Als wir dann zu unseren Zimmern hinauf-
gingen, blieb der Doktor plötzlich auf einer
Treppenstufe stehen, faßte nach seiner Gewohn-
heit nach dem obersten Knopf meines Waffen-
rockes und sagte: „Ein scheußliches Weibsbild!
Und wissen Sie, alle dieseTiere, diedasFrauen-
zimmer hier mit raffinierter Grausamkeit quält,
haben so etwas grauen-
voll Menschliches im
Blick. Als wären sie von
dem Zauberstabe dieser
Circe nur in ihre jetzige
Gestalt verwandelt."
Eine Stunde etwa muß
ich geschlafen haben, da
weckte mich eine selt-
same Unruhe. Es war
mir, als hörte ich meinen
Kameraden im Neben-
zimmer in höchster To-
desnot röcheln und da-
zwischen abwechselnd
das gelle Lachen, das
mich vorher im Walde
erschreckt hatte, und
wieder das harte, grau-
sam genießende Lachen
unserer Schloßherrin.
Völlig ermuntert lausch-
te ich eine W'eile an-
gestrengt: Nichts! Dann rief ich den Dok-
tor, bekam aber keine Antwort. Nun hielt
es mich nicht mehr länger. Die elektrische
Laterne in der Hand, eilte ich in das Neben-
zimmer. In geisterhafter Blässe lag Brum-
melmeier im Bett, schlaff hing die linke Hand
zu Boden, aus der rechten Halsseite tröpfelten
aus nadelfeinen Whinden zwei dünne Strähl-
chen Blut. Der Doktor war tot. An der Gar-
dine aber hing plump und satt an scheußlichen
Hakenkrallen eine riesige Fledermaus und fun-
kelte mich mit tückische Augenn wütend an.
In namenloser W^ut griff ich nach dem auf des
Doktors Nachtkasten liegenden Revolver, da
— schlug grell eine fahlgelbe Blitzlohe ins
Zimmer und mir schwanden die Sinne.
Unser guter alter Divisionsarzt stand an mei-
nem Bett, als ich erwachte: „Na, Gott sei Dank,
mein Lieber, daß wir Sie durchgebracht haben.“
— ,Ja, wie komme
ich denn hier ins La-
zarett?“ „Nun, direkt
aus dem W'alde, wir
fanden Sie neben einer
vom Blitz getroffenen
alten Eiche liegend.“ —
„Und Brummelmeier?“
— „Den hat's leider
gehascht, der arme Kerl
ist vom Blitze erschla-
gen worden. Er wird
morgen begraben.“ Auf
meine Bitte wurde ich
zur Leiche des Kame-
raden gebracht. Die
nadelfeinen Halswun-
den hoben sich deut-
lich von dem blutleeren
weißen Halse ab. „Ty-
pische Blitzverlet-
zung“, meinte der Di-
visionsarzt.
Am Tage von Brummeimeiers Begräbnis
habe ich dann unser Erlebnis erzählt. Der Di-
visionsarzt hörte mir ernst zu, faßte dann meine
Hand und sagte gütig: „Also, lieber Freund,
zunächst mal sechs W'ochen Heimaturlaub in
ein ruhiges Sanatorium. Sie scheinen doch einen
argen Nervenschock erlitten zu haben.
Das Schloß Valnoir, das auf keiner Karte
stand, hat tatsächlich nie existiert.
Aber die Eingeborenen Pisangs machen ganz
runde, erschrocken geheimnisvolle Augen, wenn
man sie danach frägt.
gingen, blieb der Doktor plötzlich auf einer
Treppenstufe stehen, faßte nach seiner Gewohn-
heit nach dem obersten Knopf meines Waffen-
rockes und sagte: „Ein scheußliches Weibsbild!
Und wissen Sie, alle dieseTiere, diedasFrauen-
zimmer hier mit raffinierter Grausamkeit quält,
haben so etwas grauen-
voll Menschliches im
Blick. Als wären sie von
dem Zauberstabe dieser
Circe nur in ihre jetzige
Gestalt verwandelt."
Eine Stunde etwa muß
ich geschlafen haben, da
weckte mich eine selt-
same Unruhe. Es war
mir, als hörte ich meinen
Kameraden im Neben-
zimmer in höchster To-
desnot röcheln und da-
zwischen abwechselnd
das gelle Lachen, das
mich vorher im Walde
erschreckt hatte, und
wieder das harte, grau-
sam genießende Lachen
unserer Schloßherrin.
Völlig ermuntert lausch-
te ich eine W'eile an-
gestrengt: Nichts! Dann rief ich den Dok-
tor, bekam aber keine Antwort. Nun hielt
es mich nicht mehr länger. Die elektrische
Laterne in der Hand, eilte ich in das Neben-
zimmer. In geisterhafter Blässe lag Brum-
melmeier im Bett, schlaff hing die linke Hand
zu Boden, aus der rechten Halsseite tröpfelten
aus nadelfeinen Whinden zwei dünne Strähl-
chen Blut. Der Doktor war tot. An der Gar-
dine aber hing plump und satt an scheußlichen
Hakenkrallen eine riesige Fledermaus und fun-
kelte mich mit tückische Augenn wütend an.
In namenloser W^ut griff ich nach dem auf des
Doktors Nachtkasten liegenden Revolver, da
— schlug grell eine fahlgelbe Blitzlohe ins
Zimmer und mir schwanden die Sinne.
Unser guter alter Divisionsarzt stand an mei-
nem Bett, als ich erwachte: „Na, Gott sei Dank,
mein Lieber, daß wir Sie durchgebracht haben.“
— ,Ja, wie komme
ich denn hier ins La-
zarett?“ „Nun, direkt
aus dem W'alde, wir
fanden Sie neben einer
vom Blitz getroffenen
alten Eiche liegend.“ —
„Und Brummelmeier?“
— „Den hat's leider
gehascht, der arme Kerl
ist vom Blitze erschla-
gen worden. Er wird
morgen begraben.“ Auf
meine Bitte wurde ich
zur Leiche des Kame-
raden gebracht. Die
nadelfeinen Halswun-
den hoben sich deut-
lich von dem blutleeren
weißen Halse ab. „Ty-
pische Blitzverlet-
zung“, meinte der Di-
visionsarzt.
Am Tage von Brummeimeiers Begräbnis
habe ich dann unser Erlebnis erzählt. Der Di-
visionsarzt hörte mir ernst zu, faßte dann meine
Hand und sagte gütig: „Also, lieber Freund,
zunächst mal sechs W'ochen Heimaturlaub in
ein ruhiges Sanatorium. Sie scheinen doch einen
argen Nervenschock erlitten zu haben.
Das Schloß Valnoir, das auf keiner Karte
stand, hat tatsächlich nie existiert.
Aber die Eingeborenen Pisangs machen ganz
runde, erschrocken geheimnisvolle Augen, wenn
man sie danach frägt.