Und bestellt während des Ausbruchs mit
einer Handbewegung noch drei Schnäpse.
Fährt nach dem zweiten fort.
„So habe ich mich Lazar Schmel ausgeliefert.
Wohl der originellste Impresario meines langen
Lebens. Schmel macht nämlich in Krakau und
für Geld alles. Er führt zwei Hotels, mehrere
Kaffeehäuser, Automatenbüfette, eine Leichen-
bestattung. Auch für die Kunst hat er etwas
übrig. Und wenn die offizielle Clique mich
erwürgen will, werde ich eben mit Schmel
als Impresario spielen. Brahms, Tschaikows-
ki und Rubinstein, dal? dem Gesindel der
Mund offen steht! Kunst bleibt eben Kunst.“
Gini fällt erschöpft,
in den Stuhl zurück
Stefania schmiegt sich
ängstlich an ihn. Der
Kellner kommt wieder
und meldet, dal? Herr
Schmel bitten lasse.
*
W'ir werden über
eine dunkle, schmierige
Treppe in ein Zimmer
des Hotel Poniatowski
geführt. An den Wrän-
den pfeifen dünn und
melancholisch die Rat-
ten. Der Kellner reil?t
eine Tür auf, dienert uns
in eine halbhelle Stube.
Hinter einem weil?
überspanntenTisch stehen zwei Männer gleich-
falls in langen Kaftanen. Zwei Totenrichter,
aus einem galizischen Hades hervorgeholt. La-
zar Schmel, ein schwarzes, knochiges Gerüst
mit Geierzügen und einem hektischen Brand
unter den Backenknochen. Sein Gehilfe
kleiner, beweglicher, mit einer verschmitz-
ten Falte über das käsige Gesicht. „Mein
Geschäftsführer Wassertrilling“ stellt ihn
Schmel vor.
Die Verhandlungen beginnen. Beide Par-
teien überschreien sich gegenseitig schrill und
mit versoffenem Bai?. Manchmal zwitschert
Stefanias Stimme wie eine Lerche darüber hin.
Endlich fal?t Schmel das Ergebnis zu-
sammen.
„Also der Herr Gini werd geben drei Konzert
for finfhundert Kronen. Keinen Heller mehr.“
Gini ist schnaufend einverstanden. Wasser-
trilling widerstrebt. „Er soll erst noch zeigen
de Händ!“
Die Hände? Wozu?
„Dal? ich seh, ob se sein gut fors Konzert!“
geifert Wassertrilling. Er packt Ginis Hände,
sie unter den Leuchter zerrend, krallt die Hand-
flächen auseinander. Dann betrachtet er sie
lächelnd befriedigt.
„Nu?“ forscht Schmel.
W'assertrilling lächelt noch immer befrie-
digt, beinahe verklärt. „Wrashabich gesagt? Wo
wär der Schmel ohne mei Kopp ? Lassen Se den
Gini nur zwei Konzerte geben, es ist besser.“
Unsichtbare Leere geht
von Wassertrillings kä-
sigem Schädel aus. Gini
erkundigt sich klein-
laut nach dem Grund.
„Es is besser so“, beharrt
W'assertrilling. Und
höflichbedauernd:„Das
dritte Konzert mil?ten
Se nämlich vor de Ur-
väter geben. De Lebens-
linie heert früher auf.
Unwillkürlich wei-
chen alle etwas scheu
von Gini zurück, der
bleich und schnaufend
in der Mitte steht. Dann
beginnt Stefania zu wei-
nen. Schmel rast.
„Heeren Se nix auf Wrassertrilling. Er kenn
gut de Bücher führen, aber sonst is er meschugge.
Es bleibt beim Kontrakt. Ich setz de finfhun-
dert Kronen, daß er's überlebt. Da unter-
schreiben Se auf drei Konzert, Herr Gini!“
Gini erwacht, schwankt zum Tisch, seinen
Namen auf ein Papier schleudernd. Schmel
zieht fünf schmierige Hunderterscheine aus
dem Kaftan: „Und dafür werd der Herr die
Wohnung und alle Mahlzeiten im Hotel Ponia-
towski nehmen.“
„Und es steht doch in de Händ — “ begleitet
W'assertrilling gekränkt.
Gini reißt das Geld an sich, schwankt hinaus,
den Kontrakt in der Faust.
*
Für welche Tage die einzelnen Konzerte
angesetzt wurden, weiß ich nicht. Eines Abends
4
einer Handbewegung noch drei Schnäpse.
Fährt nach dem zweiten fort.
„So habe ich mich Lazar Schmel ausgeliefert.
Wohl der originellste Impresario meines langen
Lebens. Schmel macht nämlich in Krakau und
für Geld alles. Er führt zwei Hotels, mehrere
Kaffeehäuser, Automatenbüfette, eine Leichen-
bestattung. Auch für die Kunst hat er etwas
übrig. Und wenn die offizielle Clique mich
erwürgen will, werde ich eben mit Schmel
als Impresario spielen. Brahms, Tschaikows-
ki und Rubinstein, dal? dem Gesindel der
Mund offen steht! Kunst bleibt eben Kunst.“
Gini fällt erschöpft,
in den Stuhl zurück
Stefania schmiegt sich
ängstlich an ihn. Der
Kellner kommt wieder
und meldet, dal? Herr
Schmel bitten lasse.
*
W'ir werden über
eine dunkle, schmierige
Treppe in ein Zimmer
des Hotel Poniatowski
geführt. An den Wrän-
den pfeifen dünn und
melancholisch die Rat-
ten. Der Kellner reil?t
eine Tür auf, dienert uns
in eine halbhelle Stube.
Hinter einem weil?
überspanntenTisch stehen zwei Männer gleich-
falls in langen Kaftanen. Zwei Totenrichter,
aus einem galizischen Hades hervorgeholt. La-
zar Schmel, ein schwarzes, knochiges Gerüst
mit Geierzügen und einem hektischen Brand
unter den Backenknochen. Sein Gehilfe
kleiner, beweglicher, mit einer verschmitz-
ten Falte über das käsige Gesicht. „Mein
Geschäftsführer Wassertrilling“ stellt ihn
Schmel vor.
Die Verhandlungen beginnen. Beide Par-
teien überschreien sich gegenseitig schrill und
mit versoffenem Bai?. Manchmal zwitschert
Stefanias Stimme wie eine Lerche darüber hin.
Endlich fal?t Schmel das Ergebnis zu-
sammen.
„Also der Herr Gini werd geben drei Konzert
for finfhundert Kronen. Keinen Heller mehr.“
Gini ist schnaufend einverstanden. Wasser-
trilling widerstrebt. „Er soll erst noch zeigen
de Händ!“
Die Hände? Wozu?
„Dal? ich seh, ob se sein gut fors Konzert!“
geifert Wassertrilling. Er packt Ginis Hände,
sie unter den Leuchter zerrend, krallt die Hand-
flächen auseinander. Dann betrachtet er sie
lächelnd befriedigt.
„Nu?“ forscht Schmel.
W'assertrilling lächelt noch immer befrie-
digt, beinahe verklärt. „Wrashabich gesagt? Wo
wär der Schmel ohne mei Kopp ? Lassen Se den
Gini nur zwei Konzerte geben, es ist besser.“
Unsichtbare Leere geht
von Wassertrillings kä-
sigem Schädel aus. Gini
erkundigt sich klein-
laut nach dem Grund.
„Es is besser so“, beharrt
W'assertrilling. Und
höflichbedauernd:„Das
dritte Konzert mil?ten
Se nämlich vor de Ur-
väter geben. De Lebens-
linie heert früher auf.
Unwillkürlich wei-
chen alle etwas scheu
von Gini zurück, der
bleich und schnaufend
in der Mitte steht. Dann
beginnt Stefania zu wei-
nen. Schmel rast.
„Heeren Se nix auf Wrassertrilling. Er kenn
gut de Bücher führen, aber sonst is er meschugge.
Es bleibt beim Kontrakt. Ich setz de finfhun-
dert Kronen, daß er's überlebt. Da unter-
schreiben Se auf drei Konzert, Herr Gini!“
Gini erwacht, schwankt zum Tisch, seinen
Namen auf ein Papier schleudernd. Schmel
zieht fünf schmierige Hunderterscheine aus
dem Kaftan: „Und dafür werd der Herr die
Wohnung und alle Mahlzeiten im Hotel Ponia-
towski nehmen.“
„Und es steht doch in de Händ — “ begleitet
W'assertrilling gekränkt.
Gini reißt das Geld an sich, schwankt hinaus,
den Kontrakt in der Faust.
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Für welche Tage die einzelnen Konzerte
angesetzt wurden, weiß ich nicht. Eines Abends
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