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DAS TREIBHAUS
WUNDERLICHES UND ABSONDERLI CIH E S
Dieser Teil des Orchideengarten wird von Dr. Max Kemmerich bestellt.

„Die eigentliche Beschaffenheit des
höllischen Feuers und den Ort, da die
Hölle gelegen“, untersucht mit dem ganzen
Rüstzeug geistlicher Gelahrtheit ein Mister
Swinden, Prediger an der Kirche zu Cuxton
in Kent, und ein J. J. Liebers, Mitglied der
Deutschen Gesellschaft in Leipzig, hat Anno
1728 dir Ergebnisse dieser theologischen
Geistesarbeit in deutscher Übersetzung heraus-
gegeben. Erstlich stellt der Verfasser einmal
fest, dal? das künftige Leben den Guten Be-
lohnung, den Übeltätern aber Strafe bringen
müsse, wenn anders ein gerechter Gott sei, und
dal? der den Sündern zugedachte Höllenbrand
nicht etwa ein Feuer „im verblümten Ver-
stände“, sondern ein wirkliches, allerechtestes
Feuer aus Pech und Schwefel sei und überdies
ewig, weil Gottes Hai? gegen das Böse unaus-
löschlich sei. Zum zweiten rechtfertigt Swinden
die Kühnheit seines Unterfangens, der Frage
nach dem Ort der Hölle nachzusinnen. Man
dürfe ihm solche Gedanken nicht etwa als
Ketzerei auslegen, denn über die Einrichtung
und Lage der Hölle sei ja in der Heiligen Schrift
überhaupt nichts gesagt, worüber aber in der
Schrift nichts Ausdrückliches gesagt sei, dürfe
der Mensch seinen Verstand gebrauchen, der
ihm von Gott dazu gegeben sei, die ewigen
Wahrheiten zu erforschen. Zum dritten er-
ledigt der fromme Forscher etliche irrige
Meinungen des heidnischen Altertums und
einiger christlichen Autoren, die sämtlich
darin übereinstimmen, dal? die Hölle im Innern
der Erde gelegen sei. Dort aber kann sie nicht
gelegen sein, weil „das Feuer ein dünner und
subtiler Cörper ist, dessen Theilgen in einer
geschwinden und heftigen Bewegung stehen.

Wenn die Materie, so die Eigenschaft dieses
Cörpers ausmachet, verzehret oder weggenom-
men wird, so mul? es nothwendig nach und nach
immer langsamer und schwächer werden“ und
zuletzt gänzlich erlöschen. Auch .bedarf es zu
seiner Bewegung eines Zuganges der Luft. Nun
soll aber das Feuer im Innern der Erde schon
seit dem Sturz Luzifers und der abtrünnigen
Engel brennen und mül?te ihm also wohl schon
seine Materie ausgegangen, seine Bewegung in
der Vermengung mit „spatlichten“ Körpern
erstickt sein, abgesehen davon, dal? „nicht zu be-
greiffen, wie die Lufft einen freyen Gang da-
hin haben könne, also, dal? hinlänglich und so
viel Lufft allda seyn möge, als erfordert wird,
die Geschwindigkeit und Hefftigkeit der hölli-
schen Flammen zu erhalten“. Überdies ist das
Feuer in der Erde mit Vv^asser und Erde unter-
mengt und gleichsam nur ganz gegen seine
Neigung und Natur darin gefangen und ein-
geschlossen, zumal es vor den anderen Elemen-
ten die Eigenschaft in sich hat, „dal? es steiget
und sich wieder in die Höhe erhebet“, während
das Wasser und die Erde, „davon alle Theil-
gen grob und schwehr sind“, natürlicherweise
herabzusinken pflegen. Demnach es der Ver-
nunft weit angemessener wäre, im Innern der
Erde eher Wasser als Feuer anzunehmen. Zu
diesen naturgesetzlichen Gründen (aristote-
lischer Herkunft) kommen aber noch theo-
logische Argumente. War nicht die Zahl der
mit Luzifer gestürzten Engel über alle Vor-
stellung groß? Die Offenbarung Johannis
spricht von den Heiligen, die vor dem Stuhl
des Lammes stehen, angetan mit weißen Klei-
dern und Palmen in den Händen, als von einer
großen Schar, die niemand zählen kann, und

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