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Der Orchideengarten : phantastische Blätter — 1.1919

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Zwölftes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.29026#0304
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Fenster passiert hatten, nicht auf die Erde
herab, sondern schwebten langsam auf dieselbe
nieder. Es blieb fast nichts an seiner Stelle;
mehrere Male brach Feuer aus. Das Haus
wurde erschüttert, und der Spuk mischte Un-
flat in die Speisen. Eine Militärabteilung und
eine fürstliche Kommission, die in die Abtei
geschickt wurden, konnten nichts entdecken.
*
Das gespenstische Steinwerfen auf
Java. Das mysteriöse Steinewerfen fand im
Jahre 1831 in der Wohnung des assistierenden
Residenten van Kessinger in den Preanger
Regentschaften statt. Ein wahrer Steinregen
fiel dort während 16Tagen von morgens 5 Uhr
bis abends 11 Uhr, in und bei der Wohnung
zu Sumadan. Der Generalmajor A.V.Michiels
und zahlreiche andere einwandfreie Personen
treten für die Wahrheit ein.
Unter anderen versichert
der General, dal? er sich
mit dem im später erwähn-
ten Rap port genannten Kin-
de allein im Zimmer ein-
schlol?, während niemand
von außen, selbst in einiger
Entfernung vom Haus, zu-
gelassen wurde. Er setzte
sich mit dem Mädchen in
der Wohnung auf einen
Stuhl gegen die Wand und
nahm so das Fallen der
Steine während verschie-
dener Stunden wahr. Die
Steine kamen in größerer Menge, wenn seine
Gedanken auf das Mädchen gerichtet waren;
sie fielen senkrecht in ihrer Nähe nieder, doch
verletzten und trafen sie es niemals. Das Mäd-
chen zeigte keinerlei Verwunderung oder
Furcht. Der General war ein Beobachter, der
eich nicht durch bloßen Schein betrügen ließ,
und ein bei allen Menschen hochgeschätzter,
aufrichtiger Mann. Dies der Rapport:
„An Seine Exzellenz den Generalgouverneur
(ad interim) von Nederl. Indien.
Am 4. Februar 1831, dem ersten Tage des
javanesischen Monats Pocassä, von einer In-
spektion nach Hause kehrend, bemerkte ich
auf einige Entfernung von meinem Haus, daß
es von einer großen Menge Leuten umringt
war. Nicht wissend, was dies bedeuten sollte.

erzählte mir meine Frau, als ich heimgekehrt
war, daß im innern Zimmer und in der Galerie
Steine fielen, ohne daß jemand sehen könnte,
von woher sie kamen. Als ich das hörte, wurde
ich etwas zornig und sagte, daß ein Mensch
mit gesunden Augen doch sehen könnte, durch
wen diese Steine geworfen würden. Ich setzte
mich nun mitten in die innere Galerie, wo die
größte Menge dieser Steine fiel, überzeugte
mich jedoch bald, daß dies nicht durch Men-
schenhände geschehen konnte, weil die Steine
bisweilen senkrecht dicht vor meine Füße her-
niederfielen, ohne sich weiter fortzubewegen
und ohne daß jemand in meiner Nähe war.
Ich untersuchte die Bretter der Überdachung,
eines nach dem andern, und fand, daß sie alle
fest ohne die geringste Öffnung nebeneinander
lagen. Ich ließ nun alle Leute, die in der Nähe
des Hauses wohnten, auf
einen freien Platze sich ver-
sammeln und durch Polizei-
diener bewachen. Nun be-
gab ich mich, nachdem ich
alle Türen und Fenster ver-
schlossen hatte, allein mit
meiner Frau insHaus. Allein
jetzt war es noch viel schlim-
mer. Die Steine kamen von
allen Seiten angeflogen, so
daß ich bald gezwungen
war, die Türen und Fenster
wieder zu öffnen. So hielt
es 16 Tage lang an; auf einen
Tag fielen wohl tausend
Steine, unter welchen sich 9 Pfund schwere
befanden. Das Steinewerfen fing meistens um
5 Uhr morgens an und dauerte bis ungefähr
11 Uhr nachts. Den Umstand, daß die Steine
meistens in der Nähe eines eingeborenen elf-
jährigen Mädchens niederfielen, ja dieses Kind
zu verfolgen schienen, übergehe ich mit Still-
schweigen, weil es nichts zur Sache tut und
dieser Rapport zu groß werden möchte. Zur
Bestätigung des oben Beschriebenen lasse ich
einige Namen glaubwürdiger Personen folgen,
welche dem Fall immer oder periodisch bei-
gewohnt haben und welche bereit sind, ihre
Aussagen unter Eid zu bekräftigen.
Michiels, damals Lieutenant-Kolonel, Ad-
jutant,
Ermantinger, Exinspektor der Kaffeekultur,
 
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