meldet der Kellner in meinem Hotel eine Dame.
Stefania flattert hinein, gelöst in eine Woge
ihres erdbraun leuchtenden Haars.
„Heute ist das zweite Konzert. Kommen
Sie mit!“
Und vor dem Saal, beim Schalter:
„Ich habe Angst.“
Der Saal war nur mäßig gefüllt, halb be-
leuchtet und frostig. Gini erschien mit künst-
lerischer Verspätung, zerknittertem Hemd und
Phantasieorden. Beim Anschlag merkte man
gleich, dal? er nicht mehr ganz nüchtern war.
Er hämmerte die danse macahre mit einer
höhnischen Wut herunter, die das Stück un-
endlich wild und traurig flackern liel?, aber
einem Akademiker die Haare zu Berg hätte
stehen lassen können. Sein Spiel raste in einer
grauenhaften Ode von Hai? und Verzweiflung,
in der es dunkel erstarb. Das Publikum stram-
pelte naiv und gierig Beifall. Doch Schmel,
dem der Saal zu schwach besucht war, ließ das
Licht ah drehen.
Etwas sp äter taumelt Gini aus dem Künstler-
zimmer. Stefania und ich nehmen ihn unter
den Arm, gehen durch den weil?fliel?enden
Schnee in das Hotel Poniatowski zurück. Gini
lallt durch den aufgegangenen Kragen.
„Werden Sie den Abend je vergessen können,
j'unger Freund? Ich nicht. Ich habe spielend
meinem Spiel gelauscht. Ja. Und haben Sie
den Schrei des Publikums gehört? Kein Bei-
fall, ein Schrei! Der der Kunstclique, die mich
erwürgen will, noch lange in den Ohren gellen
wird, verlassen Sie sich drauf! Ich glaube eben
an meine Kunst.
Das Tor des Hotels Poniatowski öffnet seine
Geierflügelund schließt uns ein. Gini schwankt
auf Stefania gestützt die morsche Treppe empor.
„Und nun, entschuldigen Sie uns, j’unger
Freund! Auch der Künstler will Mensch sein.
Besonders, wenn es so nett ist, wie mit der
Kleinen. Gute Nacht!“
Und schleift Stefania, die mir mit der Hand
ein Zeichen gibt, auf sein Zimmer.
Ich setze mich im Dunkel auf die Treppe,
die morsch unter mir kracht, bereit, eine Stunde
zu warten. Aus dem Zimmer gröhlt Ginis
heiserer Gesang. Nach einer halben Stunde
weht ein Kleid leicht über warme Haut durch
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