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Leben zurück, dal? er zu springen begann, böber
als hier diese Bretter unter der Decke. Als der
Jude wieder auf die Beine gekommen war, ge-
stand er alles . . . Nur den Mantel jetzt zu-
rückzubekommen, war eine böse Sache. Den
Edelmann batte auf der Reise ein Zigeuner be-
stohlen und den Mantel einer Händlerin ver-
kauft; die brachte ihn aufs neue auf den Jahr-
markt in Sorotschintzy, aber von dem Moment
an kaufte niemand mehr um einen Groschen
bei ihr ein. Die Händlerin wunderte sich und
kam aus dem Wundern nicht heraus, bis sie
endlich darauf kam: Wahrhaftig, der ,rote
Mantel' war an allem schuld; nicht umsonst
spürte sie, wenn sie ihn umnahm, dal? irgend
etwas sie würgte und
ihr den Atem benahm.
Sie sann nicht lange,
riet nicht lange und
warf ihn ins Feuer —
der höllische Mantel
brannte nicht! . . . Die
Händlerin hatte schließ-
lich einen klugen Ein-
fall und schob den
Mantel einem Bauern,
der mit Butter zu
Markte fuhr, heimlich
in den Wagen. Der
Dummkopf hatte noch
eine große Freude, nur
nach seiner Butter
wollte keiner mehr fra-
gen, ,Bei Gott, böse
Hände haben mir diesen Mantel gebracht',
dachte er zum Schlüsse bei sich, packte seine
Axt und hieb ihn zu Stücken. Siehe da, —
die Stücke krochen eines zum andern zusam-
men, und im Nu liegt der Mantel wieder ganz
da. Er bekreuzigte sich, zerhieb ihn von neuem,
verstreute die Stückchen über den ganzen Platz
und machte sich davon. Von der Zeit an streicht
der Teufel, und zwar gerade immer zur Jahr-
marktszeit, in Schweinsgestalt über den ganzen
Platz und sammelt die Stückchen seines Man-
tels. Jetzt fehlt ihm, heißt es, nur mehr der
linke Ärmel. Die Leute aber wichen seither,
das Kreuzzeichen schlagend, diesem Orte aus,
und es wird schon so zehn Jahre her sein, daß
hier kein Jahrmarkt abgehalten wurde. Heuer
aber ritt der Teufel den Vorsteher, wieder

hie...“ Die zweite Hälfte des Wortes erstarb
auf den Lippen des Erzählers. Das Fenster zer-
barst mit lautem Geklirre; die Scheiben flogen
heraus; der furchtbar verzerrte Kopf eines
Schweines kam zum Vorschein und ließ die
Augen hin- und herwandern, als wollte er
fragen: ,Ja. was macht denn ihr da, gute Leute ?“
Entsetzenpackte alle, die in der Stube weilten.
Einer der Gäste sprang in unbezwingbarer
Angst auf den Tisch und stieß mit dem Kopfe
gegen den Querbalken unter der Decke. Die
Bretter begannen zu rutschen, und der Popen-
sohn flog mit Donnerkrachen zur Erde nieder.
„Au! Au! Au!“, jammerte in heller Ver-
zweiflung jemand, warf sich der Länge nach
auf eine Bank und
strampelte mit Händen
und Füßen.
„Hilfe!“, schrie aus
vollemHalse ein zwei-
ter und vergrub sich
in seinen Schafspelz.
Aus der Versteine-
rung erwachend, kroch
der Gevatter, vom
Krampf geschüttelt, un-
ter den Rock seiner Ehe-
gemahlin. Tscherewik
aber, der wie mit sie-
dendem Wasser über-
gossen war, stülpte sich
statt der Mütze einen
Topf ins Gesicht, stürzte
zur Tür und rannte
wie ein Verrückter durch die Gassen, ohne
auch nur den Boden unter sich zu sehen.
Schließlich zwang ihn die Ermattung, den Lauf
zu hemmen. Sem Her^ pochte wie eine Stampf-
mühle; der Schweiß rann ihm in Strömen
herunter. Schon wollte er sich vor Erschöpfung
zu Boden sinken lassen, da kam es ihm plötzlich
vor, als ob hinter ihm jemand einherjage . . . .
D er Atem stockte ihm . . .
„Der Teufel! Der Teufel!“, schrie er wie
wahnsinnig und begann aus allen Kräften zu
laufen; eine Minute später aber lag er schon
besinnungslos am Boden.
„Der Teufel! Der Teufel!“, schrie es hinter
ihm her, und er hörte nur mehr, wie sich irgend
etwas krachend auf ihn stürzte. Dann aber
verließ ihn das Bewußtsein, und wie der Be-
 
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