Mögen sie! — Ein Hund kommt auf mich zu.
Du gutes Mitgeschöpf, dein Schwanzstummel
wedelt mir nichts als Liehe! Wie sehr kann
ich sie brauchen! — Aber dort drüben geht
ein Mann, der trägt einen häßlichen Sack über
Schulter und Rücken. Ganz verkrümmt ist er
unter der Last, und sein blondes Haar beun-
ruhigt mich.
Ich muß plötzlich umkehren. Ach, ist es
schon wieder vorbei mit dem fröhlichen Tag?
Ich mul? sehr schnell nach Hause gehen. Glaubte
ich denn wirklich, darum herumzukommen?
Mir kann kein Postgaul helfen und kein freund-
licher Hund. Glaubte ich einfach daran vorbei
zu kommen ? Ich mul? unweigerlich nachsehen,
ob es eiserne Türen gibt in meinem Haus, und
wenn sich eine findet, mul? nachgesehen werden,
was hinter ihr ist — was jetzt hinter ihr ver-
borgen liegt.
Ich hole den Speicherschlüssel aus meiner
Wohnung und schraube mich diese endlosen
Stufen empor, die steinern schweigen in einem
fahlen Tageslicht, das wie Mehl herniederstäubt
aus der trüben Glaskuppel des Treppenhauses.
Ich bin nie bis hier hinauf gelangt. Meine
V/irtschafterin, die vor vierzehn Tagen davon
gegangen ist, hat mir gesagt, es finde sich oben
nur spärlicher Speicherkram: ein paar alte grol?e
Koffer, ein Papageienkäfig, ein paar leere Kisten.
Und wir hätten den größten Speicher, weil wir
die kleinste ^Vohnung
im Hause haben. Diese
Begründung sah ich
nicht ein, aber sie blieb
darauf bestehen.
Eine eiserne Tür ist
da, und der Schlüssel
paßt. Es ist hier sehr
dämmerig; hätte ich nur
meine kleine Feldlaterne
mitgenommen. Wo ist
in dieser Flucht von
Lattenverschlägen der
größte Raum, der mir
gehört? — Die Augen
gewöhnen sich an das
Helldunkel, und nun
sehe ich, daß jede dieser
hölzernen Gittertüren
Zettel und Namen trägt,
von sorgsamer Hand
geschrieben und hingepappt. Ein prächtiger
Hausverwalter! Ich wohne also nicht nur unten
im Zwischenstock, — auch hier oben. Wenn
jemand mich hier oben besuchen will, wenn er
etwas für mich abzugeben hat, kann er nicht
fehlgehen. V?ie — etwas abzugeben hat ?
Wahrhaftig, es sieht aus, als seien diese albernen
Zettel mit ihren pedantischen Namenaufschrif-
ten, wie sie gewiß kein vernünftiger Speicher
sonst besitzt — als seien diese Zettel heraus-
fordernderweise da. Ich weiß nicht —: irgend-
wie herausfordernderweise.
Da ist des dicken Doktor Macholz Speicher.
Ihn erkennt man auch ohne auf geklebten N amen.
Leere Flaschen sind reihenweise aufmarschiert
und stehen sich als zwei Schlachtfronten gegen-
über. Die eine Armee kommandiert eine Sekt-
flasche, trotz Staub und Düsternis blitzend im
Staniol ihres Halsschmuckes. Aber die andere
Armee ist ohne Führer und zeigt Verwirrung;
das vornehme, bauchige Gefäß, das an ihrer
Spitze stand — Behälter einst eines feinen Alko-
hols — liegt getötet am Boden — ich meine: zer-
trümmert durch einen Kalkbrocken, der wie eine
Fliegerbombe von der Decke herabgefallen ist.
Weiter! Das sind müßige Narrheiten. Ist
denn immer noch Krieg in mir, und werden
selbst aus Flaschen Soldaten? Krieg ist vorbei
und Flaschen sind Flaschen.
Hier ist mein Speicherabteil. Nun — es sieht
aus darin, wie ich es
mir vorgestellt habe.
Der Raum ist wirklich
unverhältnismäßig groß.
Hier könnte man —
mehr als ein Dutzend
Menschen könnte man
hier unterbringen. —
Zwecklose Überlegung,
— man bringt nicht
Menschen in Speicher-
räumen unter. Was
heißt überhaupt: man
bringt sie unter ? Es
kann sich doch nur um
lebende Menschen
handeln. Neben einan-
der hinschichten könnte
man hier mehr als
ein Dutzend. Wem
wäre damit gedient?
Du gutes Mitgeschöpf, dein Schwanzstummel
wedelt mir nichts als Liehe! Wie sehr kann
ich sie brauchen! — Aber dort drüben geht
ein Mann, der trägt einen häßlichen Sack über
Schulter und Rücken. Ganz verkrümmt ist er
unter der Last, und sein blondes Haar beun-
ruhigt mich.
Ich muß plötzlich umkehren. Ach, ist es
schon wieder vorbei mit dem fröhlichen Tag?
Ich mul? sehr schnell nach Hause gehen. Glaubte
ich denn wirklich, darum herumzukommen?
Mir kann kein Postgaul helfen und kein freund-
licher Hund. Glaubte ich einfach daran vorbei
zu kommen ? Ich mul? unweigerlich nachsehen,
ob es eiserne Türen gibt in meinem Haus, und
wenn sich eine findet, mul? nachgesehen werden,
was hinter ihr ist — was jetzt hinter ihr ver-
borgen liegt.
Ich hole den Speicherschlüssel aus meiner
Wohnung und schraube mich diese endlosen
Stufen empor, die steinern schweigen in einem
fahlen Tageslicht, das wie Mehl herniederstäubt
aus der trüben Glaskuppel des Treppenhauses.
Ich bin nie bis hier hinauf gelangt. Meine
V/irtschafterin, die vor vierzehn Tagen davon
gegangen ist, hat mir gesagt, es finde sich oben
nur spärlicher Speicherkram: ein paar alte grol?e
Koffer, ein Papageienkäfig, ein paar leere Kisten.
Und wir hätten den größten Speicher, weil wir
die kleinste ^Vohnung
im Hause haben. Diese
Begründung sah ich
nicht ein, aber sie blieb
darauf bestehen.
Eine eiserne Tür ist
da, und der Schlüssel
paßt. Es ist hier sehr
dämmerig; hätte ich nur
meine kleine Feldlaterne
mitgenommen. Wo ist
in dieser Flucht von
Lattenverschlägen der
größte Raum, der mir
gehört? — Die Augen
gewöhnen sich an das
Helldunkel, und nun
sehe ich, daß jede dieser
hölzernen Gittertüren
Zettel und Namen trägt,
von sorgsamer Hand
geschrieben und hingepappt. Ein prächtiger
Hausverwalter! Ich wohne also nicht nur unten
im Zwischenstock, — auch hier oben. Wenn
jemand mich hier oben besuchen will, wenn er
etwas für mich abzugeben hat, kann er nicht
fehlgehen. V?ie — etwas abzugeben hat ?
Wahrhaftig, es sieht aus, als seien diese albernen
Zettel mit ihren pedantischen Namenaufschrif-
ten, wie sie gewiß kein vernünftiger Speicher
sonst besitzt — als seien diese Zettel heraus-
fordernderweise da. Ich weiß nicht —: irgend-
wie herausfordernderweise.
Da ist des dicken Doktor Macholz Speicher.
Ihn erkennt man auch ohne auf geklebten N amen.
Leere Flaschen sind reihenweise aufmarschiert
und stehen sich als zwei Schlachtfronten gegen-
über. Die eine Armee kommandiert eine Sekt-
flasche, trotz Staub und Düsternis blitzend im
Staniol ihres Halsschmuckes. Aber die andere
Armee ist ohne Führer und zeigt Verwirrung;
das vornehme, bauchige Gefäß, das an ihrer
Spitze stand — Behälter einst eines feinen Alko-
hols — liegt getötet am Boden — ich meine: zer-
trümmert durch einen Kalkbrocken, der wie eine
Fliegerbombe von der Decke herabgefallen ist.
Weiter! Das sind müßige Narrheiten. Ist
denn immer noch Krieg in mir, und werden
selbst aus Flaschen Soldaten? Krieg ist vorbei
und Flaschen sind Flaschen.
Hier ist mein Speicherabteil. Nun — es sieht
aus darin, wie ich es
mir vorgestellt habe.
Der Raum ist wirklich
unverhältnismäßig groß.
Hier könnte man —
mehr als ein Dutzend
Menschen könnte man
hier unterbringen. —
Zwecklose Überlegung,
— man bringt nicht
Menschen in Speicher-
räumen unter. Was
heißt überhaupt: man
bringt sie unter ? Es
kann sich doch nur um
lebende Menschen
handeln. Neben einan-
der hinschichten könnte
man hier mehr als
ein Dutzend. Wem
wäre damit gedient?