ich in meinem Bett, umgeben von meinen Die-
nerinnen und unterstützt von meiner guten
Mutter, die mich weinend umarmte.
Der schreckliche Zustand, in dem ich mich
befand, hatte ein lang andauerndes Fieber zur
Folge. Mein Leben schwebte in höchster Ge-
fahr. Meine Mutter wich nicht von meinem
Bett, ja sogar mein Vater erwies mir während
der sechs Wochen meiner Krankheit die zärt-
lichste Fürsorge; er wachte bei mir, er nannte
mich seine Tochter und schien mir sein Herz
wieder zugewandt zu haben. Ich war so emp-
fänglich für diese Umkehr meines Vater, dal?
ich einmal, als er meine Hand ergriff und in
rührender Ängstlichkeit fragte, wie es seiner
lieben Valeria ginge, nicht mehr Herrin meiner
Bewegung bleiben konnte, meine Arme um
seinen Nacken schlang und mein Gesicht an
das seine lehnte.
Ich benetzte ihn mit
meinen Tränen und
sagte: „Ja, mein
Vater, ich bin Ihre
Valeria, ich bin Ihr
fügsames Kind, und
in Zukunft wird die
einzige Regung, der
einzige Wunsch
meines Herzens der
sein. Ihnen zu ge-
horchen.“
Dieses W ort ent-
schied über mein
Leben. Seit einiger
Zeit hatte ich wohl
bemerkt, dal? mein
Vater mich meinem
Vetter Heraldi be-
stimmt hatte.
Nichts ersehnte
mein Vater so sehr,
als sein Haus wie-
der auf blühen zu
sehenundalles V er-
mögen einemN ach-
kommen seiner
Ahnen hinterlassen
zu können. Er
sprach von dieser
Absicht zu mir,
ohne mir etwas vor*
zuschreiben, ohne etwas zu verlangen, aber er
sagte, dal? er vor Schmerz sterben würde, wenn
ich nicht Mitleid mit seiner Schwäche hätte.
Oktavio war verheiratet, Oktavio war untreu:
es schien mir sül?, einen anderen als ihn lieben
zu können. Ich willigte ein und gab mein Ja-
wort. Wie h ätte ich es auch nicht geben können!
V/ie hätte ich meinem Vater nicht gehorchen
sollen! Er befahl ja nicht, er bat.
Die Zurüstungen zu meiner Hochzeit wur-
den mit einer Schnelligkeit durchgeführt, über
die ich mich nicht zu beklagen wagte, die mich
aber erschreckte. Die Dispens von Rom traf
ein, und der Vertrag wurde unterzeichnet. Ge-
schmückt und mit Diamanten bedeckt wurde
ich zum Altar geführt.
Ich sprach das schreckliche Gelübde ohne
besondere Erregung, fast gleichgültig gegen mein
Schicksal, da ich
einer Zukunft, die
nicht glücklich sein
konnte, nur geringe
Wichtigkeit bei-
mal?. An der Hand
Heraldis, der sich
vor Freude kaum
zu fassen wul?te,
verliel?ichnach der
Messe den Chor,
gefolgt von meiner
Familie. Als ich
mich der Kirchen-
tür näherte, um das
Weihwasser zu
nehmen, und die
Augen hob, sah ich
an den Weihkessel
gelehnt, einen jun-
gen Mann. Bleich
und verstört war
sein Gesicht, seine
Kleidung und
Haare waren in
Unordnung, die
Augen glanzlos und
irrend. Dieser
Mensch näherte
sich mir, wobei er
mich fest ans ah, und
sagte mit verhal-
tener und stocken-
Fritz Glasemann
T A
nerinnen und unterstützt von meiner guten
Mutter, die mich weinend umarmte.
Der schreckliche Zustand, in dem ich mich
befand, hatte ein lang andauerndes Fieber zur
Folge. Mein Leben schwebte in höchster Ge-
fahr. Meine Mutter wich nicht von meinem
Bett, ja sogar mein Vater erwies mir während
der sechs Wochen meiner Krankheit die zärt-
lichste Fürsorge; er wachte bei mir, er nannte
mich seine Tochter und schien mir sein Herz
wieder zugewandt zu haben. Ich war so emp-
fänglich für diese Umkehr meines Vater, dal?
ich einmal, als er meine Hand ergriff und in
rührender Ängstlichkeit fragte, wie es seiner
lieben Valeria ginge, nicht mehr Herrin meiner
Bewegung bleiben konnte, meine Arme um
seinen Nacken schlang und mein Gesicht an
das seine lehnte.
Ich benetzte ihn mit
meinen Tränen und
sagte: „Ja, mein
Vater, ich bin Ihre
Valeria, ich bin Ihr
fügsames Kind, und
in Zukunft wird die
einzige Regung, der
einzige Wunsch
meines Herzens der
sein. Ihnen zu ge-
horchen.“
Dieses W ort ent-
schied über mein
Leben. Seit einiger
Zeit hatte ich wohl
bemerkt, dal? mein
Vater mich meinem
Vetter Heraldi be-
stimmt hatte.
Nichts ersehnte
mein Vater so sehr,
als sein Haus wie-
der auf blühen zu
sehenundalles V er-
mögen einemN ach-
kommen seiner
Ahnen hinterlassen
zu können. Er
sprach von dieser
Absicht zu mir,
ohne mir etwas vor*
zuschreiben, ohne etwas zu verlangen, aber er
sagte, dal? er vor Schmerz sterben würde, wenn
ich nicht Mitleid mit seiner Schwäche hätte.
Oktavio war verheiratet, Oktavio war untreu:
es schien mir sül?, einen anderen als ihn lieben
zu können. Ich willigte ein und gab mein Ja-
wort. Wie h ätte ich es auch nicht geben können!
V/ie hätte ich meinem Vater nicht gehorchen
sollen! Er befahl ja nicht, er bat.
Die Zurüstungen zu meiner Hochzeit wur-
den mit einer Schnelligkeit durchgeführt, über
die ich mich nicht zu beklagen wagte, die mich
aber erschreckte. Die Dispens von Rom traf
ein, und der Vertrag wurde unterzeichnet. Ge-
schmückt und mit Diamanten bedeckt wurde
ich zum Altar geführt.
Ich sprach das schreckliche Gelübde ohne
besondere Erregung, fast gleichgültig gegen mein
Schicksal, da ich
einer Zukunft, die
nicht glücklich sein
konnte, nur geringe
Wichtigkeit bei-
mal?. An der Hand
Heraldis, der sich
vor Freude kaum
zu fassen wul?te,
verliel?ichnach der
Messe den Chor,
gefolgt von meiner
Familie. Als ich
mich der Kirchen-
tür näherte, um das
Weihwasser zu
nehmen, und die
Augen hob, sah ich
an den Weihkessel
gelehnt, einen jun-
gen Mann. Bleich
und verstört war
sein Gesicht, seine
Kleidung und
Haare waren in
Unordnung, die
Augen glanzlos und
irrend. Dieser
Mensch näherte
sich mir, wobei er
mich fest ans ah, und
sagte mit verhal-
tener und stocken-
Fritz Glasemann
T A