein
dumpfer, weher Auf-
schrei aus der Tiefe
der Höhlung verriet
es. Es war nicht
der Schrei eines Be-
rauschten. - Dann
war tiefste Stille-
Ich legte die zweite
Schicht, die dritte -
- -, die vierte. Ein
schrecklichesKetten'
geklirr ließ mich auf-
horchen. Ich unter-
brach meine Arbeit
und setzte mich auf
den Knochenhaufen
nieder, um mit größe-
rer Genugtuung zu
lauschen. Als das Klirren endlich etwas nach-
ließ, griff ich wieder zur Kelle und legte nun
ohne Unterbrechung die fünfte, die sechste und
die siebente Lage. Die Mauer erreichte schon die
Höhe meiner Brust. Nun machte ich wieder
eine Pause und leuchtete mit der Kerze über das
Mauerwerk. Ein paar schwache Strahlen zeich-
neten die Gestalt des Gefesselten.
Eine Reihe gellender Schreie, die sich der
Kehle des Eingemauerten entrangen, ließen
mich zurückfahren. Einen Augenblick stutzte
ich und zitterte an allen Gliedern. Ich zog meinen
Degen und stieß blindlings in die Höhle. Aber
ein kurzer Augenblick des Nachdenkens gab
mir die Ruhe wieder. Ich betastete den wuch-
tigen Bau der Katakomben, und wilde Genug-
tuung erfüllte mich. Ich begleitete die gellenden
Schreie, wurde ihr Echo, verstärkte sie, über-
schrie sie... Ja, das tatich. Und der Schreiende
wurde still.
Es war Mitternacht geworden, meine
Arbeit ging ihrem Ende zu. Die achte, neunte
und zehnte Schicht war vollendet und ein
Teil der elften und letzten. Nur noch ein
einziger Stein war einzufügen. Er war so
schwer, daß ich keuchte. Endlich brachte ich
ihn in die richtige Lage .... Da drang aus der
Nische ein gedämpftes Lachen, daß sich die
Haare auf meinem Kopf sträubten. Kaum konn-
te ich in den traurigen Lauten die Stimme For-
tunatos erkennen. Die Stimme sagte: „Hehe,
hehe, ein gelungener
Spaß! Ausgezeichnet!
Wir werden darüber
im Palazzo herrlich
lachen ! Haha ! —
Über unsern Wem!
— hehe!“
„Über den Amon-
tillado“, fragte ich.
„Haha, ja über den
Amontillado!“
„Aber wird es
nicht zu spät? Man
wird im Palazzo auf
uns warten. Frau
Fortunato und die
andern. Wir müssen
nun gehen!“
„Ja,“ sagte ich,
„gehen wir!“
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