verzaubert in Met-em-hets süßes Gesicht.
Längst kannte er die Worte der Inschrift aus-
wendig Zu Füßen der Mumie lag der Dolch
des Mnevis, der sie getötet hatte. Der Student
stöhnte auf, wenn er die Waffe ansah und
schlug die Hände vor das Gesicht.
Ein harter Schritt dicht an seiner Seite ließ
ihn aufblicken. Der Wörter des Museums ging
eben vorbei und blieb einen Augenblick ganz
nahe bei Urban Dal stehen. Er batte ein gelbes,
häßliches Gesicht, das Gesicht eines Affen mit
verstreuten Bartstoppeln, und in seinen Augen
lauerte ein böser, höhnischer Blick. Der Stu-
dent erhob sich und
wollte weitergehen,
aber er taumelte wie
ein Trunkener. Es war
ihm plötzlich, als wenn
ihm die Sinne schwin-
den wollten, und als
er emporsah, war der
Wärter nicht mehr
da. Aber auch die
Wände sah der Stu-
dent nicht mehr, eine
brennende Hitzewelle
schlug durch den Saal,
und die düster gewölbte
Decke weitete sich und
wurde zum stahlblauen
afrikanischen Himmel,
von dem die Sonne, eine
mächtige Silberscheibe, flammte. Über dem
gelben Sand der Wüste zittert die heiße Luft,
das breite Bett des Niles liegt wie ein silber-
nes Band vor dem geblendeten Blick, weit
draußen stehen Barken mit hellen Segeln, und
dort zwischen den Palmen liegt Imhoteps
Palast. Aus Blattkaskaden steigen Säulenreihen
empor, zwischen flammend roten Granat-
büschen ragen Mauern mit buntfarbigen Fens-
tern. Nur eine Sekunde lang steht das Bild vor
dem inneren Auge des Studenten, aber in die-
ser Sekunde sieht er auch, so wie er hundert-
mal von ihr geträumt, Met-em-het. Das Ge-
sicht der Mumie dort wird lebendig, Perlhuhn-
flügel heben sich aus dem nachtschwarzen
Haar und auf ihrer Brust blitzt es von Gold
und edlen Steinen. Nur den Bruchteil einer
Sekunde währt die Vision. Aber der Student
weiß, er hat das alles gelebt, irgendwann ein-
mal, vor unendlich langer Zeit. Er hat seitdem
geschlafen, lang und tief, irgendwo fern in
einem Meer von Licht, bis eine brutale Faust
ihn in den Schmutz der Gegenwart herunter-
stieß. Er möchte die Gesichte festhalten, aber
er kann es nicht. Der tappende Schritt des
Museumsaufsehers bricht roh in seine Vision.
Der Mann geht abermals vorbei. Neben der
Mumie bleibt er einen Augenblick stehen, hebt
die Laterne hoch empor und erleuchtet Met-
em-hets Gesicht. Mit einem häßlichen, gierigen
Blick schaut er sie an. Der Student will etwas zu
ihm sagen, aber seine Zunge versagt den Dienst,
seine Glieder sind
gelähmt, und nur ein
plötzliches, krampfhaf-
tes Schluchzen er-
schüttert seinen Körper.
Wo bist du, Met -em~
het? Warum kommst
du nicht? Um dich, nur
um dich allein bin ich in
dieses Leben hereinge-
gangen, in dieses trost-
lose Leben. Nur du
warst es, die ich finden
wollte, deine Seele
nur suchte ich unter all
den Tausenden und
Tausenden, die meinen
W'eg kreuzten. Dich
suchte ich wieder, weil
ich dich damals verlor, noch ehe du mein
warst— und ich suche auch ihn, der dich
niederstieß wie ein wildes Tier. Mit zuckenden
Lippen flüsterte Urban Dal diese Worte. Er
weiß, daß er von Leben zu Leben schreiten
muß, daß ein Leben erfüllt, was das andere
verheißen hat, daß die Saat dei* einen Verleib-
lichung aufgeht als Ernte in der nächsten.
Ein leises Klirren schreckt ihn auf. Der
Wärter hat, als er sich zum Gehen wandte,
den Dolch gestreift, der auf die Fliesen fiel.
Wie spielend nimmt ihn der Student in die
Hand — ein Elfenbeingriff, kunstvoll ge-
schnitzt, und eine patinierte, aber doch noch
spitze und scharfe Klinge.
Urban Dal weiß, daß er schon einmal diesen
Dolch in Händen hielt — damals, als er ihn
aus dem Sand am Nil aufhob. Met-em-hets
Blut klebte an der Klinge, und entsetzt schleu-
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Längst kannte er die Worte der Inschrift aus-
wendig Zu Füßen der Mumie lag der Dolch
des Mnevis, der sie getötet hatte. Der Student
stöhnte auf, wenn er die Waffe ansah und
schlug die Hände vor das Gesicht.
Ein harter Schritt dicht an seiner Seite ließ
ihn aufblicken. Der Wörter des Museums ging
eben vorbei und blieb einen Augenblick ganz
nahe bei Urban Dal stehen. Er batte ein gelbes,
häßliches Gesicht, das Gesicht eines Affen mit
verstreuten Bartstoppeln, und in seinen Augen
lauerte ein böser, höhnischer Blick. Der Stu-
dent erhob sich und
wollte weitergehen,
aber er taumelte wie
ein Trunkener. Es war
ihm plötzlich, als wenn
ihm die Sinne schwin-
den wollten, und als
er emporsah, war der
Wärter nicht mehr
da. Aber auch die
Wände sah der Stu-
dent nicht mehr, eine
brennende Hitzewelle
schlug durch den Saal,
und die düster gewölbte
Decke weitete sich und
wurde zum stahlblauen
afrikanischen Himmel,
von dem die Sonne, eine
mächtige Silberscheibe, flammte. Über dem
gelben Sand der Wüste zittert die heiße Luft,
das breite Bett des Niles liegt wie ein silber-
nes Band vor dem geblendeten Blick, weit
draußen stehen Barken mit hellen Segeln, und
dort zwischen den Palmen liegt Imhoteps
Palast. Aus Blattkaskaden steigen Säulenreihen
empor, zwischen flammend roten Granat-
büschen ragen Mauern mit buntfarbigen Fens-
tern. Nur eine Sekunde lang steht das Bild vor
dem inneren Auge des Studenten, aber in die-
ser Sekunde sieht er auch, so wie er hundert-
mal von ihr geträumt, Met-em-het. Das Ge-
sicht der Mumie dort wird lebendig, Perlhuhn-
flügel heben sich aus dem nachtschwarzen
Haar und auf ihrer Brust blitzt es von Gold
und edlen Steinen. Nur den Bruchteil einer
Sekunde währt die Vision. Aber der Student
weiß, er hat das alles gelebt, irgendwann ein-
mal, vor unendlich langer Zeit. Er hat seitdem
geschlafen, lang und tief, irgendwo fern in
einem Meer von Licht, bis eine brutale Faust
ihn in den Schmutz der Gegenwart herunter-
stieß. Er möchte die Gesichte festhalten, aber
er kann es nicht. Der tappende Schritt des
Museumsaufsehers bricht roh in seine Vision.
Der Mann geht abermals vorbei. Neben der
Mumie bleibt er einen Augenblick stehen, hebt
die Laterne hoch empor und erleuchtet Met-
em-hets Gesicht. Mit einem häßlichen, gierigen
Blick schaut er sie an. Der Student will etwas zu
ihm sagen, aber seine Zunge versagt den Dienst,
seine Glieder sind
gelähmt, und nur ein
plötzliches, krampfhaf-
tes Schluchzen er-
schüttert seinen Körper.
Wo bist du, Met -em~
het? Warum kommst
du nicht? Um dich, nur
um dich allein bin ich in
dieses Leben hereinge-
gangen, in dieses trost-
lose Leben. Nur du
warst es, die ich finden
wollte, deine Seele
nur suchte ich unter all
den Tausenden und
Tausenden, die meinen
W'eg kreuzten. Dich
suchte ich wieder, weil
ich dich damals verlor, noch ehe du mein
warst— und ich suche auch ihn, der dich
niederstieß wie ein wildes Tier. Mit zuckenden
Lippen flüsterte Urban Dal diese Worte. Er
weiß, daß er von Leben zu Leben schreiten
muß, daß ein Leben erfüllt, was das andere
verheißen hat, daß die Saat dei* einen Verleib-
lichung aufgeht als Ernte in der nächsten.
Ein leises Klirren schreckt ihn auf. Der
Wärter hat, als er sich zum Gehen wandte,
den Dolch gestreift, der auf die Fliesen fiel.
Wie spielend nimmt ihn der Student in die
Hand — ein Elfenbeingriff, kunstvoll ge-
schnitzt, und eine patinierte, aber doch noch
spitze und scharfe Klinge.
Urban Dal weiß, daß er schon einmal diesen
Dolch in Händen hielt — damals, als er ihn
aus dem Sand am Nil aufhob. Met-em-hets
Blut klebte an der Klinge, und entsetzt schleu-
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