zwischen denen tiefe, schwere Schatten lagen,
aus denen wie Kobolde seltsam verzerrte Ge-
stalten lauerten.
Der Student schritt, ohne sich umzusehen,
bis zum letzten Saal, der kleiner als alle die
anderen und einer
ägyptischen Grabkam-
mer nachgebildet war.
Die gewölbte Decke
wurde von Lotos-
säulen aus rotem
Granit getragen. Eine
elektrische Bogenlampe
hing von der Mitte
herab und warf durch
einen dichten Schleier,
den man um die
Glaskugel gelegt hatte,
gedämpftes Licht
auf die bunt bemal-
ten Wände. Ernte-
szenen standen matt
getönt zwischen langen
Reihen steifbeiniger
Antilopen, Papyrusdik-
kichte wölbten sich um
gelbe und rote Fabel-
vögel, geflügelte Kugeln
leuchteten in mattem
Gold und blaue Ska-
rabäen schwebten über
Priestern in Leopar-
denfellen, die sich vor
Göttern und Dämonen
neigten. Neben Hathor
mit dem Kuhkopf stand
der sperberköpfige
Horus und Yefw-Re mit den gewundenen
Hörnern des Widders, der Mondgott Thout
mit dem Ibis und dem Pavian als Begleitern,
und die löwenhäuptige Wert-Hekaw. Mitten
in dem Raume aber ragte auf einem Syenit-
block ein geöffneter, mächtiger Basaltsarko-
phag, und dahinter, an der Wand, stand auf-
recht im Sarg eine halb von ihren Hüllen
befreite Mumie. Der ganze Körper war noch
mit den feinen, jetzt halb vermoderten und
vom Alter gebräunten Geweben umhüllt, von
denen ein schwacher Geruch ausströmte, der
Duft von Sandelholz, Zimt und Myrrhen. Das
Gesicht der Mumie war freigelegt. Ein großer
Meister hatte sie einbalsamiert, und seiner
Kunst war es gelungen, die Züge über drei Jahr-
tausende hinweg zu behüten. Das Antlitz war
nicht schwarz und eingeschrumpft, wie Mu-
miengesichter zu sein
pflegen, Bronzehauch
lag auf den Wangen, die
noch die sanften Run-
dungen des Lebens be-
wahrt hatten. Die blaß-
roten, schmalen Lippen
lächelten schmerzlich
im Traum, die feinen
Nasenflügel schienen
leise zu beben, und in
dem ungewissen Lichte
der verschleierten
Lampe sah es aus, als
wollten sich die Lider
mit den langen dunk-
len Wimpern plötz-
lich heben. Welch ein
Strahl des Lebens mußte
dann aus den dunk-
len Augen brechen,
die darunter schliefen!
Ein schmalerPapyrus-
streif lief vom Gürtel
der Mumie bis zu den
Füßen. Daneben war
auf einem gerahmten
Zettel die Übersetzung
zu lesen: „Met-em- het,
die Tochter Imhoteps.
Sie lebte in Oph, im
Palaste ihres Vaters am
Ufer des Niles. Mnevis, der Aufseher der
Sklaven, hat sie getötet. Er stieß ihr den Dolch
in das Herz. Wa-heb-re, der sie liebte, ver-
folgte ihn, um ihn zu strafen, aber er fand ihn
nicht. Aber Wa-heb-re wird Met-em-het,
die Geliebte seiner Seele, rächen — jetzt oder
ein anderes Mal.“ Jetzt oder ein anderes Mal —
sagte der Student Urban Dal laut, und seine
Stimme hallte in dem großen, leeren Raum.
Wie damals, als er zum ersten Male, wie von
einer unsichtbaren Hand gestoßen, in diese
Grabkammer gekommen war, so saß er jetzt
wieder auf dem Basaltblock und starrte wie
aus denen wie Kobolde seltsam verzerrte Ge-
stalten lauerten.
Der Student schritt, ohne sich umzusehen,
bis zum letzten Saal, der kleiner als alle die
anderen und einer
ägyptischen Grabkam-
mer nachgebildet war.
Die gewölbte Decke
wurde von Lotos-
säulen aus rotem
Granit getragen. Eine
elektrische Bogenlampe
hing von der Mitte
herab und warf durch
einen dichten Schleier,
den man um die
Glaskugel gelegt hatte,
gedämpftes Licht
auf die bunt bemal-
ten Wände. Ernte-
szenen standen matt
getönt zwischen langen
Reihen steifbeiniger
Antilopen, Papyrusdik-
kichte wölbten sich um
gelbe und rote Fabel-
vögel, geflügelte Kugeln
leuchteten in mattem
Gold und blaue Ska-
rabäen schwebten über
Priestern in Leopar-
denfellen, die sich vor
Göttern und Dämonen
neigten. Neben Hathor
mit dem Kuhkopf stand
der sperberköpfige
Horus und Yefw-Re mit den gewundenen
Hörnern des Widders, der Mondgott Thout
mit dem Ibis und dem Pavian als Begleitern,
und die löwenhäuptige Wert-Hekaw. Mitten
in dem Raume aber ragte auf einem Syenit-
block ein geöffneter, mächtiger Basaltsarko-
phag, und dahinter, an der Wand, stand auf-
recht im Sarg eine halb von ihren Hüllen
befreite Mumie. Der ganze Körper war noch
mit den feinen, jetzt halb vermoderten und
vom Alter gebräunten Geweben umhüllt, von
denen ein schwacher Geruch ausströmte, der
Duft von Sandelholz, Zimt und Myrrhen. Das
Gesicht der Mumie war freigelegt. Ein großer
Meister hatte sie einbalsamiert, und seiner
Kunst war es gelungen, die Züge über drei Jahr-
tausende hinweg zu behüten. Das Antlitz war
nicht schwarz und eingeschrumpft, wie Mu-
miengesichter zu sein
pflegen, Bronzehauch
lag auf den Wangen, die
noch die sanften Run-
dungen des Lebens be-
wahrt hatten. Die blaß-
roten, schmalen Lippen
lächelten schmerzlich
im Traum, die feinen
Nasenflügel schienen
leise zu beben, und in
dem ungewissen Lichte
der verschleierten
Lampe sah es aus, als
wollten sich die Lider
mit den langen dunk-
len Wimpern plötz-
lich heben. Welch ein
Strahl des Lebens mußte
dann aus den dunk-
len Augen brechen,
die darunter schliefen!
Ein schmalerPapyrus-
streif lief vom Gürtel
der Mumie bis zu den
Füßen. Daneben war
auf einem gerahmten
Zettel die Übersetzung
zu lesen: „Met-em- het,
die Tochter Imhoteps.
Sie lebte in Oph, im
Palaste ihres Vaters am
Ufer des Niles. Mnevis, der Aufseher der
Sklaven, hat sie getötet. Er stieß ihr den Dolch
in das Herz. Wa-heb-re, der sie liebte, ver-
folgte ihn, um ihn zu strafen, aber er fand ihn
nicht. Aber Wa-heb-re wird Met-em-het,
die Geliebte seiner Seele, rächen — jetzt oder
ein anderes Mal.“ Jetzt oder ein anderes Mal —
sagte der Student Urban Dal laut, und seine
Stimme hallte in dem großen, leeren Raum.
Wie damals, als er zum ersten Male, wie von
einer unsichtbaren Hand gestoßen, in diese
Grabkammer gekommen war, so saß er jetzt
wieder auf dem Basaltblock und starrte wie