der Teufel dieses Jahr schon vor ihr erschienen
sei: Josephin, Loisel, Eulalie Ratier, Sophie
Radagnau und auch der Seraphine Grospied.
Die Mutter Bontemps wurde schließlich
ganz erregt, fuhr wild mit den Händen herum
und suchte den Kopf zu drehen, um in die Tiefe
der Stube zu blicken. — Da verschwand die
Rapet mit einem Male hinter dem Fußende des
Bettes. Aus dem Schranke nahm sie ein Tuch
und hüllte sich ein. Sie setzte einen Kessel
auf den Kopf, dessen drei kurze und gebogene
Füße aus ihren Haaren wie drei Hörner sahen.
Sie nahm einen Besen in ihre rechte Hand und
mit der linken griff sie nach einem Blechkübel,
den sie mit Gewalt in die Höhe warf, damit
er lärmend zu Boden falle. Als er
den Boden berührte, erfolgte ein
fürchterliches Getöse. Da hob die
Alte, nachdem sie auf einen Stuhl
gestiegen war, den Vorhang, der
über dem Ende des Bettes hing,
und erschien mit ihren wilden Ge-
bärden, gellende Schreie aussto-
ßend, das Gesicht in demTopfe ver-
steckt, mit dem Besen drohend, der
alten Bäuerin wie ein richtiger
Teufel. Die Sterbende versuchte,
ganz von Sinnen — ihre Augen
flackerten irr —, mit übermensch-
licher Anstrengung sich zu erheben und zu
fliehen. Sie brachte sogar ihren Oberkörper
aus der Decke heraus. Dann fiel sie mit einem
langen Seufzer zurück. Es war vorbei.
Nun räumte die Rapet in Seelenruhe die
Gegenstände wieder zusammen: Den Besen
hinter die Ecke des Schrankes, das Tuch in den
Schrank, den Topf in den Vorraum, den Kübel
auf den Boden, und schließlich setzte sie den
Stuhl an die V/and. Dann tat sie ihre ge-
wohnten Verrichtungen. Sie schloß die weit
offenen Augen der Toten, stellte einen Teller
auf das Bett und füllte ihn mit geweihtem
Wasser, tauchte den an die Truhe genagelten
Buchshaumzweig hinein, kniete sich nieder und
begann mit Inbrunst die Toten-
gebete zu murmeln, die sie aus-
wendig konnte. Schließlich war
ja das ihr Handwerk.
Und als Honore am Abend zu-
rückkam, traf er die Alte betend,
und er rechnete in aller Eile aus,
daß sie schließlich doch noch
zwanzig Sous gewonnen habe, da
sie nur drei Tage und eine Nacht
gewacht habe, was im ganzen die
Summe von fünf Franken aus-
machte an Stelle der sechs, die
er ihr schuldete.
AUS „DIE WEISEN DER GEHENKTEN'
Von Siegfried Aram.
Motto : Die Nase zwar.
Die fraß der Aar,
Doch du bist gut und edel.
l^orgenstem, GaJgenlieder.
Und als mich fing des Stadtvogts Knecht,
Da faßt ich Stoß und Stüber,
Der sperrt mich in den Rattenturm.
Doch alles ging vorüber.
Man stellte mich vors Stadtgericht
Im hellsten Schüttelfieber
Und zwackte mich und spannte mich.
Doch alles ging vorüber.
Und schleifte auf der Kuhhaut mich
Zum Galgenherg hinüber.
Die rote Liesel hat geheult.
Doch alles ging vorüber.
sei: Josephin, Loisel, Eulalie Ratier, Sophie
Radagnau und auch der Seraphine Grospied.
Die Mutter Bontemps wurde schließlich
ganz erregt, fuhr wild mit den Händen herum
und suchte den Kopf zu drehen, um in die Tiefe
der Stube zu blicken. — Da verschwand die
Rapet mit einem Male hinter dem Fußende des
Bettes. Aus dem Schranke nahm sie ein Tuch
und hüllte sich ein. Sie setzte einen Kessel
auf den Kopf, dessen drei kurze und gebogene
Füße aus ihren Haaren wie drei Hörner sahen.
Sie nahm einen Besen in ihre rechte Hand und
mit der linken griff sie nach einem Blechkübel,
den sie mit Gewalt in die Höhe warf, damit
er lärmend zu Boden falle. Als er
den Boden berührte, erfolgte ein
fürchterliches Getöse. Da hob die
Alte, nachdem sie auf einen Stuhl
gestiegen war, den Vorhang, der
über dem Ende des Bettes hing,
und erschien mit ihren wilden Ge-
bärden, gellende Schreie aussto-
ßend, das Gesicht in demTopfe ver-
steckt, mit dem Besen drohend, der
alten Bäuerin wie ein richtiger
Teufel. Die Sterbende versuchte,
ganz von Sinnen — ihre Augen
flackerten irr —, mit übermensch-
licher Anstrengung sich zu erheben und zu
fliehen. Sie brachte sogar ihren Oberkörper
aus der Decke heraus. Dann fiel sie mit einem
langen Seufzer zurück. Es war vorbei.
Nun räumte die Rapet in Seelenruhe die
Gegenstände wieder zusammen: Den Besen
hinter die Ecke des Schrankes, das Tuch in den
Schrank, den Topf in den Vorraum, den Kübel
auf den Boden, und schließlich setzte sie den
Stuhl an die V/and. Dann tat sie ihre ge-
wohnten Verrichtungen. Sie schloß die weit
offenen Augen der Toten, stellte einen Teller
auf das Bett und füllte ihn mit geweihtem
Wasser, tauchte den an die Truhe genagelten
Buchshaumzweig hinein, kniete sich nieder und
begann mit Inbrunst die Toten-
gebete zu murmeln, die sie aus-
wendig konnte. Schließlich war
ja das ihr Handwerk.
Und als Honore am Abend zu-
rückkam, traf er die Alte betend,
und er rechnete in aller Eile aus,
daß sie schließlich doch noch
zwanzig Sous gewonnen habe, da
sie nur drei Tage und eine Nacht
gewacht habe, was im ganzen die
Summe von fünf Franken aus-
machte an Stelle der sechs, die
er ihr schuldete.
AUS „DIE WEISEN DER GEHENKTEN'
Von Siegfried Aram.
Motto : Die Nase zwar.
Die fraß der Aar,
Doch du bist gut und edel.
l^orgenstem, GaJgenlieder.
Und als mich fing des Stadtvogts Knecht,
Da faßt ich Stoß und Stüber,
Der sperrt mich in den Rattenturm.
Doch alles ging vorüber.
Man stellte mich vors Stadtgericht
Im hellsten Schüttelfieber
Und zwackte mich und spannte mich.
Doch alles ging vorüber.
Und schleifte auf der Kuhhaut mich
Zum Galgenherg hinüber.
Die rote Liesel hat geheult.
Doch alles ging vorüber.