ihrem elenden Vater zu vergönnen, dal? er mit
zum Scheiterhaufen führe und dabei stünde
wenn sie gehrennet würde, wie sie ihm solches
in Gegenwart Eines ehrsamen Gerichtes ver-
sprochen.
Darauf ist sie dem langen Büttel wieder über-
liefert und selbigem anbefohlen worden, sie in
ein ander und schwerer Gefängnüs zu setzen.
Doch ehe er mit ihr aus der Kammer gangen,
ist den Amtshaubtmann sein Hurenbalg, so er
mit der Ausgeberschen gezeuget, mit einer
Trummei in den Keller kommen, hat immerzu
getrummelt und geschrieen: „Kamt tom Gose-
braden, kamt tom Gosebraden“1, so dal? Dn.
Consul in einen schweren Zorn gerathen und
hinter ihm her geloffen. Aber er hat ihne nicht
kriegen mögen, dieweil er in dem Keller guten
Bescheid gewußt. Und hat mir der Herr son-
der Zweifel meine Unmacht geschicket, daß
ich dieses neue Herzeleid nicht mehr haben
sollte. Darumb sei ihm allein die Ehre. Amen.
1 Kommt zum Gänsebraten!
D
E
N
Nacb dem Französischen des Baudelaire von Carl Mühlberger
Als Todesengel mit erloscbnen Augen
Werd ich mich einstens schleichen m dem Zimmer,
Dich lautlos zwingen, mich in dich zu saugen
Gemeinsam mit des Abends Dammerschimmer.
Und alsd ann werde ich, meine Brünette,
Dir Kusse spenden, kühl wie Mondenschem,
Und meine Zärtlichkeit in deinem Bette
Wird feucht und kalt wie eine Schlange sein.
Ein bleiernschwerer Morgen wird dich wecken
Und deine Hand wird sich in Eis erstrecken.
Wenn sie das Lager streift, das ich verließ.
Wie andre dich mit Zärtlichkeit bedecken
Und segnen deiner Jugend Paradies,
So will ich herrschen über dir mit Schrecken.
DAS TREIBHAUS
WUNDERLICHES UND ABSONDERLICHES
Dieser Teil des „Orchideengarten“ wird von Dr. Max Kemmerich bestellt.
Eine Todesansage.
Die Markgräfin VTlhelmine von Bayreuth,
die geistreiche Schwester Friedrichs des Großen,
erzähltin ihrenMemoiren (Ausgabe von J. Arm-
bruster bei W. Langewiesche-Brandt, S. 345 f.)
von einem Ereignis, das „auf viele Leute einen
großen Eindruck machte, nur auf mich nicht.
denn mein vieles Studieren und Nachdenken
hat mich dahin gebracht, manches Vorurteil
zu überwinden, und ich tue mir sogar etwas
darauf zugut, ein wenig Philosophin zu sein.
Die Zimmer des Erbprinzen (in Bayreuth)
bestanden in zwei großen und einem daran-
stoßenden Kabinett; sie hatten nur zwei Türen;
zum Scheiterhaufen führe und dabei stünde
wenn sie gehrennet würde, wie sie ihm solches
in Gegenwart Eines ehrsamen Gerichtes ver-
sprochen.
Darauf ist sie dem langen Büttel wieder über-
liefert und selbigem anbefohlen worden, sie in
ein ander und schwerer Gefängnüs zu setzen.
Doch ehe er mit ihr aus der Kammer gangen,
ist den Amtshaubtmann sein Hurenbalg, so er
mit der Ausgeberschen gezeuget, mit einer
Trummei in den Keller kommen, hat immerzu
getrummelt und geschrieen: „Kamt tom Gose-
braden, kamt tom Gosebraden“1, so dal? Dn.
Consul in einen schweren Zorn gerathen und
hinter ihm her geloffen. Aber er hat ihne nicht
kriegen mögen, dieweil er in dem Keller guten
Bescheid gewußt. Und hat mir der Herr son-
der Zweifel meine Unmacht geschicket, daß
ich dieses neue Herzeleid nicht mehr haben
sollte. Darumb sei ihm allein die Ehre. Amen.
1 Kommt zum Gänsebraten!
D
E
N
Nacb dem Französischen des Baudelaire von Carl Mühlberger
Als Todesengel mit erloscbnen Augen
Werd ich mich einstens schleichen m dem Zimmer,
Dich lautlos zwingen, mich in dich zu saugen
Gemeinsam mit des Abends Dammerschimmer.
Und alsd ann werde ich, meine Brünette,
Dir Kusse spenden, kühl wie Mondenschem,
Und meine Zärtlichkeit in deinem Bette
Wird feucht und kalt wie eine Schlange sein.
Ein bleiernschwerer Morgen wird dich wecken
Und deine Hand wird sich in Eis erstrecken.
Wenn sie das Lager streift, das ich verließ.
Wie andre dich mit Zärtlichkeit bedecken
Und segnen deiner Jugend Paradies,
So will ich herrschen über dir mit Schrecken.
DAS TREIBHAUS
WUNDERLICHES UND ABSONDERLICHES
Dieser Teil des „Orchideengarten“ wird von Dr. Max Kemmerich bestellt.
Eine Todesansage.
Die Markgräfin VTlhelmine von Bayreuth,
die geistreiche Schwester Friedrichs des Großen,
erzähltin ihrenMemoiren (Ausgabe von J. Arm-
bruster bei W. Langewiesche-Brandt, S. 345 f.)
von einem Ereignis, das „auf viele Leute einen
großen Eindruck machte, nur auf mich nicht.
denn mein vieles Studieren und Nachdenken
hat mich dahin gebracht, manches Vorurteil
zu überwinden, und ich tue mir sogar etwas
darauf zugut, ein wenig Philosophin zu sein.
Die Zimmer des Erbprinzen (in Bayreuth)
bestanden in zwei großen und einem daran-
stoßenden Kabinett; sie hatten nur zwei Türen;